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Hart aber herrlich
Wie der Beachcomber-Trail auf Mauritius zur Schlammschlacht wurde

| Text: Tom Rottenberg | Fotos: Beachcomber Resorts & Hotel, Tom Rottenberg

Normalerweise ist der Beachcomber-Trail auf Mauritius eine sportliche Herausforderung in atemberaubender Natur. Dieses Jahr machte ihn Regen zu einer schlammigen Challenge, die nicht alle bestanden.

Dorit Löfflers Beine waren ein beliebtes Fotomotiv. Sie wurden intensiv und ausführlich begutachtet und kommentiert. Aber – und das ist wichtig – nicht auf unangenehme Weise. Mit Anmache hatte das nichts zu tun: Die Kommentare, die die Flugbegleiterin aus Wien am 30. Juli im Zielraum des „Beachcomber-Trails“ auf Mauritius und auf dem Weg durch die Hotelanlage des Shandrani-Ressorts zu ihrem Zimmer und zur Dusche zu hören bekam, waren alle respektvoll. Höflich. Anerkennend und hochachtungsvoll. Aber auch fassungslos: „Wahnsinn, das muss mehr als heftig gewesen sein.“

Einmal Schlammbad gefällig? Aber gerne doch! Sauber kam hier wohl niemand ans Ziel. Dorit Löffler hatte aber trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – jede Menge Spaß.

Die wenigen, die sich mit der Österreicherin an die Königsdistanz gewagt hatten, nickten doppelt wissend. Denn auch sie waren auf diesen 60 Kilometern mit 2000 Höhenmetern schon auf der ersten Hälfte der Strecke oft bis zu Hüften im Schlamm eingesunken. Hatten alleine für die ersten zehn Kilometer meist mehr als zwei Stunden gebraucht. Sie hatten Pfade kraxelnd bezwungen, die mit Ketten oder Seilen schon bei trockenem Boden eher als Klettersteige konzipiert waren, in der Nacht aber vom Regen in glitschige Rutschbahnen verwandelt worden waren. Und hatten sich dabei jede Menge Schrammen und Abschürfungen geholt. Waren bei den Abstiegen dann auch mehr gerutscht als gerannt – und hatten sich bei den dabei fast unvermeidlichen Stürzen Prellungen, Schrammen und blaue Flecken geholt.

Nur, und deshalb wurden Dorit Löfflers Beine auf eine Art „bewundert“, die unter anderen Umständen wohl als Belästigung wahrgenommen worden wäre, sah man das bei den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 60ers beim Beachcomber Trail nicht. Jedenfalls nicht so deutlich. Weil sie meist Locals waren, also entweder auf Mauritius oder auf der benachbarten, französischen Insel La Reunion leben – und deswegen einen dunkleren Teint haben als eine Stewardess aus Mitteleuropa: Schlamm, Kratzer und Schrammen sieht man auf hellem Untergrund besser.

Mauritius ist ein Inselstaat im Südwesten des Indischen Ozeans und liegt ungefähr 870 Kilometer östlich von Madagaskar. Auf einer Fläche von 2040 km² leben rund 1,3 Millionen Menschen. Seit 1968 ist das Land unabhängig.

Elf Ultratrail-Läuferinnen und 81 Läufer hatten sich am 30. Juli um 4:30 Uhr morgens im stockdunkeln Nirgendwo des Dschungels im Südwesten von Mauritius auf die 35 Berg-Singletrail-Kilometer zur Südküste und die dann noch einmal 25 Kilometer über und entlang der malerischen aber auch schroffen Klippen- und Küsten(hügel)landschaften zum Shandrani gemacht. Fast nur Einheimische. Ein paar Südafrikaner. Ein Mann aus London. Keine Deutschen – und eben diese eine Österreicherin: Dorit Löffler, eine erfahrene Trail-, Berg-, Ultra- und 24-Stunden-Läuferin.

