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Laufgeschichte
50. Marathon am Sonntag: New York feiert Jubiläum mit Kenenisa Bekele und Peres Jepchirchir

| von Jörg Wenig (Text) & imago images/PCN Photography (historische Fotos)

Es ist das Marathon-Spektakel schlechthin, das am Sonntag ein großes Jubiläum feiert: Zum 50. Mal wird der New York City-Marathon gestartet. Unser großer Rückblick in eine andere Zeit des Laufens.

Das Rennen war und ist ein Trendsetter für den internationalen Laufsport. Der New York-Marathon ebnete in den 1970er-Jahren den Weg für viele andere bedeutende internationale Lauf-Veranstaltungen, die nach und nach in die Innenstädte drängten. Organisatoren in London und Chicago oder Berlin, Rotterdam und Wien sowie vielen weiteren Städten folgten dem New Yorker Beispiel und starteten eigene Rennen über die klassische Distanz von 42,195 Kilometer. Für viele waren die New Yorker Veranstalter um den Initiator Fred Lebow damals das bahnbrechende Vorbild. Der New York-Marathon hat sicherlich einen großen Anteil am internationalen Laufsport-Boom.

Ausgerechnet beim Jubiläum wird der in der Regel größte Marathonlauf der Welt wohl nur halb so groß sein wie zuletzt. 2019 hatten genau 53.639 Läufer das Ziel im Central Park erreicht - so viele wie nie zuvor bei einem Rennen über die klassische Distanz. 2020 konnte der Marathon aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Nun wurde das Teilnehmerlimit auf 33.000 Läufer reduziert. Da jedoch in dieser Woche die Einreisebeschränkungen in die USA noch gelten, dürfte das Feld wohl nochmals um etliche tausend Starter schrumpfen.

Das Feld des Jubiläumsrennen in New York wird am Sonntag von zwei Superstars des Marathonlaufes angeführt das: Kenenisa Bekele und Peres Jepchirchir sind die schnellsten Läufer auf der Startliste. Sowohl der äthiopische Ausnahmeläufer als auch die kenianische Marathon-Olympiasiegerin sind auf den ersten Blick die Favoriten. Allerdings hatten beide keine optimale Vorbereitungszeit für das Rennen.

Der New York-Marathon 2021 ist am Sonntag (7. November) ab 14:30 Uhr auf Eurosport 2 live zu sehen.

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Kenenisa Bekele startet sechs Wochen nach dem Berlin-Marathon den nächsten Versuch

Kenenisa Bekele ist mit seiner persönlichen Bestzeit von 2:01:41 Stunden der zweitschnellste Läufer aller Zeiten und damit fast fünf Minuten schneller als die Nummer zwei auf der New Yorker Startliste. Der Olympia-Zweite Abdi Nageeye (Niederlande) geht mit einem persönlichen Rekord von 2:06:17 ins Rennen. Während er vor rund drei Monaten im japanischen Sapporo zur Silbermedaille gelaufen war, startete Kenenisa Bekele erst vor sechs Wochen beim BMW Berlin-Marathon. Dort wurde der Äthiopier Dritter in 2:06:47 und erklärte nach der missglückten Jagd auf den Weltrekord (2:01:39), dass er noch Trainingsrückstand habe. Für beide Läufer, besonders natürlich für Bekele, ist dies ein extrem kurzer Abstand zwischen zwei hochklassigen Marathonrennen.

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Olympiasiegerin Peres Jepchirchir hat gute Karten im Kampf um die 100.000-Euro-Siegprämie

Bei den Frauen stehen zwölf Athletinnen auf der Startliste, die bereits unter 2:28 Stunden gelaufen sind. Drei von ihnen haben die 2:20-Stunden-Barriere unterboten. Neben der Olympiasiegerin Peres Jepchirchir, die mit einer Bestzeit von 2:17:16 ins Rennen geht, sind dies Ruti Aga (Äthiopien/2:18:34) und Helalia Johannes (Namibia/2:19:52). Doch bei Jepchirchir und auch Johannes, die in Sapporo im Sommer auf Rang elf lief, muss man abwarten, wie gut sie nach dem Olympia-Marathon in Form sind.

