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Leichtathletik-WM in Budapest
WM-Marathon der Frauen: Äthiopischer Doppelsieg und eine starke deutsche Leistung

| von Jörg Wenig

Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Budapest hat Amane Shankule einen Hitze-Marathon gewonnen. Die Deutsche Melat Kejeta zeigte eine starke Leistung bei Temperaturen bis 29 Grad im Schatten.

Einen äthiopischen Doppel-Triumph gab es im Frauen-Marathon bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Budapest. Dabei war die schnellste Läuferin auf der Startliste auch als Erste im Ziel: Amane Shankule gewann das harte Hitze-Rennen bei Schatten-Temperaturen zwischen 23 und 29 Grad Celsius auf dem viermal zu durchlaufenden Rundkurs in 2:24:23 Stunden vor ihrer Landsfrau Gotytom Gebreslase. Die Titelverteidigerin wurde in 2:24:34 Zweite. In der Schlussphase schob sich die überraschend starke Marokkanerin Fatima Gardadi noch auf Rang drei nach vorne. Sie lief in 2:25:17 zur Bronzemedaille. Die letztjährige WM-Dritte Lonah Salpeter (Israel) wurde Vierte in 2:25:38 vor Yalemzerf Yehualaw (Äthiopien/2:26:13). Lediglich Platz sechs blieb der stärksten kenianischen Läuferin bei der WM: Rosemary Wanjiru war nach 2:26:42 im Ziel.

Melat Kejeta hielt sich in dem stark besetzten WM-Marathon sehr gut. Die Läuferin des Laufteams Kassel belegte Platz elf in 2:29:04. Auch wenn sie ihr eigenes, ambitioniertes Ziel einer Top-Ten-Platzierung knapp verpasste und die Olympia-Norm von 2:26:50 in diesem Hitze-Rennen nicht möglich war, zeigte sie ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris, dass sie auf dem Weg zurück zu ihrer Bestform ist. „Ich bin zufrieden, mehr ging heute einfach nicht“, sagte Melat Kejeta, die die einzige deutsche Läuferin in diesem Feld war. Die Österreicherin Julia Mayer belegte in 2:41:54 Platz 50. 77 Läuferinnen waren in Budapest gestartet, 65 erreichten das Ziel.

Nach der Babypause zeigt die Leistungskurve klar nach oben

Im Mai erst nach einer Schwangerschaftspause von über eineinhalb Jahren zurückgekommen, zeigte Melat in Budapest nach einem Trainingslager in Kenia, dass sie wieder deutlich stärker ist als noch beim Ottawa-Marathon im späten Frühjahr. In Kanada war die 30-Jährige auf Platz drei in 2:27:51 gelaufen. Bei viel schwierigeren Bedingungen und natürlich ohne Tempomacher lief sie nun in der ungarischen Hauptstadt bis ungefähr Kilometer 29 in der Spitzengruppe mit. Als die Favoritinnen dann das Tempo anzogen, fiel sie zurück, erreichte aber noch eine gute Platzierung.

„Ich bin eigentlich keine Hitzeläuferin. Bei meinen letzten Rennen hatte ich immer wieder Magenprobleme, auch heute war mir zwischendurch etwas übel“, erzählte Melat Kejeta, die sich nun voraussichtlich auf den Valencia-Marathon Anfang Dezember konzentrieren wird. Auf der schnellen Strecke und bei oft günstigen Wetterbedingungen will sie dann die nötige Zeit laufen, um sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Die internationale Norm steht bei 2:26:50 Stunden. Doch diese Zeit wird sicherlich nicht reichen, um einen der maximal drei nationalen Startplätze zu belegen. „Heute war es einfach zu heiß für die Norm“, sagte Melat Kejeta, die in Budapest zweitbeste Europäerin hinter Lonah Salpeter war (Israel zählt in der Leichtathletik zum europäischen Verband).

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Äthiopiens Läuferinnen setzen starkes Zeichen

Ganz vorn haben Äthiopiens Läuferinnen in Budapest ein Jahr vor den Olympischen Spielen ein starkes Zeichen gesetzt. Allerdings fehlten die schnellsten kenianischen Athletinnen bei dieser WM. Nach einem sehr verhaltenen Beginn mit einer 10-km-Zwischenzeit von 35:31 Minuten waren an der Halbmarathon-Marke (74:29) noch 26 Läuferinnen in der Spitzengruppe. Ab Kilometer 25 fielen nach und nach immer mehr Läuferinnen aus der Gruppe heraus. Zehn Kilometer vor dem Ziel waren noch sechs Athletinnen vorne: Rosemary Wanjiru, die Äthiopierinnen Tsehay Gemechu, Gotytom Gebreslase, Ylemzerf Yehualaw und Amane Shankule sowie Lonah Salpeter.

Bei Kilometer 35 hatte sich die Gruppe auf Shankule, Gebreslase und Yehualaw verkleinert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die spätere drittplatzierte Fatima Gardadi noch einen Rückstand von 25 Sekunden und alles sah nach einem äthiopischen Dreifach-Triumph aus. Kurz vor Kilometer 36 zog dann Shankule davon während Gardadi noch stark aufholte.

„Wir haben heute als Team sehr gut zusammengearbeitet. Natürlich wollten wir alle drei Medaillen gewinnen. Aber das hat nicht ganz geklappt, trotzdem sind wir glücklich“, sagte Amane Shankule, die auch unter dem Namen Amane Beriso bekannt ist. Sie hatte sich im vergangenen Dezember als Siegerin des Valencia-Marathons mit 2:14:58 enorm gesteigert und war in diesem Frühjahr Zweite beim Boston-Marathon.

Die zweitplatzierte Gotytom Gebreslase schien nicht enttäuscht angesichts der verpassten Titelverteidigung. „Das große Ziel war es, die Goldmedaille für Äthiopien zu gewinnen. Darauf sind wir stolz. Ich freue mich sehr, dass ich wieder eine Medaille gewinnen konnte. Der Unterschied zur WM in Eugene im vergangenen Jahr ist das Wetter. Hier war es sehr heiß“, sagte die Äthiopierin.

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Amane Shankule holt Gold vor Gotytom Gebreslase und Fatima Gardadi

Für die größte Überraschung im Spitzenfeld sorgte die drittplatzierte Fatima Gardadi. „Das ist für mich wie der Beginn meiner Karriere“, sagte die Marokkanerin, die im April den Rabat-Marathon mit einer persönlichen Bestzeit von 2:25:03 gewonnen hatte. „Die Wetterbedingungen dort waren ähnlich wie heute, ich hatte keine Schwierigkeiten.“ Dennoch war es erstaunlich, dass sie bei der WM so dicht an ihre Bestzeit heranlaufen konnte. Eine der Topfavoritinnen, Rosemary Wanjiru, erklärte: „Es war einfach zu heiß für mich heute.“