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Schwieriger, brutaler, gefährlicher als sonst

Doch mit dem rutschig-schlammigen Terrain hatten alle Probleme. Auch die lokalen Läuferinnen und Läufer, von denen etliche schon bei früheren Ausgaben dieses Laufes dabei gewesen waren. Im Ziel und am Tag danach war man sich einig: Die Langdistanz, der Trail du Sud Sauvage, war in diesem Jahr schwieriger, brutaler und „technischer“, aber wohl auch gefährlicher als in all den Jahren seit der Gründung des Events 2014. „Es war grenzwertig. Höflich formuliert“, sagte der britische Journalist Nick Savage. Und das aus einem einzigen, an sich harmlosen Grund: In der Nacht zuvor hatte es geregnet. Nicht einmal wirklich stark.

Deutlich langsamer als bei vergleichbaren Rennen

Doch in der ohnehin dampfend-feuchten Dschungelluft reichte das: Sogar der Sieger, der haushohe Favorit Judicael Sautron, hatte pro Kilometer acht Minuten gebraucht. Die Siegerin, Berthault Maryam, kam mit einem Schnitt von 10 Minuten pro Kilometer ins Ziel.

Zum Vergleich: Zwei Wochen zuvor waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dodo-Trails annähernd vergleichbare Distanzen aber deutlich mehr Höhenmeter (50 km/3500 hm) gerannt. Tough und anstrengend. Aber keine Schlick-Rutscherei durch Schlamm, der einem die Schuhe vom Fuß zieht: Der Dodo-Sieger lief eine Sechser-Pace, die Siegerin brauchte sieben Minuten pro Kilometer.

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Viele haben Probleme, rund ein Viertel der Männer und die Hälfte der Frauen geben auf

Ja, das klingt heftig. Und war es auch: Rund ein Viertel der Langdistanzler kam beim Beachcomber nicht durch. Bei den Frauen war es sogar die Hälfte. Auch die Flugbegleiterin stieg nach 35 Kilometern aus: Den Cut Off, das Zeitlimit an der 35er-Kontrollstelle, hätte die erfahrene Ultra-Läuferin zwar locker geschafft, aber Schrammen und Prellungen, ein zum Glück dann doch nicht gebrochener, aber schmerzender Finger und der nach einem Sturz schmerzende Kopf gaben den Ausschlag. Obwohl die 25 Kilometer, die jetzt noch offen waren, läuferisch ein „Kindergeburtstag“ gewesen wären.

Als Trail du Nautile (25 km/350 hm) war er auch ein eigener Beachcomber-Trail-Wettbewerb. Auch hier ging es steil zur Sache. Auch hier musste man durch Flüsse. Auch hier krabbelte man bergauf und bergab auf allen Vieren – und tat gut daran, den dramatischen, schönen Küsten- und Klippenpanoramen allerhöchstens aus dem Augenwinkel Aufmerksamkeit zu schenken. Dennoch: Der Nautile war eine Laufparty durch Traumlandschaften, bei der 262 Personen mitfeierten – und 247 ins Ziel kamen. Das sagt viel.

Ausgelassene Party nach dem Rennen

Die letzten zehn Kilometer von Sauvage und Nautile waren als Trail du Souffleur ebenfalls eine eigene Renndistanz. Die nahmen fast 1000 Läuferinnen und Läufer in Angriff – beinahe ohne Ausfälle: Ein klassischer, massentauglicher Panorama-Volkslauf mit rund 50 Höhenmetern, aber umso schöneren Blicken auf den indischen Ozean.

Für alle schaffbar: Der jüngste Finisher war zwölf, der älteste 85 – und die Menschenmasse zwang auf den schmalen Wegen ohnehin oft zum Spazierengehen. Umso ausgelassener war die Party danach. Sei es im unmittelbar am Strand aufgebauten Ziel-Village oder im benachbarten Fünf-Sterne-All-Inclusive-Ressort des Veranstalters und Namenspatrons des Laufes, der mauritianischen Beachcomber-Hotelgruppe.

Auch wenn das Laufen auf aufgeweichten Böden eine besondere Herausforderung war: Die Teilnehmenden wurden mit unbeschreiblichen Naturerlebnissen belohnt.