Vielleicht haben die Äthiopierinnen Ruti Aga und Ababel Yeshaneh im Rennen um die 100.000-Dollar-Siegprämie, die auch der schnellste Mann erhält, sehr gute Karten. Yeshaneh hat bisher eine Marathon-Bestzeit von 2:20:51 Stunden, verfügt aber wie auch Jepchirchir über eine starke Grundschnelligkeit. Die Äthiopierin hielt zeitweilig den Halbmarathon-Weltrekord mit einer Zeit von 64:31 Minuten.

Am Anfang der 70er-Jahre wurden vier Runden im Central Park gelaufen

An solche Prämien und Massen-Marathonläufe, wie sie heute in vielen Städten weltweit stattfinden, war in den 70er Jahren noch nicht zu denken. Als Fred Lebow am 13. September 1970 den ersten Marathon in New York organisierte, führte die Strecke noch über gut vier Runden durch den Central Park. Von 127 Läufern erreichten 55 das Ziel. Die einzige Frau im Rennen schaffte dies an diesem Tag nicht. Gary Muhrcke war der erste Sieger mit einer Zeit von 2:31:38 Stunden.

Der Feuerwehrmann war unmittelbar nach einer Nachtschicht an den Start gegangen. Unter den Läufern im Ziel war auch Fred Lebow, der das Rennen nicht nur organisierte sondern zudem noch finanziell unterstützte. Der erste Race-Direktor hatte Armbanduhren für die Sieger selber gekauft. Als Trophäen wurden ummodellierte Preise aus dem Baseball und Bowling ausgegeben. Das Startgeld betrug damals nur ein Dollar - heute müssen für eine Startnummer rund 300 bezahlt werden.

Gründer Fred Lebow läuft selbst mit und kann kaum glauben, dass die Polizei Straßen fürs Laufen sperrt

Nach fünf weiteren Rennen im Central Park wagte Fred Lebow 1976 mit seinem Team der New York Road Runners, die inzwischen über 50 Laufveranstaltungen jährlich organisieren, den Sprung aus dem Park auf die Straßen der Innenstadt. Seitdem wird das Rennen auf der Verrazano Bridge gestartet, führt durch alle fünf Stadtbezirke und endet im Central Park. Von 2090 gemeldeten Läufern erreichten 1549 das Ziel.

Während der US-Amerikaner Bill Rodgers in 2:10:10 Stunden gewann - damals war dies eine Weltklassezeit -, wurde sein Landsmann Frank Shorter, der Marathon-Olympiasieger von München 1972, Zweiter. „Ich wollte hier laufen und sehen, wie die Polizei die Straßen für die Läufer absperrt - das alleine war schon eine Leistung“, sagte Frank Shorter, während Fred Lebow erklärte: „Ich bin regelrecht schockiert, dass so etwas geht.“ Noch ein Jahr zuvor hatte er einen derartigen Vorschlag selbst nicht ernst genommen.

Der Marathon erobert die Straßen der Metropole und New York wird zum Traumlauf, den Grete Waitz neunmal gewinnt

Schon 1979 starteten beim größten Marathonlauf der Welt erstmals über 10.000 Läufer. Den New York-Marathon zu rennen, ist für fast alle Hobbyläufer ein Traum - ihn zu gewinnen, ist für einen Weltklasseläufer einer der größtmöglichen Siege. 1978 begann die einmalige Erfolgsserie der Grete Waitz. Die norwegische Weltklasseläuferin lief in New York ihr Debüt über die 42,195 km. „Mister Lebow, wo muss ich hier langlaufen“, fragte Grete Waitz vor dem Start Fred Lebow.

Die Norwegerin konnte sich in New York, wo schon damals viele Zuschauer an der Strecke standen, nicht verlaufen. Nach genau 2:32:30 Stunden war sie im Ziel und hatte die damalige Weltbestzeit um über zwei Minuten unterboten. Ein Jahr später wurde Grete Waitz in New York zur ersten Frau, die einen Marathon in unter zweieinhalb Stunden lief (2:27:33). Noch sieben weitere Male triumphierte die Norwegerin, die 2011 einem Krebsleiden erlag, beim New York-Marathon. An neun Siege bei dem Lauf-Spektakel kommt kein anderer auch nur annähernd heran. Dies könnte ein Rekord für die Ewigkeit sein.

