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Leichtathletik-WM in Budapest
Favoritin Kipyegon setzt sich durch, Ingebrigtsen wieder geschlagen

| Text: Jörg Wenig | Fotos: Imago Images

Titelverteidigerin Faith Kipyegon hat bei der Leichtathletik-WM ihren 1500-Meter-Titel erfolgreich verteidigt. Top-Favorit Jakob Ingebrigtsen musste hingegen erneut eine Niederlage einstecken.

Faith Kipyegon dominierte das 1500-Meter-Finale praktisch vom Start weg. Es gab nur wenige kurze Sequenzen im ersten Teil des Rennens, in denen die Kenianerin nicht an der Spitze lief. Drei Weltrekorde war sie in dieser Saison bereits gelaufen – über 1500 Meter, die Meile und 5000 Meter –, und diese Form zeigte sie auch im 1500-Meter-Finale.

In der zweiten Hälfte des Rennens steigerte sie das Tempo, und in der entscheidenden Phase konnte Faith Kipyegon noch einmal zulegen, so dass sie deutlich in 3:54,87 Minuten vor der Äthiopierin Diribe Welteji (3:55,69 min) und der Niederländerin Sifan Hassan (3:56,00 min) gewann.

Keine Deutschen am Start

Während Faith Kipyegon als erste Frau zum dritten Mal das 1500-Meter-WM-Gold gewann (2017, 2022, 2023), reichte es für die viertplatzierte Ciara Mageean trotz eines irischen Landesrekordes von 3:56,61 Minuten nicht für eine Medaille. Die Kenianerin Nelly Chepchirchir folgte mit einer persönlichen Bestzeit von 3:57,90 Minuten auf Rang fünf vor der Olympia-Zweiten Laura Muir (Großbritannien/3:58,58 min).

Deutsche Läuferinnen waren über 1500 Meter in Budapest nicht am Start. Während Hanna Klein (LG Stadtwerke Tübingen) verletzungsbedingt passen musste, fiel kurzfristig auch Katharina Trost (LG Stadtwerke München) krankheitsbedingt aus.

Faith Kipyegon peilt weiteren Sieg an

„Das ist eine großartige Saison für mich: Ich habe Weltrekorde gebrochen und jetzt meinen WM-Titel verteidigt. Ich habe mir gesagt: Du bist die stärkste, laufe einfach immer weiter“, sagte Faith Kipyegon, die nun versuchen wird, auch die 5000 Meter (Finale am Samstag 20:50 Uhr) in Budapest zu gewinnen.

„Ich habe erst vor wenigen Wochen das Marathon-Training unterbrochen und habe dann Schwierigkeiten gehabt, meine Schnelligkeit zurückzubekommen. Ich weiß selbst nicht so genau, warum ich hier die 1500 Meter laufen wollte. Aber ich freue mich sehr über die Medaille“, sagte Sifan Hassan, die Anfang Oktober beim Chicago-Marathon starten wird. Nachdem sie im 10.000-Meter-Finale am Sonnabend gestürzt war und eine Medaille verpasst hatte, wird sie auch noch über 5000 Meter antreten.

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„Britischer Alptraum“ für Jakob Ingebrigtsen

Bei den Männern lief Josh Kerr über die gleiche Distanz zu einem sensationellen Sieg. Für den Topfavoriten Jakob Ingebrigtsen gab es damit den nächsten Briten-Schock, nachdem er vor einem Jahr bereits im WM-Finale von Eugene über diese Distanz von Jake Wightman völlig überraschend geschlagen wurde.

Während Wightman verletzungsbedingt auf die Titelverteidigung verzichtete, sprang nun Kerr in die Bresche. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris, wo Jakob Ingebrigtsen der Titelverteidiger sein wird, werden die Briten zum Alptraum für den Norweger, dem der Schock nach der Niederlage anzusehen war.

Josh Kerr auf den letzten Metern der Stärkste

Der 25-jährige Schotte Josh Kerr lag nach der Hälfte des Rennens auf Rang sechs, schob sich aber bald danach auf Platz zwei hinter Jakob Ingebrigtsen nach vorne. Der Norweger hatte ab der 500-Meter-Marke bis 200 Meter vor dem Ziel praktisch durchweg geführt, doch dann kam Josh Kerr.

