Lauf-Ikone im Interview
Florian Neuschwander hat große Pläne für das kommende Jahr

| Interview: Christian Ermert

Auf Instagram er als runwiththeflow supererfolgreich. Aber Florian Neuschwander hat auch sportlich große Ziele: Er will schnellster deutscher Senior aller Zeiten werden und träumt vom UTMB.

Florian Neuschwander ist eine deutsche Lauf-Ikone. Als runwiththeflow hat er auf Instagram 128000 Follower. Wie es dazu kam, warum er jetzt eine eigene Kollektion aus funktioneller Laufbekleidung an den Start bringt und welche Bedeutung GPS-Laufuhren für ihn haben, seit Garmin vor 20 Jahren die ersten auf den Markt brachte, verrät der 42-Jährige jetzt im Interview mit laufen.de.

Florian, so kurz vor Jahresende ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie war dein 2023?
Florian Neuschwander: Es ist zunächst mal sehr gut gestartet. Ich bin früh im Jahr 30:27 Minuten über zehn Kilometer gelaufen. Schneller war ich noch nicht oft. Danach hatte ich Bock, den deutschen Masters-Rekord für über 40-Jährige anzugreifen. Die 29:46 Minuten waren mein Geheimziel. Und dann wollte ich mich auf den Trails für den UTMB in Chamonix qualifizieren. Doch dann zwickte es im unteren Rücken, die Beschwerden wurden immer stärker und stellten sich schließlich als Ermüdungsbruch im Kreuzbein heraus. Ich musste zwölf Wochen Laufpause machen, habe mich auf dem Rennrad fit gehalten und bin dann auch mein erstes großes Radrennen, den Ötztaler Radmarathon in 8h 48 min. gefahren. Erst im Oktober bin ich dann in Nizza beim UTMB Cote d’Azur zum ersten Mal wieder einen langen Trail gelaufen. Unter die ersten drei zu kommen, war zwar nicht drin, aber ich habe schon mal Qualifikationspunkte für den UTMB 2024 in Chamonix gesammelt.

Der 2024 wieder dein großes Ziel sein wird …
Florian Neuschwander: … ja klar, die 170 Kilometer reizen mich sehr. Sie sollen gut laufbar sein, nicht so technisch anspruchsvoll wie andere, große Trailrennen. Das kommt mir entgegen. Obwohl – und das ist echt verrückt bei mir – ich kann mich immer so schwer entscheiden, was ich eigentlich will. Grade habe ich richtig Bock auf kürzere Rennen. Wenn ich im Training mal wieder fünfmal 1000 Meter in 2:55 Minuten geballert habe, werde ich heiß auf einen Zehner. Ich fände es ja geil, der schnellste Senior ever zu sein. Und dann ist ja da auch noch der Wings for Life World Run im Mai, bei dem ich wieder so weit wie möglich laufen will, bis das Catcher Car mich einholt.

Ich bin Profiläufer. Das mit Insta war Zufall.

Siehst du dich eigentlich selbst als Profiläufer? Oder eher als jenen Entertainer und Influencer, als der du vor allem via Instagram von vielen wahrgenommen wirst?
Florian Neuschwander: Ich bin Profiläufer, auch wenn ich nicht mehr ganz so schnell bin wie die meisten anderen, die mit Laufen ihr Geld verdienen. Das mit Instagram ist eher zufällig entstanden. Bis heute ist da nix geplant. Was ich da mache, fällt mir meistens beim Laufen ein. Dann mache ich schnell ein paar Aufnahmen und bastele später was drumherum.

Und genau das gefällt deinen Followern.
Florian Neuschwander: Klar, wenn da einer rausgeht, einen Zehner in 31 Minuten ballert und das auch noch mit der GoPro filmt, finden die das natürlich geil.

