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50. Traillauf Sierre-Zinal
Laukli triumphiert beim Trailklassiker - Ombogo überrascht und Pfeiffer schlägt sich achtbar

| Text: Redaktion laufen.de | Bilder: @GoldenTrailSeries

Philemon Ombogo und Sophia Laukli dominieren das Jubiläumsrennen. Der Deutsche Marathonmeister Hendrik Pfeiffer überrascht mit seinem Start und wird am Ende 41. im Elitefeld.

Der Name lässt gestandene Weltklasse-Athleten demütig werden: Sierre-Zinal. Dahinter verbergen sich zwei Ortsnamen im Schweizer Kanton Wallis. Sierre ist der Startort, Zinal heißt der Zielort - inmitten majestätisch aufragender Gipfel, von denen viele über 4000 Meter hoch sind.

Das allein macht dieses Rennen aber noch nicht legendär. Es ist eher die Historie des Events, das am Samstag zum 50. Mal stattgefunden hat. Als die Läuferinnen und Läufer vor fünf Jahrzehnten zum ersten Mal die 31 Kilometer lange Strecke absolvierten, gab es den Begriff Trailrunning noch nicht. Es waren Bergläufer, denen das Laufen im flachen Gelände zu langweilig war.

Das Rennen hat seinen Mythos immer gepflegt, gilt heute als ältestes dieser Art in Europa. Und Weltstars wie der Spanier Kilian Jornet ließen sich Sierre-Zinal in den vergangenen Jahren nur ungern entgehen. Zum Vergleich: Den nicht minder berühmten UTMB (Ultra Trail du Mont-Blanc) gibt es erst seit 20 Jahren. Kein Wunder, dass man Sierre-Zinal auch als den „New York Marathon des Trailrunnings“ bezeichnet. Hier muss man einmal gewonnen haben, um selbst eine Legende zu werden.

In diesem Jahr war das Rennen zugleich die vierte Station der Salomon Golden Trail World Series. Und den Siegern winken hohe Preisgelder, weshalb das Rennen die versammelte Weltelite angelockt hat. Zumindest die Läuferinnen und Läufer, die sich im Trailrunning auf Distanzen zwischen 30 und 50 Kilometer spezialisiert haben. Sierre-Zinal gilt als schnelle Strecke, die nicht ganz so technisch anspruchsvoll wie andere Rennen in den Alpen ist. Weshalb der Lauf auch viele schnelle ostafrikanische Läufer anzieht.

Philemon Ombogo bergab unaufhaltsam

Zwischenzeitlich hatte Philemon Kiriago Ombogo (Kenia) die schnellsten Läufer aus den Augen verloren. Umso mehr legte er sich im zweiten Teil des Rennens ins Zeug. Und die Anstrengung zahlte sich für den Kenianer aus: Etwa bei Kilometer 18 überholte er seinen Teamkollegen Patrick Kipngeno (Kenia) und war am Ende über seinen Sieg selbst überrascht.

Beide sind strategisch an die Strecke herangegangen. Patrick Kipngeno wusste, dass er besser im Anstieg ist und Ombogo besser im Abstieg: „Bei so einem Sieger bin ich kein bisschen traurig über meinen zweiten Platz“, sagte Kipngeno.

Kevin Kibet, ein junger Kenia-Läufer, der aber für die Schweiz startet, schaffte es auf den dritten Rang: „Das ist das erste internationale Rennen, an dem ich teilnehme, und ich bin megastolz auf mein Ergebnis. Patrick ist mein Coach, Philemon mein bester Freund, ich habe also allen Grund zur Freude. Ich werde weiter trainieren, um nächstes Jahr noch stärker zu sein.“

US-Läuferin Sophia Laukli erneut ganz vorne

Es war ein perfektes Rennen, das Sophia Laukli (USA) abgegeben hat: Zuerst blieb sie etwas im Hintergrund, arbeitete sich dann beim ersten Anstieg auf den dritten Platz vor und gab anschließend Gas, um die zwei Konkurrentinnen vor sich zu überholen und sich letztlich die Goldmedaille beim diesjährigen Sierre-Zinal zu schnappen. Es ist bereits der zweite Sieg der Amerikanerin bei der Golden Trail World Series 2023.

