#gemeinsammehrbewegen-Preis 2023
Preiswürdig (Teil 2): Beim Verein Downlaufen läuft Inklusion immer mit

| von Joël Kruse

Wir stellen Aktionen vor, die zeigen, wie Laufen das Leben verbessert. Dann entscheidest du mit, wer den „#gemeinsammehrbewegen-Preis“ 2023 erhält. Ein Kandidat: Der Verein Downlaufen aus Hamburg.

Wer Berührungsängste und Barrieren abbaut, ist immer auch offen für neue Verbindungen. Wer Brücken baut, will genau das. Verbindung und Gemeinsamkeit schaffen, um mehr zu bewegen. Genau darum geht es dem Verein Downlaufen e.V. aus Hamburg, der sich für den „#gemeinsammehrbewegen-Preis“ 2023 bewirbt.

„Wollen wir befreundet sein?“, fragt Florian mit seiner unkomplizierten, direkten Art. Mirko möchte. Er hätte auch nein sagen können. Aber Mirko will und sagt „Ja!“ aus vollster Überzeugung. Es ist quasi die Geburtsstunde des Vereins Downlaufen. Florian hat das Down-Syndrom. Mirko nicht. Kein Problem. Da gibt es diese besondere Verbindung, die sie Freunde werden lässt und antreibt, gemeinsam etwas zu unternehmen. Warum nicht Laufen? Am liebsten mit anderen zusammen, die ähnlich „ticken“. Eine gemischte Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung bilden, wobei alle voneinander lernen können? Das ist es, was sie wollen. Gemeinsam laufen, trainieren und durch vielfältige Aktivitäten Abwechslung in den (Lauf-)Alltag bringen. Und auch gemeinsam an Wettkämpfen teilnehmen.

So wird der #gemeinsammehrbewegen-Preis vergeben

Wir finden: Der Verein Downlaufen e.V. aus Hamburg ist ein guter Kandidat für den mit 1000 Euro dotierten #gemeinsammehrbewegen-Preis, den der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) und laufen.de unterstützt von DATEV in diesem Jahr vergeben. Der Preis wird am 1. Dezember bei unserer großen Lauf-Gala in Bergisch-Gladbach verliehen, wo wir gemeinsam mit German Road Races, der Vereinigung der großen Laufveranstaltungen im deutschsprachigen Raum, auch die Läuferinnen und Läufer des Jahres ehren. Wer den Preis erhält, entscheidet jetzt die Community von laufen.de. Die Gewinner-Initiative wird zur Laufgala nach Bergisch-Gladbach eingeladen.

#gemeinsammehrbewegen: Die ganze Story des Vereins Downlaufen e.V.

Heute, fast zehn Jahre später, besteht die inklusive Laufgruppe im Hamburger Westen aus gut 40 Personen, rund die Hälfte mit Down-Syndrom oder anderen geistigen Einschränkungen. Beim Down-Syndrom handelt es sich um eine unveränderbare genetische Besonderheit. Anstatt der üblichen 23 Chromosomenpaare in allen menschlichen Zellen weisen die Zellen der Menschen mit Down-Syndrom ein zusätzliches Chromosom auf. Das Chromosom 21 ist bei ihnen dreifach vorhanden, deshalb spricht man auch von einer „Trisomie 21“. Aber diese Besonderheit spielt keine Rolle. Läufer ist Läufer und Läuferin ist Läuferin. Aus der Verbindung zwischen Florian und Mirko und der gemeinsamen Idee ist vieles Neues entstanden. Geblieben ist die Freundschaft zwischen Florian, dem Athleten, und Mirko Thiessen, Laufbegleitung und Vorstand von Downlaufen.

