© Michael Geißler

Urlaub in Österreich
Ein guter Trailschuh im Gepäck und los geht das Abenteuer in den Bergen

| Von Jan Fitschen | Fotos: Jan Fitschen, Michael Geissler

Wir haben Jan Fitschen in den Urlaub geschickt. Der Ex-Europameister liebt die Berge. Was er in den schönsten Regionen Österreichs erlebt hat, schildert er hier.

Nachdem ich bereits zweimal im Winter die tollen Skilanglaufregionen Seefeld, Achensee, Saalfelden-Leogang und Schladming am Dachstein besucht habe, ging es diesmal im Sommer auf Entdeckungstour. Und wow, was sind diese Regionen vielseitig, wenn man Ausdauersport und Erholung verbinden möchte.

Die Anreise ist mit dem Auto, in vielen Fällen aber sogar noch entspannter mit dem Zug möglich. Für mich war der Start in Leutasch. Der Ort gehört zur Region Seefeld und während meines Aufenthaltes startete dort zudem eine Strecke des Zugspitz Ultratrails.

Region Seefeld: Mit Gemsen und Schneehühnern auf Tour

Erste Aktion: Wandern. Einundzwanzig Kilometer mit 1.500 Höhenmetern. Eine schöne Herausforderung, aber durchaus machbar. In allen von mir besuchten Orten gibt es perfekt ausgebaute Wanderwege mit allen Schwierigkeitsgraden. Diese Tour gehörte eher zu den anspruchsvollen, auch wenn man nicht klettern musste. Als Belohnung kurz vor dem Gipfel: Die ersten Gemsen und zwei Schneehühner. Belohnung am nächsten, übernächsten und überübernächsten Tag: Muskelkater im Oberschenkel. Für alle, die das noch nicht kennen: bergab kann dir, egal ob laufen oder wandern, ganz schön lange in Erinnerung bleiben.

Gut zu wissen: Mit Trailrunnig-Rucksack und -Schuhen bist du auch für die meisten Wanderungen prima ausgerüstet.

Wunderschön zum Spazierengehen oder Laufen (wenn man früh genug aufsteht) ist die Leutascher Geisterklamm. Außerdem startet in der Region Seefeld der legendäre Karwendelmarsch. 52 Kilometer mit 2.281 Höhenmetern. Wer wandert, kann auch die mit 35 km „kurze“ Strecke bis zur „Eng“ wählen. Die ersten 18 Kilometer der Strecke habe ich mir per E-Bike angesehen. Das kam mir zwar vor wie mogeln, doch so kann ich zumindest berichten, dass dieser Teil sehr gut und technisch einfach zu laufen ist. Die anspruchsvollen Wege kommen erst nach dem Karwendelhaus.    

Der Karwendelmarsch führt bis an den Achensee, die nächste Station meiner Reise. Berg und See, eine großartige Kombination. Die letzten Kilometer der Wettkampfstrecke habe ich mir wieder angeschaut. Diesmal laufend. Schön leicht bergab. Teerstraße. Perfekt, wenn man nach 48 Kilometer vielleicht nicht mehr ganz so locker ist. Was allerdings zwischen diesen ersten und letzten von mir getesteten Abschnitten auf euch wartet, dass müsst ihr selbst herausfinden.

Region Achensee: Nach dem Lauf ein Bad im See

Um den ganzen See herum führt die Strecke des Achenseelaufs im September. Die komplette Runde ist 23 Kilometer lang, kann aber auch als Staffel angegangen werden. Der Hinweg ist flach und verläuft auf dem Radweg. Der Rückweg jedoch geht über einen fantastischen Trail, der sich direkt am See entlangschlängelt. Ein paar Höhenmeter, aber keine ganz langen Anstiege. Wurzel und Steine aber kein Geröll. Einfach genial.

Ich habe mir das erste Stück gespart, bin mit dem Boot über den See gefahren und dann nur den schönen Trail zurückgelaufen. Ausblicke vom Feinsten uns selbst im Juni und am Wochenende bei strahlendem Sonnenschein nicht übermäßig voll. Eine der schönsten Touren, die ich je gelaufen bin. Das Highlight: direkt nach dem Lauf Schwimmen im See!

Der komplette Achensee ist frei zugänglich. Überall. Selbst der Eintritt zu den kleinen Freibädern ist gratis. Einfach cool, wenn sich die Anwohner da einig sind.

Am nächsten Morgen dann: „Fitschen in Gefahr.“ Zumindest dachte ich das, als ich mir die Skiroller unterschnallte. Diese seltsamen kurzen Bretter, mit denen die Langläufer im Sommer ihre Technik trainieren. Diese Dinger ohne Bremsen…

Meine Ausrüstung bekam ich von Trainer Peter geliehen, der mir dann auf einem Radweg die Grundlagen erklärt hat. Diese unterscheiden sich tatsächlich nicht extrem vom Langlauf auf Schnee. Und auch das Bremsen hat, zumindest bei geringem Tempo, sehr gut geklappt. Muss ich das häufiger haben? Ich weiß nicht. War lustig es zu probieren, aber im Sommer bleibe ich definitiv beim Trailrunnig und Hiking und dann geht’s im Winter auf die Loipe.

Region Saalfelden-Leogang: Ein Eldorado für Biker

Nächste Station: Saalfelden-Leogang. Hier wohnt der Österreichische Marathon-Rekordler Peter Herzog (2:10:06 Stunden). Und mit wem habe ich dort den nächsten Podcast aufgenommen und bin dann eine Runde gelaufen? Na klar, mit genau dem. Trailrun auf den Berg, runter mit der Sommerrodelbahn und dann noch 10 Kilometer bei 33 Grad im Schatten nachhause. Gut, dass Peter bei dem Tempo auf mich und unsere Begleitung Lisa Rücksicht genommen hat. Mehr dazu könnt ihr euch im „Laufen ist einfach“-Podcast Folge #147 anhören.