Joyce Muthoni Njeru (Kenia) wurde Zweite. Philaries Jeruto Kisang (Kenia) machte das Siegertreppchen komplett. Daniela Oemus, die Zegama Überraschungssiegerin beim Auftakt der Serie in Spanien, kam auf Rang 23 ins Ziel. Oemus, die Sechste der Trailrunninng-WM in Innsbruck, gehört zu den Trailläuferinnen, die besonders stark im Downhill sind. Ihr kam die sehr schnelle Strecke in der Schweiz mit vergleichsweise wenig Downhill-Passagen nicht so entgegen.

Mitten im Trail-Spektakel: Pfeiffer auf den Fersen der Weltelite

Auch aus deutscher Sicht lohnte sich der Blick in die Schweizer Berge am Wochenende ganz besonders. Denn ein deutscher Top-Läufer war ebenfalls bei diesem legendären Rennen dabei: Hendrik Pfeiffer (TK Hannover) – der Deutsche Meister im Marathon 2023 und Olympiastarter von Tokio. Pfeiffer hat erst vor wenigen Wochen den BMW Berlin-Marathon am 24. September als großes Saisonziel ausgegeben, nachdem er dieses Jahr beim Boston-Marathon schon ein starkes Rennen gelaufen war. Sein oberstes Ziel: die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. „Berlin bleibt natürlich das wichtigste Rennen für mich dieses Jahr“, sagt er.

Seine 16-Wochen-Vorbereitung auf den Marathon lässt aber diesen Trail-Wettkampf zu. „Ich starte nach Sierre-Zinal in die zweite Hälfte der Marathon-Vorbereitung.“ Für den 30-Jährigen erfüllte sich mit dem Start in der Schweiz aber auch ein Traum. „Ich wollte mich schon seit langem mit den besten Trailläufern messen, das hat mich gereizt.“ Und Pfeiffer, der Trail-Rookie, schlug sich im Kreis der Weltelite wirklich achtbar. Auf Rang 41 des Elitefeldes hatte er rund 24 Minuten Rückstand auf den Sieger. Aber in seinem Umfeld war auch ein Teil der Trailrunning-Elite unterwegs. So war der Marokkaner Elazzaoui Elhousine, aktuell immerhin Dritter der Gesamtwertung der Golden Trail Series, nur drei Plätze und zehn Sekunden vor Pfeiffer im Ziel.

(c) imago / Hanno Bode

„Es war ein unglaubliches Erlebnis und hat richtig Spaß gemacht. Trailrunning ist etwas weiter weg vom Straßenlauf als ich anfangs gedacht hatte. Wenn du vorne mit dabei sein willst, musst du Kopf und Kragen riskieren. Das habe ich mir bei einigen Bergabschnitten nicht zugetraut. Die letzten drei Kilometer bergab waren der absolute Wahnsinn: Ein freier Fall auf Sandboden, ich hatte gar keinen Grip. Da habe ich mich fast blamiert, als mich die anderen so schnell überrollt haben. Insgesamt bin ich aber sehr zufrieden und froh, dieses Experiment – bewusst ganz ohne Trail-Training – gemacht zu haben. Jetzt konzentriere ich mich auf jeden Fall erstmal wieder voll und ganz auf die Straße. Trailrunning könnte ich mir aber schon sehr gut für die Zeit nach meiner aktiven Karriere im Straßenlauf vorstellen.“

Hendrik Pfeiffer

Von den deutschen Trailspezialisten, die auch bei der Trail-WM in Innsbruck am Start waren, lag am Ende nur Julius Ott (TSG Weinheim) vor Pfeiffer. Ott kam 35 Sekunden vor Pfeiffer als 37. in der Elitewertung ins Ziel. Marc Dürr (TV Hindelang), der in der Golden Trail World Series bisher sehr überzeugt hatte, liegen auch die technischen Trails mehr als die schnellen Strecken. Er wurde schließlich 62.