Uta Pippig feiert 1993 den einzigen deutschen Sieg beim New York-Marathon

Einen deutschen Sieg gab es in der 50-jährigen Geschichte des New York-Marathons: Die Berlinerin Uta Pippig triumphierte 1993 in 2:26:24 Stunden. Ein Jahr später fand das 25. Jubiläum des New York-Marathons statt, das auch zu einem Gedenklauf an Fred Lebow wurde. Der Initiator war wenige Wochen zuvor an den Folgen eines Gehirntumors gestorben. Noch 1992 war er, gezeichnet von der Krankheit, das Rennen gemeinsam mit Grete Waitz gelaufen. Nach 5:32:34 Stunden erreichten die beiden das Ziel im Central Park.

2001 konnten auch die Terroranschläge den New York-Marathon nicht stoppen. Keine zwei Monate später fand das Rennen statt. „Nach den schrecklichen Vorfällen des 11. September wird dieser New-York-Marathon die Energie und die Zähigkeit der Stadt New York in den Blickpunkt rücken wie nie zuvor“, hatte der damalige Race-Direktor Allan Steinfeld erklärt. Aus Berlin gab es damals ein Zeichen der Anteilnahme. Ein 25 mal 40 Meter großes Banner mit der Aufschrift „United we run“, das Ende September vor dem Start des Berlin-Marathons über die Köpfe der Läufer hinweggezogen worden war, wurde nach New York transportiert und dort im Startbereich ausgelegt.

Nur ein Hurrikan und eine Pandemie können das Rennen stoppen: 2012 und 2020 gab's keinen New York-Marathon

Elf Jahre später fiel der New York-Marathon jedoch tatsächlich zum ersten Mal aus: Aufgrund eines Hurrikans mussten die Veranstalter das Rennen 2012 absagen. Ein Jahr später meldete sich New York spektakulär zurück: Zum ersten Mal erreichten 2013 bei einem Marathon über 50.000 Läufer das Ziel. Seitdem wurde diese Marke, die bisher von keinem anderen Marathon erreicht wurde, in New York fast jedes Jahr wieder übertroffen. 2019 registrierten die Veranstalter die Rekordzahl von 53.639 Läufern im Ziel. Insgesamt erreichten in den 49 Auflagen bisher knapp 1,3 Millionen Athleten das Ziel.

Der weltweit größte Marathonlauf gehört jedoch nicht zu den schnellsten. Dies liegt an der sehr welligen, nicht einfach zu laufenden Strecke in New York. Da zudem keine Tempomacher zugelassen werden, entwickeln sich meist taktische Rennen. Der Kampf um den prestigeträchtigen Sieg wird dabei oftmals erst in der Schlussphase entschieden. Die Streckenrekorde sind schon etwas in die Jahre gekommen: Der Kenianer Geoffrey Mutai gewann das Rennen 2011 in 2:05:06 Stunden, seine Landsfrau Margaret Okayo war 2003 eine Zeit von 2:22:31 gelaufen.

Chris Brasher, der 1981 den ersten London-Marathon initiierte, hatte sich 1979 den New York-Marathon vor Ort angesehen und danach erklärt: „Um diese Geschichte zu glauben, muss man daran glauben, dass ein Marathon so etwas wie eine fröhliche Familie sein kann, die zusammen lacht, arbeitet und etwas Ungewöhnliches schafft. Ich habe das in New York gesehen, einer Stadt mit vielen Problemen und einer hohen Kriminalität. 12.000 Läufer aus 40 Nationen rannten, angefeuert von zweieinhalb Millionen Zuschauern - Schwarze und Weiße, Protestanten und Katholiken, Juden und Moslems. Sie lachten und sie litten während des größten Volksfestes, das die Welt gesehen hat.“