Eine Frau macht eine Laufpause
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Entspannen & regenerieren
Wieso Laufpausen so wichtig sind

| Text: Tom Rottenberg | Fotos: Adobe Stock

Vielen Läuferinnen und Läufern fällt es schwer, nicht zu laufen. Es fühlt sich wie eine Strafe an. Trotzdem: Laufpausen sind wichtig, damit Kopf und Körper sich erholen können.

„Und wann machst du mal Pause?“ Kennst Du diese Frage? Etwa vom Plaudern mit nicht-laufenden Kolleginnen und Kollegen auf der Arbeit. Ihr redet übers Laufen und du erzählst, wie oft und wie viel du rennst. Was für dich normal ist, lässt andere die Stirn runzeln: „Machst du denn nie Pause?“

Hand aufs Herz: Mitunter fühlt es sich ja sogar gut an, da erstaunt „Pause? Wieso? Wozu?“, zu antworten. Und – klammheimlich – ist da sogar eine Prise Stolz dabei. Stolz, ein wenig mehr drauf zu haben, ein bisschen „tougher“ zu sein: Wo andere um Gnade winseln, fangen wir erst an. Werden warm. Beginnt der Spaß. Wollen und können wir noch viel mehr. Weil sich Laufen so gut anfühlt.

Doch Obacht: Unberechtigt ist die Frage nicht. Obwohl sie von Nicht-Sportlerinnen oder -Sportlern kommt. Wer für etwas brennt, läuft Gefahr, zu verbrennen. Bei uns: zu übertreiben, ohne es zu merken. Weil wir in unserer Euphorie oft eines vergessen: Training ist immer ein Wechsel aus Be- und Entlastung. Aus Gas geben und zur Ruhe kommen. Und zwar in der richtigen Dosierung.

Plane deine Laufpause wie einen Urlaub

Darum gehört die Laufpause zum Laufen. So wie der Tag zur Nacht. Der Trainingseffekt – also das Stärker-Schneller-Besser-Werden – stellt sich ja auch nicht während des Laufens, also mitten im Intervall, ein. Sondern kommt aus der Ruhe. Ohne Erholung bringt Training gar nichts. Genau deshalb macht auch die „Laufpause“ Sinn. Weil der Körper (aber auch der Kopf) hin und wieder „runterkommen“ muss. So wie man ja auch Urlaub braucht.

Laufpause ist wie Urlaub: Erholung pur. Eine Zeit, in der man nicht gar nichts tut, aber das „Muss“, die Strenge, der Plan ersetzt wird durch „Kann“, Lockerheit und Spiel.

Wie einen Urlaub auch, sollte man die Laufpause, die „Off-Season“, ganz bewusst planen. Also genau überlegen, wann und wie sie Sinn macht. In der Regel ist das die Zeit nach dem Saison-Hauptwettkampf oder großen Herausforderungen: Sich da Ruhe zu gönnen, die Batterien in Körper und Kopf wieder aufzuladen, liegt nahe. Entspricht dem gesunden Menschenverstand – eben, weil man nach einer Pause nicht nur mit frischeren Beinen, sondern auch motivierter zu neuen Abenteuern startet. Um das zu wissen, muss man wahrlich kein Läufer, keine Läuferin, sein.

Wer keine Pause macht, brennt aus

Nur: Manchmal stehen speziell sportlich hochaktive Menschen sich mit ihrer Euphorie und ihrem Ehrgeiz da selbst im Weg. Wir ducken uns weg, sobald das Wort „Pause“ fällt. Weil wir uns einreden, dass, wer sie braucht, schwach ist. Tatsächlich ist es andersrum: Wer keine Pause macht, wird schwach werden. Wird ausbrennen – und mit müden Bändern, Muskeln und Sehnen krampfhaft und erfolglos Leistungen nachlaufen, die ein erholter Körper locker draufhat.

Natürlich: Wer ein- oder zweimal pro Woche 40 Minuten läuft, hat meist weniger Bedarf nach einer Laufpause, als wer fünf- oder sechsmal je zwei Stunden voll auspowert. Nur ist auch „Auspowern“ immer subjektiv: Es schadet also nie, auf die Signale des Körpers zu hören.