In der Kurve außen laufend, schob er sich neben Jakob Ingebrigtsen und beide kamen nebeneinander auf die Zielgerade. Es war dann Josh Kerr, der auf den letzten 50 Metern das bessere Spurtvermögen hatte und in 3:29,38 Minuten vor Jakob Ingebrigtsen gewann. Der Europarekordler und Olympiasieger wurde gerade noch so Zweiter in 3:29,65 Minuten vor seinem überraschend starken Landsmann Narve Nordas (3:29,68 min). Als Vierter folgte der Kenianer Abel Kipsang in 3:29,89 Minuten, Fünfter wurde Yared Nuguse (USA/3:30,25 min).

Amos Bartelsmeyer im Vorlauf ausgeschieden

Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) war der einzige deutsche 1500-Meter-Läufer, der bei der WM startete. Allerdings verpasste er als Siebter seines Vorlaufes in 3:35,44 Minuten am Ende recht deutlich den Sprung in das Halbfinale. Amos Bartelsmeyer hätte dafür knapp eine Sekunde schneller sein müssen.

„Ich habe lange Zeit darauf hingearbeitet – das ist ein überwältigendes Erlebnis“, sagte Josh Kerr. „Es fühlte sich nicht an wie mein bestes Rennen. Aber ich habe in die letzten 200 Meter alles hineingeworfen, was ich 16 Jahre lang in diesem Sport gemacht habe, und habe bis zum Ende nicht aufgegeben“, sagte der Schotte, der zwar 2021 überraschend die olympische Bronzemedaille über 1500 Meter gewonnen hatte, aber trotzdem nicht zu den ganz großen Favoriten gezählt hatte.

Es gab eigentlich nur einen, nachdem der kenianische Weltmeister von 2019 und Olympia-Zweite Timothy Cheruiyot überraschend im Halbfinale ausgeschieden war: Jakob Ingebrigtsen. Doch ausgerechnet im wichtigsten Rennen musste der Norweger seine erste Niederlage im gesamten Jahr hinnehmen.

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Girma kann El Bakkali nicht abschütteln

Im Finale über 3000 Meter Hindernis hatte sich der äthiopische Weltrekordler Lamecha Girma (7:52,11 min) bald nach der Hälfte der Distanz an die Spitze gesetzt. Nach und nach fiel ein Läufer nach dem anderen aus der Spitzengruppe zurück, doch einen wurde Lamecha Girma nicht los: Der marokkanische Titelverteidiger und Olympiasieger Soufiane El Bakkali war es dann, der am letzten Wassergraben an dem Äthiopier vorbeilief und sich in 8:03,53 Minuten eine weitere große Goldmedaille sicherte.

Lamecha Girma musste mit einer Zeit von 8:05,44 Minuten zum dritten Mal in Folge bei einer WM mit Silber vorlieb nehmen. Und die Äthiopier müssen weiterhin auf einen ersten Hindernis-WM-Triumph warten. Dritter wurde der Kenianer Abraham Kibiwott (8:11,98 min) vor seinem Landsmann Leonard Bett (8:12,26 min).

Karl Bebendorf mit guter Zeit, aber nicht im Finale

„Nach dem Sieg bei der WM in Eugene vor einem Jahr bin ich jetzt sehr stolz über eine weitere Goldmedaille. Dieser Sieg ist auch eine weitere Motivation für die Olympischen Spiele in Paris im nächsten Jahr“, sagte Soufiane El Bakkali.

Der einzige deutsche Läufer über 3000 Meter Hindernis, Karl Bebendorf (Dresdner SC), hatte sich in seinem Vorlauf als Achter in 8:22,33 Minuten recht gut geschlagen. Allerdings erreichten nur die ersten fünf Läufer das Finale. Karl Bebendorf hatte sich in dieser Saison vor der WM auf 8:19,59 Minuten verbessert.