Den riesigen Wellnessbereich des Hotels inklusive Infinity Pool auf dem Dach mit Blick auf die Mountainbike-Strecken habe ich nur kurz genutzt. Leogang ist mit seinem jährlichen Weltcup und den vielen Routen ein Eldorado für Mountainbiker. Aber diesmal nicht für mich. Denn ich war müde

Und am nächsten Morgen dann um 4:15 Uhr aufstehen. Sonnenaufgangswanderung. Zur Almhütte. Was für eine Stimmung, wenn die Sonne langsam über den Bergen auftaucht und direkt in Sichtweite die Gemsen spielen. Ohne das Großartige Frühstück auf der Hütte hätte ich trotzdem definitiv eine Schwächephase durchlitten. So habe ich mir das aufgespart und um 10:30 Uhr meinen Mittagsschlaf gemacht.

Der Mittagsschlaf ist das Beste am Tag. Gibt mir einfach Power. 20 bis 30 Minuten. Egal ob um 11 oder um 15 Uhr. Danach geht es mir besser. Das hat mir schon zu Leistungssportzeiten die hohen Trainingsintensitäten und -Umfänge ermöglicht. Und auch jetzt war ich dadurch bereit für den Endspurt auf der letzten Etappe: Schladming am Dachstein.

Schladming am Dachstein: Trailwalking mit surreal schöner Aussicht

Einchecken, auspacken und ab auf den Berg. Per Gondel. Mit dem Go Kart wieder runter. Genau dieselbe Abfahrt, die wir im Winter mit Schlitten gemacht hatten. Einfach wieder Kind sein. Obwohl: Gefahren sind da nur Erwachsene, die Tour geht echt ab.

Zweiter Tag dann laufen. Auf die Trails. Na klar. Schon früh hat die Region auf den Trailrunnig-Boom reagiert und diverse Wege ausgeschildert. Mit Schwierigkeitsgrad, Länge, gpx-Track zum Download auf die Uhr und allem, was man sich wünschen kann. Was darfs sein? Für mich die Königsetappe. Schwer, 21 Kilometer, 1.300 Höhenmeter. Mein letzter richtiger Tag. Auf geht’s!

Erst 4 Kilometer locker. Voll entspannt. Hätte ich mir mal vorher das Streckenprofil angesehen. Denn plötzlich geht es los. Durch die märchenhafte Silberkarklamm rauf auf den Grad. Die 1.300 Meter sind in etwa drei Kilometer zu bewältigen. Statt Trailrunning also nur noch Trailwalking für mich. Schnell ist anders. Bin kein Bergläufer. Zumindest kein guter. Dafür aber einer mit umso mehr Begeisterung.

Oben stehe ich in den Wolken. Schöne Aussicht? Fehlanzeige. Dafür aber eine fast surreale Schönheit der Landschaft. Diesmal steht eine Gemse nur 10 Meter vor mir und lässt sich überhaupt nicht stören. Der ist eh zu lahm für mich denkt sie wohl. Ich überquere kleine Schneefelder, treffe niemanden und mache mich schließlich an den Abstieg. Sensationell - das nenne ich Leben.

Zum späten Mittagessen genieße ich ein Gericht aus der Almkulinarik, Spezialitäten, die in Zusammenarbeit mit einem Sternekoch entworfen wurden und in der Region serviert werden. Nach so einer Tour schmeckt natürlich alles, aber das hier ganz besonders gut.

Die Beine fühlen sich erstaunlich gut an. Ich merke, dass ich schon zehn Tage in Österreich unterwegs bin und sich die Muskeln an das ständige Bergauf und Bergab gewöhnen. Dennoch wartet ein weiteres Abenteuer auf mich…

Downhill auf dem MTB. Nichts für Angsthasen! Oder doch…?

Mountainbikefahren. Bisher gar nichts für mich. Ich bin ein Angsthase. Immer dann, wenn es wirklich schnell wird. Bergab ganz besonders. Gerne bergauf ballern. Bis zur Erschöpfung. Aber runter? Nahe am Kontrollverlust? Ich weiß nicht. Doch einen Versuch ist es wert. Ich leihe mir ein Rad und alle Protektoren, die es gibt. Trainer Josef übt zunächst auf dem Parkplatz der Skiabfahrt Planai mit mir.

Und dann geht es los. Warum soll ich mich so dick anziehen? Wir fahren doch jetzt hoch, da wird mir warm. Aber nein, auf die Idee mit der Gondel auf den Berg zu fahren, um dann runterzuradeln, bin ich überhaupt nicht gekommen. Doch genauso wird’s gemacht. Erst ein paar grüne Testrunden, dann ab auf die blaue Piste. Beim Biken gibt es genau wie beim Skifahren blau, rot und schwarz. Grün teilweise ebenfalls. Und tatsächlich: es macht mega bock. Vielleicht ist es nicht unbedingt der beste Trainingsreiz. Gut für die Koordination, wenig hilfreich für die Ausdauer. Eben wie Ski-Alpin weniger bringt als Langlauf. Aber ich komme mir verdammt cool vor und habe richtig Spaß. Ein super Abschluss.

Für alle die gerne aktiv sind, kann ich die von mir bereisten Regionen extrem empfehlen. Im Sommer wie im Winter. Auch gerne mit Kindern, denn es sind überall Spielplätze und besondere, kurze Abenteuerwanderungen zu finden. Unbedingt sollte man sich nach den Gästekarten erkundigen, die oft für kostenlose Bergfahrten, geführte Wanderungen, den Nahverkehr und vieles mehr genutzt werden können. Daher: Trailschuhe einpacken und los geht’s.