Ein Paar läuft locker während der Laufpause
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Laufpause bedeutet nicht gar nicht laufen

„Laufpause machen“ klingt einfacher als es dann oft ist. Weil Nicht-Laufen begeisterten Läuferinnen und Läufern oft mehr als schwerfällt: Der Kopf, der Körper, die Beine schreien nach einem Longrun. Nach Intervallen. Nach Adrenalin und Endorphinen. Die Laufschuhe im Eck weinen, weil sie unterbeschäftigt sind …

Aber: Gar-Nicht-Laufen wäre auch nicht richtig. Auch nicht nötig: Es geht ums Weniger. Um Lockerheit. Ums Spielerische. Um die Balance – die gilt es zu finden. Das zeichnet gute Läuferinnen und Läufer aus: Während der Laufpause zeigt sich, ob man nur mit Kraft und Ehrgeiz oder auch mit Hirn und Herz zu laufen vermag.

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Darum gibt es auch keine einheitliche Formel, wie lange die Phase dauern sollte: Drei Wochen? Fünf? Länger? Kürzer? Das hängt natürlich davon ab, wie heftig die Zeit davor war. Ob es „Altlasten“, Verletzungen etwa, gibt, die man lange mitschleppt. Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit, lange verdrängte Wehwehchen radikal anzupacken? Auch wenn das vielleicht die Pause ein wenig länger macht als geplant: Danach wirklich erholt, gesund und befreit in die nächste Runde zu starten, ist ein Mehrwert.

Die Off-Season ist die perfekte Zeit zum Probieren: Sich etwa ausführlich mit Ernährung auseinanderzusetzen. Oder statt halbherzig ein paar Minuten für Alibi-Dehnübungen zu opfern, tatsächlich Yoga- oder Pilates-Stunden zu probieren. Oder zur Faszienrolle zu greifen, eine Spinning-Session im Fitnesscenter zu buchen. Die Boulder-Halle oder das Cross-Fit-Studio ums Eck zu testen – oder an der fröhlichen Frühmorgens-Core-Trainingsgruppe im Park nicht bloß vorbeizulaufen: Sehr wahrscheinlich, dass da man da etwas entdeckt, das danach – im „normalen“ Laufjahr – eine tolle Ergänzung sein könnte.

Nimm den Druck raus!

Außerdem ist da noch etwas: Natürlich darfst Du auch in der Laufpause laufen. Anders eben. Ohne Plan. Nach Lust und Laune. Ohne Druck und Biss. Dafür mit offenen Augen und Herzen: Statt dem schnellen Gruß im Vorbeilaufen lassen sich endlich ein paar Worte mit diesen anderen Läuferinnen oder Läufern auf der Heimstrecke wechseln.

Wenn man ohne Druck unterwegs ist, ist es auch nicht wichtig, ob man gerade ein oder zwei Pfund glücklicher ist. Gutes Essen – in Maßen – ist gut für die Seele. Außerdem ist ein bisschen Körperfett ja auch Energie. Energie, die im Winter hilft, Infekten vorzubeugen. Gefühlt zumindest.

Klar: Mehr Gewicht hat beim „richtigen“ Laufen einen Preis. Auch die Pause an sich. Dass Tempohärte, Ausdauer und Power schon nach ein paar Tagen ohne systematisches, zielgerichtetes Training nachlassen, stimmt. Aber alles, was man in der Pause vermeintlich „verliert“, kommt dann wieder. Sehr rasch und fast mühelos: Die Batterien, die Speicher, sind jetzt ja voll, die „Maschine“ ausgeruht, bereit und top motiviert.

Und dann? Beim Wieder-Einstieg nicht übertreiben!

Freilich birgt genau das auch Risken: „Von Null auf 100“ nach der Pause wieder einzusteigen, ist keine gute Strategie. So wie das normale Aufwärmen braucht auch das Wieder-in-Schwung-kommen ein wenig Zeit und Geduld. Das lässt sich aber schlau über den Trainingsplan regeln: Stabitraining, Lauftechnik und Kräftigungsübungen werden meist ohnehin vernachlässigt und können jetzt gezielt eingebaut werden. Und wie oft, wie genau schauen wir im normalen Trainingsalltag darauf, in welchem Pulsbereich wir laufen? Jetzt bestimmt.

Darum gilt: Langsam und kontrolliert, aber kontinuierlich und konsequent aufbauend wieder einsteigen. Versuche so zu laufen, wie du auch nach dem Urlaub wieder in den Alltag einsteigen willst: Ohne Verbissenheit und Druck, die dich erst „urlaubsreif“ gemacht haben. Die Laufpause funktioniert genauso. Und deshalb solltest du dir die Frage der Nicht-Läuferinnen und -Läufer auch selbst stellen: „Und wann machst Du mal Pause?“