Mehrmals im Jahr nehmen Athleten und Athletinnen sowie deren Laufbegleitung an Hamburger Volksläufen teil – und fallen auf. Einmal durch ihre schwarzen Laufshirts mit gelbem Aufdruck, durch ausgelassene Fröhlichkeit und durch das paarweise Laufen. Denn jeder Athlet und jede Athletin mit Einschränkung wird von einer Laufbegleitung ohne Startnummer und Namen, aber mit großem Aufschrift „GUIDE“ über die volle Distanz begleitet. Bei Volksläufen, meist über 3, 5 oder 10 Kilometer, gibt es feste Zweierteams. Im Training gibt es keine feste Personenzuordnung, da läuft jeder mit wem er oder sie mag.

„Das gemeinsame Training sonntags ab 14:30 Uhr und die Erlebnisse bei den Volksläufen machen nicht nur Freude und fördern die Gesundheit aller, sondern fördern gleichzeitig unser aller Sozialleben“, bringt es Yvonne Dannenberg auf den Punkt. Die 51-Jährige ist seit zweieinhalb Jahren dabei und Teil des vierköpfigen Admin-Teams. „Ich wollte in meiner Freizeit neue Leute kennenlernen und bin über die Google-Suche auf diese besondere Laufgruppe gestoßen. Bis dahin hatte ich eigentlich noch nie Kontakt zu Menschen mit Behinderung gehabt“, berichtet die Schulleiterin. Sie sei sich anfangs nicht sicher gewesen, ob sie das überhaupt könne. Sie konnte, war sofort begeistert und ist geblieben. „Das Miteinander ist toll“, sagt sie. Jeder habe seinen Platz in der Gruppe. Dabei gebe es unterschiedlich enge Bindungen, so wie es eben unterschiedliche Menschen gebe.

  • Fotos: imago images/Eibner, Funke

Intensive Einzelbetreuung beim Einstieg ins Laufen

Im Zentrum stehe das Laufen, die gemeinsame sportliche Aktivität. „Uns ist es dabei sehr wichtig, dass alle individuell betreut werden und jeder und jede das leisten kann, was dem individuellen sportlichen Leistungsniveau entspricht“, sagt sie. Beim Anfängertraining gebe es eine intensive Einzelbetreuung. Später laufen die Aktiven dann in gemischten Gruppen unterschiedlicher Zusammensetzung. Wer mindestens 16 Jahre ist, kann bei Downlaufen mitmachen. „Egal ob Einsteiger oder schon erfahren, wir holen jeden dort ab, wo er steht, niemand wird zurückgelassen. Wir starten mit individuellem Lauftraining, versuchen aber alle Neulinge auch schnell in die Gruppe zu integrieren. Darum startet jedes Training gemeinsam und die Gruppe trennt sich unterwegs nach Leistung“, berichtet Yvonne Dannenberg. Außerdem gebe es einen gewählten Athletensprecher, der sich um die sozialen Belange kümmere. „Bei Sorgen, Ängsten oder auch ohne besonderen Anlass ist er für alle da, hört zu und unterstützt vor allem im sozialen Bereich.“

Die Bindung und der Zusammenhalt seien sehr groß. „Wir treffen uns auch privat und versuchen auch da, wo jemand Hilfe abseits des Laufens benötigt, zu unterstützen, indem wir zum Beispiel in Kontakt mit Eltern oder Betreuern sind, Kontakte zu Wohngemeinschaften pflegen oder auch im Bedarfsfall einfach ansprechbar sind“, berichtet Yvonne Dannenberg. Und wie lernfähig nehme sie Menschen mit geistigen Einschränkungen wahr? „Lernfähigkeit hat etwas mit Haltung und weniger mit Behinderung zu tun. Jeder Mensch hat einen anderen Entwicklungsstand sowie unterschiedliche Erwartungen und Fähigkeiten. Wer möchte, der lernt auch etwas“, sagt sie. Das sei zwar manchmal anstrengend, aber am Ende gehe es um die individuelle Entwicklung und die Stärkung des eigenen Ichs, nicht um den Vergleich mit anderen.

Berührungsängste? Weg damit. Barrieren? Abreißen. Brücken bauen? Sehr gerne, möglichst von beiden Seiten. Verbindung und Gemeinsamkeit schaffen, um gemeinsam mehr zu bewegen – herzlich willkommen bei Downlaufen!