Maximale Herzfrequenz
Was sie verrät und wie du sie ermittelst
Wenn wir uns anstrengen, schlägt das Herz schneller. Aber was ist deine maximale Herzfrequenz, nach der du dein Training gut und effizient steuern kannst? So kannst du deinen Maximalpuls berechnen.
Auf den ersten Blick ist die Sache einfach. Auch Laufeinsteigerinnen und -einsteiger wissen, dass es wichtig ist, im richtigen Belastungsbereich zu trainieren. Bereich meint eine bestimmte Puls- oder Herzfrequenz-Zone. Auch als Nicht-Medizinerin oder -Mediziner weiß man, dass bei hoher Belastung das Herz schneller pocht, während es in Ruhe gemütlich schlägt. Darum sagt der Hausverstand: Mit „richtigem Bereich“ sind Puls-Zonen gemeint, die für das jeweilige Anstrengungslevel oder Trainingsziel optimal sind - etwa weil man hier lange gut laufen kann.
Heute zeigt schon die einfachste Laufuhr nach Eingabe von Alter, Geschlecht und (selbst bestimmtem) Fitness- oder Trainingsniveau automatisch, wie lange man in welcher Zone trainiert hat. Gut so: Ab hier muss man sich zu diesem Thema also keine weiteren Gedanken machen. Oder? Ganz klar: Oder! Denn: Wer seine maximale Herzfrequenz genau kennt, kann sein Training besser steuern. Hier erfährst du wie du sie ermittelst und was sie verrät.
Denn es ist nett und praktisch, dass Uhren und Apps das Training entkomplizieren und erleichtern wollen. Sie ziehen für ihre „Bereichs“-Angaben Vergleichsdaten von hunderttausenden anderen Menschen heran - und liegen dadurch oft auch recht gut. Aber eben nicht immer: Manche Menschen ticken (im Wortsinn) eben anders als es die Algorithmen, die mathematische Auswertung der Ergebnisse der Mehrheit, nahelegt.
Weil jeder Mensch im Detail anders funktioniert, zahlt es sich aus, sich nicht nur auf Algorithmen, Faustregeln, Hörensagen oder Durchschnittswerte zu verlassen – sondern zu wissen, was der eigene Körper braucht, kann und will. Und um das beurteilen zu können, ist es zentral, die eigene maximale Herzfrequenz zu kennen. Also zu wissen, wie oft das Herz unter maximaler Belastung pro Minute schlägt.
Brustgurt fürs genaue Messen der maximalen Herzfrequenz
Was aber dennoch allgemein gilt: Wer die eigenen Puls- und Herzfrequenzzonen kennt, wer weiß, wo die Maximal- und Ruhewerte liegen, tut sich leicht, das eigene Training zu optimieren. Es effizienter und gesünder zu gestalten. Und auch wenn es medizinisch nicht ganz korrekt ist, die maximale Herzfrequenz nicht vom Maximalpuls zu trennen: Die Unschärfe ist im Freizeitsport zulässig. Dass ein Brustgurt Herzschläge, ein Pulsband (am Oberarm) oder die Uhr am Handgelenk aber den Puls misst, macht – hier – keinen signifikanten Unterschied.
Wesentlicher ist da schon schon die Frage, ob genau und korrekt gemessen wird: Auch wenn die Pulsfrequenz-Messung per Uhr am Handgelenk in den vergangenen Jahren immer exakter wurde, ist das Handgelenk nicht der ideale Mess-Ort. Dunkler Teint, Tätowierungen, dichte Haare, Schweiß oder Licht von der Seite können Ergebnisse verfälschen: Brustgurte sind verlässlicher. Und dann wäre da noch die manuelle Messung mit zwei Fingern an der Halsschlagader und Blick auf die Uhr.
Kommen wir zu den Werten: Wer seine maximale Herzfrequenz und seinen Ruhepuls kennt, kann Pulswerte berechnen, bei denen er oder sie richtig trainiert oder regeneriert: Ziel ist es, Pulsschläge „einzusparen“, aber dennoch lange und intensive Leistung abliefern zu können. Das lernt der Körper durch strukturiertes, intelligentes Training – im Grundlagen- wie im höheren Belastungsbereich. Je rascher der Puls wieder in Richtung Ruhe geht, umso fitter ist man. Umso rascher können wir wieder ordentlich Leistung liefern – und je größer die Bandbreite zwischen der maximalen Herzfrequenz und dem Ruhepuls ist, umso länger können wir locker laufen, bevor es knackig zur Sache geht. So weit, so simpel.
