Dein Weg zur Top-Lauftechnik

| Text: Christian Ermert | Fotos: Nike, Fotolia, Bernhard Koch

Laufstil ist eine Frage der Technik. Klar. Aber nicht nur. Entscheidend ist auch, wie gut deine Muskeln vom
Rumpf bis zu den Füßen trainiert sind. Hier liest du, was du tun kannst, um besser zu laufen.

Springst du eigentlich schon? Oder läufst du nur und hoffst, so mit der Zeit besser zu werden? Dann könntest du Notiz nehmen von dem, was Leichtathleten schon seit Jahrzenten in ihrem Trainingsprozess berücksichtigen. Kleine Sprünge auf dem Vorfuß sind ideal geeignet, um die Lauftechnik auf Dauer zu verbessern.

Mit Hüpfen und Seilspringen ein besserer Läufer werden

Viele reden davon, wie notwendig es ist, den Fußaufsatz beim Laufen von der Ferse Richtung Vorfuß zu verlagern. Mittelfußlaufen wird propagiert. Alles richtig. Was allerdings oft vergessen wird: Der Weg dahin ist für viele Läufer weit und bedeutet vor allem eins: Training. Training. Training.

Ideal geeignet, um die komplette Muskelschlinge zu trainieren, die du für einen aktiven Laufstil brauchst, ist beidbeiniges Seilspringen. Dreimal fünf Minuten am Stück reichen. Wem die Koordination von Armen, Seil und Beinen noch schwerfällt, kann auch einfach ohne Seil auf der Stelle springen. Achte dabei darauf, jeden Sprung nach der Landung auf dem Fußballen im Sprung- und Kniegelenk abzufedern.

Ohne entsprechend vorbereitete Muskulatur ist eine Umstellung der Lauftechnik kaum zu meistern. Das bestätigt auch der Berliner Biomechaniker Dr. Srđan Popović. „Gerade Läufer, die moderne, gut gedämpfte Laufschuhe mit einem hohen Maß an Energierückgabe nutzen wollen, müssen in der Lage sein, mit ihrer Beinmuskulatur auch bei langen Belastungen bei jedem Bodenkontakt ein gewissen Maß an Steifigkeit zu erzeugen.“ Er erklärt das mit einem Beispiel, das wohl jedem aus Kindertagen noch bekannt ist. „Beim Hüpfen auf einem Trampolin geht es darum, die Beine im Moment des Aufpralls steif zu machen. Nur so kann der Körper die Energie, die ihm vom Trampolin-Tuch zurückgegeben wird, für den nächsten Sprung nutzen.“

Und das gilt – im übertragenen Sinn – auch beim Laufen. Natürlich geht es hier nicht darum, Steifigkeit zu erzeugen, indem man bei jedem Schritt mit gestrecktem Bein landet – wie beim Trampolinspringen. Aber die Muskulatur muss so stark sein, dass in Hüfte, Knie und Fuß keine unphysiologischen Ausweichbewegungen entstehen, mit denen der Läufer versucht, die Aufprallkräfte zu minimieren. Das ist mit Steifheit gemeint, die Läufer für einen ökonomischen Laufstil im Moment des Fußaufsatzes gerade dann brauchen, wenn sie mit weichen, gut gedämpften Schuhe oder auf weichem Boden laufen. Dafür wird die komplette Muskelschlinge benötigt – vom Rumpf über Hüfte, Oberschenkel, Wade bis hinab in die Füße. Wer an allen Punkten stark ist, läuft nicht nur schneller und ökonomischer – auch die Verletzungsanfälligkeit sinkt.

Aber: Wer nur läuft, trainiert diese Muskulatur nicht so, dass er seinen Laufstil verbessern kann. Deshalb empfehlen wir nicht nur die Übungen des sogenannten Lauf-ABCs, sondern vor allem Sprünge und Übungen, die deine Stabilität im Hüftbereich verbessern. Und die gute Nachricht: Zweimal 20 Minuten Zusatz-Training pro Woche reichen vollkommen aus, um mit einigen wenigen, aber sehr effektiven Übungen Erfolge zu erzielen.

Parallel dazu kann dann auch die Arbeit an der Umstellung des Laufstils beginnen. Dabei solltest du zwar immer daran denken, dass es die einzig richtige Lauftechnik nicht gibt. Dafür sind die Menschen viel zu verschiedenen. Allerdings ist der zuletzt in der Laufszene oft diskutierte „Preferred Movement Path“ oft auch nicht die perfekte Antwort auf die Frage nach dem individuell passenden Laufstil. Damit ist gemeint, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens beim Laufen ein Bewegungsmuster entwickelt, das zu ihm passt. „Das muss aber nicht unbedingt ein physiologischer Laufstil sein. Im Gegenteil: Der Preferred Movement Path kann sogar zu Überlastungen und Verletzungen führen“, erklärt Biomechaniker Dr. Srđan Popović.

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Wie die meisten seiner Kollegen empfiehlt er eine aktive Lauftechnik, bei der du den Fuß flach aufsetzt und nicht passiv mit der Ferse zuerst den Boden berührst. Ein solcher Laufstil ist weniger belastend, bringt einen deutlich effektiveren Vortrieb und ermöglicht damit schnelleres Laufen. Bei vielen Läufern berührt allerdings die Ferse zuerst den Boden. Das erschwert es, das Lauftempo zu erhöhen. Denn der Fersenaufsatz wirkt wie ein Bremsstoß. Ursache dafür ist, dass der Fuß zu weit vor dem Körperschwerpunkt den Boden berührt, was diesen Stil zusätzlich unökonomisch macht.