Die Mischung passte. Genau deshalb kann man deutschen oder europäischen Läuferinnen und Läufern, die einen in unseren Breiten so gut wie unbekannten Lauf suchen, den
Beachcomber durchaus empfehlen. Der im nächsten Sommer zum zehnten Mal ausgetragenen Wettbewerb wäre tatsächlich ein guter Anlass für einen Strand- und Erlebnis-Urlaubstrip. Die Kurzdistanz – ein feiner Fun-Run. Die Mitteldistanz schafft locker, wer ohne größere Probleme einen Halbmarathon schafft und Grundkenntnisse im Traillaufen hat. Und bei normalen Bedingungen ist auch die Langdistanz nichts, wovor sich fürchten müsste, wer sich den Rennsteig (73 km/1800 hm) oder den Karwendellauf in Tirol (52 km/2300 hm) zutraut.

Angenehme Temperaturen locken Europäer

Klar: Im Reiseplan der Deutschen steht Mauritius als Flucht-vor-dem-Winter-Destination. Doch dass südlich des Äquators im europäischen Sommer Winter ist, ist kein echtes Hindernis. Im Gegenteil: Unter den nicht laufenden Gästen sind auch jetzt schon etliche Europäerinnen und Europäer.

Familien mit Kindern, Paare, Gruppen oder Senioinnen und Senioren, die vor der Gluthitze des Mittelmeersommers gen Süden flüchten: 25 Grad im Schatten werden hier in der Sonne doch mehr als 30. Trotzdem kann man sich noch bewegen. Etwa um Trail zu laufen.

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Traillaufen ist auf Mauritius „eine Religion“

Traillaufen ist auf Mauritius, aber auch auf der etwa 200 Kilometer weiter westlich gelegenen Insel Réunion, „eine Religion“. Das sagt nicht irgendwer, sondern Patrick Jourdain. Jourdain ist, wenn wir beim Religions-Bild bleiben, Réunion s Erzbischof des Traillaufens – und Mitbegründer der Beachcomber-Laufserie. Offiziell bringt der 54-Jährige als Renn-
organisator und Routenplaner langjährige Ultralaufkompetenz in den Wettbewerb ein.

„Laufen kann man bei uns auf Réunion zwar auch toll“, erklärt Dominique von der Nachbarinsel, „aber Mauritius hat die schöneren Strände.“ Und die passenden Angebote, denn genau das ist das Event-Konzept der Beachcomber-Gruppe. Auf Mauritius hat sie acht Ressorts – und Beachcomber PR-Kopf Raphael Nicholas betont, dass man, nicht bloß Sponsor und Namenspatron, sondern auch Veranstalter des Rennens sei.

Streckenlänge dem Massengeschmack angepasst

Nicholas hat den Wettbewerb 2014 mit Jourdain gemeinsam erfunden. „Wie alle Hoteliers haben wir etwas gesucht, um in der Nebensaison Betten zu füllen. Ein Trailwettbewerb mit günstigen Urlaubspackages für Läuferinnen und Läufer aus Réunion war naheliegend.“ Dass der Plan so gut aufging, dass längst auch andere Hotelgruppen Läufe und Packages anbieten, stört Nicholas keine Sekunde: „Wenn die Insel das Image von ‚tolle Strände’ zu ‚tolle Natur’ und ‚toller Aktivurlaub’ erweitern kann, profitieren wir alle davon.“ Der Blick nach Europa auf die hier rasant wachsende Trail-Community ist schlüssig.

Ebenso das zielgruppenfokussierte Umgestalten der Wettbewerbe: Bot man ursprünglich „klassische“ 140 bis 160 Kilometer Lang- und 50 bis 60 Kilometer lange Mitteldistanzen an, setzt man nun auf Distanzen, die von vielen bewältigt werden können. Mit Erfolg: 2023 waren die Läufer über 10 und 25 Kilometer schnell ausverkauft. Und in der Szene der Ultra- und Hardcoreläuferinnen und -läufer spricht sich der Sauvage herum: Dass er dieses Jahr eine brutale und über die Maßen schwer zu laufende Rutschpartie war, ist dort kein Grund, ihn für 2024 nicht ins Auge zu fassen. Ganz im Gegenteil, erklärt Flugbegleiterin Löffler: „Ich habe mit dieser Strecke eine Rechnung offen. Und egal, wie trocken oder schlammig der Trail dann ist: Hier zu laufen ist einfach hammerschön.“