Eine Frau muss wegen eines Energiemangels anhalten
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Zu wenig essen
Was ein Energiemangel mit dem Körper macht

| Text: Pia Jensen | Foto: Adobe Stock

Leicht läuft schneller. Heißt es. Wenn man sich aber permanent in einem Energiedefizit befindet, um leicht zu sein, kann das Leistungseinbußen oder sogar gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.

Egal ob Profi- oder Hobbysport – heutzutage geht es vielerorts um Selbstoptimierung, darum die maximale Leistungsgrenze zu erreichen und top durchtrainiert auszusehen. Das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen von Training und Ernährung sind allgemein bekannt. Dennoch wissen viele Sportler und Sportlerinnen sowie Trainer und Trainerinnen nicht, welche Folgen es haben kann, wenn die Ernährung dem Trainingsumfang nicht adäquat angepasst wird.

Das Credo schlanker ist gleich schneller herrscht leider in Ausdauersportkreisen weiterhin vor. Auch viele Hobbysportlerinnen und -sportler nehmen sich Top-Athletinnen und -athleten zum Vorbild. Doch das optimale Wettkampfgewicht zu erreichen und dabei die maximale Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu erhalten, ist ein Drahtseilakt, der häufig nicht ohne Folgen bleibt.

Viele Top-Athletinnen und -athleten haben Mühe, ihr vermeintliches optimales Wettkampfgewicht zu erreichen. Und zwar in dem Sinne, dass sie zu wenig wiegen und nicht zu viel. Sie erleben dabei in einem schleichenden Prozess, wie sich Körper und Psyche verändern.

Verletzungen und häufige Infekte sind Warnzeichen

Eine dauerhafte Ermüdung, erhöhte Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen im Alltag werden dem intensiven Training zugeschrieben. Doch spätestens, wenn dann Verletzungen und Infekte immer häufiger auftreten, wird klar, dass etwas nicht stimmt. Leider ist es dann häufig zu spät und eine Ermüdungsfraktur ist die Folge.

Auch viele Hobbysportlerinnen und -sportler leiden an einem Energiemangel. Sowohl wissentlich als auch unwissentlich. Manche haben vielleicht mit dem Laufen begonnen, um abzunehmen. Grundsätzlich eine gute Idee. Kritisch wird es aber, wenn das tägliche Energiedefizit zu hoch ist. Dann können langfristig Energiemangelerscheinungen auftreten.

Man kann jedoch auch unwissentlich in ein Energiedefizit geraten. Etwa dann, wenn Trainingsvolumen und Trainingsintensität ansteigen, aber die Ernährung nicht angepasst wird. Über einen längeren Zeitraum kann dies zu einem Energiemangel führen, der erhebliche Konsequenzen haben kann.

So entsteht ein Energiemangel

Wenn die Energiezufuhr den benötigten Energiebedarf langfristig nicht mehr deckt, gerät der Körper aus dem Gleichgewicht. Die häufigste Annahme ist, dass nur sehr dünne Athletinnen und Athleten oder solche mit Essstörungen unter einem Energiemangel (RED-S) leiden können. Das ist jedoch ein Irrglaube.

Ausgangspunkt eines Energiemangels ist die sogenannte Energieverfügbarkeit. Die Energieverfügbarkeit beschreibt die Energiemenge, die dem Körper nach Abzug des Trainingsumsatzes für lebensnotwendige Prozesse zur Verfügung steht. Wenn die Energieaufnahme über einen längeren Zeitraum den Gesamtenergieverbrauch nicht deckt, dann kann es zum sogenannten Relativen Energiedefizit-Syndrom (RED-S) kommen.

Der Körper schaltet in den „Energiesparmodus“

Eine langfristig zu geringe Energieverfügbarkeit kann zu einem verringerten Ruheenergieverbrauch von circa 10-20 Prozent führen, um die Funktion von lebensnotwendigen Organen und Geweben aufrechtzuerhalten und auch den Energieverbrauch bei Belastung herabzusetzen.

Dieser Mechanismus ist wohl evolutionär bedingt, um Hungerzustände zu überleben. Es ist in etwa gleichzusetzen mit dem automatischen Umschalten des Handys in den „Energiesparmodus“. Der neue adaptierte Status spart zwar Energie ein, ist aber suboptimal und geht im Kontext der Energieverfügbarkeit mit erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit einher.