Traben findet etwa bei 60 Prozent des Maximalpulses statt. Ein Dauerlauf liegt schon bei 70, intensivere Einheiten bei 80, 85 Prozent. Intervalle liegen (kurzzeitig) noch höher. Und wer nach dem Zielsprint geschafft am Boden liegt, war manchmal auch an den 100 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Dann hat man alles gegeben, wird aber meist rasch wieder aus eigener Kraft auf die Beine kommen: Weil sich der Pulsschlag eines gut trainierten, (und das ist wichtig:) gesunden Menschen rasch wieder beruhigt.
Testen ist besser, als den Maximalpuls zu berechnen
Wobei wir jetzt noch immer nicht wissen, für welche Werte diese 60, 80 oder 100 Prozent stehen - und wie man sie misst. Viele greifen da immer noch auf Formeln und Faustregeln zurück, um herauszufinden, wo ihre maximale Herzfrequenz liegt. Eine Standard-Formel hat wohl jeder und jede schon gehört: „220 minus Alter – das ist der Maximalpuls“. Davon nimmt man dann 85 Prozent – und hat einen Zielpuls. Ein 40-jähriger hat demnach eine maximale Herzfrequenz von 180. Zielpuls beim Tempodauerlauf: 157.
Eine andere Formel, die „Willi-Spannaus-Formel“, rechnet ähnlich, unterscheidet aber zwischen Männern und Frauen: Während Frauen via „226 minus Lebensalter“ zum Maximalpuls finden, heißt es bei Männern „223 minus 90 Prozent des Lebensalters“. Hier hätte der 40-jährige einen Maximalpuls von 187, eine Frau von 186 – beim „Zielpuls“ (85 %) kommt man zu 159 (Männer), respektive 158 (Frauen) Schlägen: Fast gleich. Wer sucht, findet noch andere Formeln. Alle sind ähnlich – und liefern ähnliche Ergebnisse.
Das klingt sehr simpel. Fast zu einfach. Das ist es auch. Ermittelt man medizinisch korrekt, sind die statistischen Unterschiede zwischen Männer und Frauen hier zwar gering, aber doch andersrum verteilt: Männer haben meist einen etwas niedrigeren Maximalpuls. Aber: Gelten diese Formeln für trainierte wie untrainierte Personen? Noch wichtiger, sagt die Forschung, sind aber persönliche Disposition, Gesundheits- und Trainingshistorie, Körpergewicht und 1000 individuelle Faktoren. Abgesehen davon: Wer schafft es, so einen Wert präzise anzufahren - und zu halten? Und weil wir von „Bereichen“ sprechen: Wie breit ist der „Zielbereich“: fünf, sieben oder zehn Schläge pro Minute? Hinauf genauso wie hinunter? Und – wieder – für alle gleich?
Dennoch: Als Annäherungswert, um sich zu orientieren, sind diese Formeln okay - solange man die Ergebnisse nicht als in Stein gemeißelt ansieht und immer bedenkt: Medizinisch korrekt, über einen leistungsdiagnostischen Test ermittelt, können die maximalen Herzfrequenzen von zwei Personen gleichen Alters, Geschlechts, Gewichts und Trainingszustandes 30 Schläge und mehr pro Minute auseinander liegen.
Deshalb ist es besser, die individuelle maximale Herzfrequenz am eigenen Körper zu messen. Die eine Methode der Wahl ist ein von Sportmedizinerinnen oder -medizinern durchgeführte leistungsdiagnostische Test inklusive Laktatmessung. Egal ob auf dem Laufband, dem Ergometer oder der Laufbahn: Mit diesen Ergebnissen lässt sich ein auf Herzfrequenzzonen basierender Trainingsplan erstellen. Auch für Menschen, bei denen die Formeln oder Selbsttests irreführend oder gesundheitsgefährdend sein könnten: Einsteiger:innen oder Personen mit Vorerkrankungen etwa. Oder Menschen mit starkem Übergewichtig. Der Nachteil: das kostet Geld. Die Alternative: Ein Selbsttest beim Laufen. Und wie der funktioniert, liest du hier.