Eigene Laufkollektion mit seiner Frau entwickelt

Wie man hört, bist du neuerdings aber auch als Unternehmer aktiv …
… ja. Ich habe schon seit 2016 eine eigene Kollektion mit Merchandising-Artikeln. Die T-Shirts mit dem Logo meines Blogs sind sehr gefragt, seit ich 2016 erstmals den deutschen Wings for Life World Run gewonnen hatte. Dieses Jahr habe ich aber zusammen mit meiner Frau Constanze eine ganz neue Linie Funktionskleidung für Läuferinnen und Läufer entwickelt. Wir haben zusammen mit einer Designerin alles entworfen und entwickelt. Produziert werden die Sachen in Portugal; hauptsächlich aus Recyclingstoffen, die in Portugal, Italien und Spanien hergestellt werden. Jetzt startet der Verkauf. Ich habe in unser Haus ein Lager eingebaut, von dort versenden wir jetzt erst einmal alles selbst.

Trainierst du eigentlich nach Plan?
Florian Neuschwander: Nicht wirklich. Klar, ich habe schon im Kopf, was ich machen muss, um meine Ziele zu erreichen. Aber oft laufe ich auch einfach, wie ich grade Bock habe. Bis Silvester will ich schneller werden. Die Laktattests, die ich regelmäßig mache, waren gut. Ich mache zweimal pro Woche kürzere, schnellere Sachen, um meine maximale Sauerstoffaufnahme zu verbessern. Mehr als 50 bis 100 Kilometer laufe ich in dieser Phase nicht. Fürs Frühjahr plane ich allerdings ein UTMB-Qualifikationsrennen in Italien, darauf werde ich mich nach einem strukturierten Plan vorbereiten. Vielleicht sogar noch mal mit einem Coach, aber die haben’s ja meistens schwer mit mir. Ich habe halt immer meinen eigenen Kopf.

Du wohnst in den bayerischen Alpen. Läufst du eher in den Bergen oder eher flach?
Florian Neuschwander: Im Moment flach, bei dem vielen Schnee ist Laufen in den Bergen ja nur auf Skiern möglich. Sobald die Bedingungen es zulassen, will ich viele Skitouren gehen. Dabei geht es mir aber vor allem ums Hochlaufen und darum, Höhenmeter zu sammeln. Runter fahre ich lieber auf der Piste als im Tiefschnee.

Die Laufuhr ist immer am Handgelenk

Welche technischen Gadgets nutzt du, um dein Training zu steuern?
Florian Neuschwander: Ich habe meine Laufuhr immer am Handgelenk, tracke auch meinen Schlaf. Ich folge oft den Trainingsvorschlägen meiner Garmin. Ein ganz wichtiger Wert ist für mich die Herzfrequenzvariabilität. Je regelmäßiger die Herzschläge aufeinander folgen, desto mehr muss ich aufpassen, dass ich im Training nicht in den roten Bereich komme. Denn sonst drohen Überlastung und damit verbundene Leistungseinbußen. Ich lade auch alle meine Läufe auf Garmin Connect und Strava hoch. Die Leute verfolgen gern, wie ich trainiere. Beim Laufen ist es mir wichtig, die Pulsbereiche zu treffen, die ich mir vornehme, um meine Leistung zu verbessern. Dafür brauche ich meine Laufuhr.

Auf welches Modell vertraust du dabei?
Florian Neuschwander: Aktuell auf den Forerunner 965. Und schon seit 20 Jahren auf Garmin. Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 2003, als Garmin die erste Uhr mit GPS an den Start brachte. Damals habe ich in einem Laufladen als Verkäufer gejobbt. Und wir hatten den Forerunner 201 im Angebot. Das war ein ordentlicher Schinken. Wie ein kleines Navi am Handgelenk. Damals musste man auch vor dem Laufen noch richtig lange warten, bis man GPS-Empfang hatte. Mit den aktuellen Modellen wie dem Forerunner 965 sind natürlich ganz andere Dinge möglich. Neben den Trainingsfunktionen nutze ich oft die Möglichkeiten, die man hat, um sich Routen erstellen zu lassen und danach zu laufen. So erlebt man immer wieder was Neues. Vergangenen Sommer bin ich mal eine 70 Kilometer lange, mir vorher unbekannte Route in der Nacht gelaufen. Es war stockdunkel, aber ich war pünktlich zum Frühstück zu Hause. Dank der Uhr, die mir eine echt gut laufbare Route erstellt hat und die ich dann nach der Anzeige auf dem Display ablaufen konnte.