Eine Frau trinkt, um einen Energiemangel vorzubeugen
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RED-S und seine Folgen für deine Gesundheit

RED-S beschreibt also einen Zustand, bei dem die Energiezufuhr den Energiebedarf nicht mehr deckt und die physiologischen und psychologischen Funktionen des Körpers infolgedessen aus dem Gleichgewicht geraten. Kurz gesagt: Es ist ein Energiemangel-Syndrom. Dieses kann die Gesundheit und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und unter anderem zu kardiovaskulären, endokrinen, reproduktiven und muskuloskelettalen Erkrankungen führen.

Die Ursache dafür liegt in einem veränderten Hormonhaushalt. Besonders bei Frauen macht sich ein Energiemangel durch Menstruationsstörungen oder das vollständige Ausbleiben der Periode bemerkbar. Bei Männern kann es zu einer verringerten Testosteronproduktion kommen.

Durch die hormonellen Veränderungen kommt es zu einer verringerten Knochenmineraldichte und infolgedessen steigt auch das Risiko für Ermüdungsfrakturen und Osteoporose stark an. Aber nicht nur physiologische Funktionen sind beeinträchtig, auch Auswirkungen auf die Psyche, wie z.B. Depressionen, konnten festgestellt werden.

Wenn der Körper Alarm schlägt

RED-S zu erkennen ist mitunter gar nicht so einfach. Denn die Symptome können vielfältig sein. Bei Frauen ist die Erkennung etwas einfacher als bei Männern. Das Ausbleiben der Periode ist ein klares Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt. Dem Körper steht nicht ausreichend Energie zur Verfügung, um alle Prozesse aufrechtzuerhalten. Deshalb spart er an Funktionen, die nicht lebensnotwendig sind, wie z.B. die Menstruation. Folgende weitere Symptome können auf RED-S hinweisen:

• Ermüdungsfrakturen
• Vorzeitige Ermüdung
• Häufige Verletzungen
• erhöhte Infektanfälligkeit
• Magen-Darm-Probleme
• Erhöhte Reizbarkeit
• Häufige muskuläre Probleme

Ärztliche Abklärung kann helfen

Sportlerinnen und Sportler, die bei sich zwei oder mehrere der Symptome feststellen, sollten ihre Energiezufuhr überdenken und sich professionelle Beratung holen. Eine ärztliche Abklärung mittels eines Blutbilds inklusive der Hormonparameter kann Aufschluss bringen.

Um RED-S zu diagnostizieren, bedarf es jedoch an Kenntnissen über das Syndrom und klinischen Parametern, die bei der Identifikation Aufschluss geben können. Leider wissen viele Trainerinnen und Trainer, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Ärztinnen und Ärzte über dieses Problem bisher nicht ausreichend Bescheid.

So kannst du einen Energiemangel zu vermeiden

Versorge dich rund um dein Training mit der richtigen Ernährung. Deine Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil deines Trainingsprozesses. Integriere drei feste Hauptmahlzeiten in deinen Tag und ergänze diese, je nach Trainingsumfang, mit weiteren Snacks vor und nach dem Training. Achte darauf, ausgewogene Mahlzeiten mit Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten zu dir zu nehmen.

Kohlenhydrate stellen eine wichtige Energiequelle für Sportlerinnen und Sportler da. Ein Verzicht auf Kohlenhydrate verschlechtert deine Leistungsfähigkeit und kann RED-S begünstigen. Lange Trainingsläufe mit einer Dauer über 90 Minuten und hoch-intensive Intervalleinheiten solltest du zudem mit Kohlenhydratgetränken, Riegeln oder Gels verpflegen.

Kochbücher für Sportlerinnen und Sportler

Pia Jensen und Jana Staggenborg lieben Sport – und gutes, gesundes Essen. Mit ihren Kochbüchern verfolgen sie eine ganz klare Philosophie: Sportlerküche soll gut schmecken, mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen und zudem schnell und einfach in den Alltag integrierbar sein. Hierfür haben sie mehrere Kochbücher mit selbstkreierten Rezepten und zahlreichen Fakten aus der Sporternährung entworfen.