Phase 1 – Bodenkontakt

Idealerweise setzt du nicht mit der Ferse auf, sondern mit dem gesamten Fuß. Der optimale Aufsatzpunkt liegt circa 15 Zentimeter vor der Körperachse, einer gedachten, senkrechten Linie durch den Schwerpunkt des Körpers. Nur so kannst du die Energie optimal mitnehmen und den Bewegungsablauf stabilisieren. In diesem Moment muss dein Körper etwa das dreifache seines Gewichts abfedern.

Phase 2 – Stützphase

Dein Körperschwerpunkt bewegt sich über den Fuß am Boden nach vorn. Die dabei auftretenden Kräfte werden durch Abrollen des Fußes aufgefangen. Dabei knickt der Knöchel leicht nach innen. Diese natürliche Bewegung nennt man Pronation. Ist diese zu stark ausgeprägt, spricht man von Überpronation, die durch entsprechende Schuhe mit Stütze ausgeglichen werden sollte. Am Ende dieser Phase steht der kräftige Abdruck vom Boden über die Großzehe.

Phase 3 – Abdruck

Der Abdruck vom Boden erfolgt vom Vorfuß und sollte je nach Tempo möglichst kräftig erfolgen. In diesem Moment sollte das hintere Bein inklusive Becken gestreckt sein um einen möglichst hohen Vortrieb zu erzeugen. Hierbei spielt natürlich ein stabiles Sprunggelenk sowie eine gute Wadenmuskulatur eine entscheidende Rolle. Unsere Achillessehne verstärkt diesen Effekt noch einmal.

Stell dir vor, dein Fuß rollt bei jedem Schritt die Erdkugel ein Stück weit nach hinten!

Außerdem provoziert Fersenlaufen Verletzungen: Hüpfe einfach mal ganz leicht auf der Stelle: Du wirst den Aufprall ganz automatisch über den Vorfuß abfedern. Niemand käme auf die Idee, auf der Ferse zu hüpfen – es wäre zudem schmerzhaft. Beim Laufen ist es ähnlich. Der perfekte Laufstil ermöglicht es uns, jeden Schritt abzufedern.

Radikale Umstellungen des Laufstils sind allerdings schwierig. Du solltest dich langsam an ein neues Bewegungsmuster gewöhnen, beispielsweise in den ersten zehn Minuten eines Dauerlaufs.

Eine gute Möglichkeit, am Laufstil zu arbeiten und gleichzeitig die dafür nötige Muskulatur zu entwickeln, sind regelmäßige Barfußläufe auf Rasen. Dabei stellt sich fast automatisch ein aktiver Laufstil ein, denn ein Aufprall auf der Ferse würde nach kurzer Zeit schmerzen. Schon nach wenigen Barfuß-Trainingseinheiten kommt es sowohl vom zentralen Nervensystem als auch vom Bewegungsapparat her zu einem Lerneffekt.

Am Anfang genügen zehn Minuten, mit zunehmender Gewöhnung kannst du die Dauer der Barfußläufe verlängern. Einen ähnlichen Effekt haben Trainingseinheiten mit minimalistischen Laufschuhen wie den Free von Nike. Auch hier gilt: Keine kompletten Dauerläufe darin absolvieren, sondern kürzere, effektive Trainingseinheiten.

Übung 1 – Seitstütz

Stütze deinen Körper seitlich auf dem rechten Arm ab. Stabilisiere den Stütz-Arm senkrecht unterhalb der Schulter. Strecke dein oberes gestrecktes Bein vor dein unteres Bein und winkele dabei die Fußspitzen an. Der linke, obere Arm wird in Schulterlinie zur Decke geführt. Beinaußenseite, Becken und Rumpf bilden eine Linie. Führe nun den linken Arm unter deiner rechten Rumpfaußenseite hindurch. Dabei dreht sich dein Oberkörper mit ein, das Becken jedoch bleibt unverändert. Danach wieder in die Ausgangsposition zurückkehren. Dreimal zehn Wiederholungen pro Seite.

Übung 2 – Unterarmstütz bäuchlings

Komme in den Unterarm-Stütz. Dein Oberarm stützt senkrecht von der Schulter nach unten, deine Unterarme liegen auf dem Boden auf. Deine Beine sind langgestreckt und du stützt dich auf deinen Fußspitzen auf. Jetzt einen Unterschenkel zur Decke anheben und im rechten Winkel beugen, die Fußspitze dabei anziehen. Halte dein Becken stabil. Aus dieser Position schiebst du dein angewinkeltes Bein langsam weiter nach oben zur Decke. Danach wieder leicht absenken. Nur das ausführende Bein ist in Bewegung. Vermeide ein Hohlkreuz. Dreimal zehn Wiederholungen pro Seite.

Übung 3 – Unterarmstütz rücklings

Aus der Rückenlage die Arme anwinkeln, dich auf den Unterarmen abstützen und den Körper strecken. Dann den Po anheben und die Hüftknochen parallel halten. Die Beine halten mit angewinkelten Fußspitzen hüftbreit die Position. Die Oberarme zeigen von der Schulter senkrecht zum Boden. Beinvorderseite, Becken und Bauch bilden eine Linie. Sechsmal 30 Sekunden lang die Position halten.