Dubai-Marathon: 30.000 Läufer und Paula Radcliffe

Dubai-Marathon: 30.000 Läufer und Paula Radcliffe

| Text: Jörg Wenig | Foto: Colombo/Standard Chartered Dubai Marathon
Beim Dubai-Marathon laufen 30.000 in der Wüste. Darunter zahlreiche Weltklasse-Athleten. Und als Ehrengast ist Weltrekordlerin Paula Radcliffe dabei.

In einer Region, in der noch vor 20 Jahren niemand geglaubt hätte, dass sich dort der Laufsport etablieren könnte, hat der Standard Chartered Dubai-Marathon Barrieren durchbrochen und Maßstäbe gesetzt. Mit rund 1800 Athleten, darunter knapp 250 Marathonläufern, begann die Geschichte in dem Wüsten-Emirat im Jahr 2000. Am Freitag werden bei der 19. Auflage des Rennens insgesamt gut 30.000 Läufer am Start sein. Das Gros von ihnen rennt die 10-km-Distanz, rund 3.000 werden am frühen Morgen bei voraussichtlich angenehmen Temperaturen über die 42,195 km starten. Unter den Marathonläufern sind etliche Weltklasseathleten, darunter die beiden äthiopischen Vorjahressieger Tamirat Tola und Worknesh Degefa sowie die dreimalige Dubai-Siegerin Meselech Mergia (Äthiopien). Unser Foto zeigt die britische Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe, die als Ehrengast in Dubai ist, im Kreise dreier Favoriten: Tamirat Tola, Mare Dibaba und Aselefech Mergia.

„Wir sind sehr froh über die Entwicklung, die das Rennen gemacht hat“, sagte der Veranstaltungs-Koordinator Ahmed Al Kamali. „Und natürlich träumen wir von noch schnelleren Zeiten.“ Mit viel europäischem Know-how hat der irische Renndirektor Peter Connerton den Marathon in den Vereinigten Arabischen Emiraten entwickelt. Entscheidende Positionen in der Organisationsstruktur sind in erster Linie mit Briten besetzt. Teile des Veranstalterteams werden jedes Jahr aus Europa eingeflogen. Bei der Umsetzung können die Organisatoren auf regionale Geldgeber aber auch auf internationale Sponsoren bauen. So ist zum Beispiel das britische Bankunternehmen Standard Chartered bereits seit 14 Jahren Titelsponsor des größten Laufsport-Events im Mittleren Osten. 

Besonders in den letzten zehn Jahren hat sich der Marathon in Dubai auch spitzensportlich enorm entwickelt. Der Lauf zählt längst zu den schnellsten Rennen der Welt und gehört zu den „Gold Label“-Veranstaltungen, der höchsten Kategorie des internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF. Die Streckenrekorde sind jeweils Weltklasse: Tamirat Tola steigerte die Bestzeit bei seinem Sieg vor einem Jahr auf 2:04:11 Stunden, Meselech Mergia siegte 2012 mit 2:19:31. 

Wenn die Veranstalter in Dubai von „noch schnelleren Zeiten“ träumen, dann meinen sie in erster Linie den Weltrekord bei den Männern. Doch bisher scheiterten alle Versuche, die jeweilige Marke zu brechen, obwohl die Strecke extrem flach und schnell ist. Drei Weltrekordversuche startete Haile Gebrselassie von 2008 bis 2010. Der Äthiopier gewann jeweils, verpasste aber die Bestzeit aus unterschiedlichen Gründen. Beim ersten Versuch lief er zu schnell los, beim zweiten behinderte ihn ein Unwetter und beim dritten Dubai-Rennen war er nicht in Topform. Sein äthiopischer Nachfolger Kenenisa Bekele startete zwei Weltrekordversuche in Dubai, kam aber jeweils nicht ins Ziel.

Am Freitag fehlen im Männerrennen die ganz großen Stars auf der Startliste. Und Peter Connerton hält sich deswegen auch zurück und nimmt das Wort Weltrekord nicht in den Mund. Trotzdem ist auf der schnellen Strecke einiges möglich, sofern die Wetterbedingungen stimmen. „Ich bin besser in Form als vor einem Jahr und es ist mein Ziel, eine Zeit von unter 2:04 Stunden zu erreichen“, sagte Tamirat Tola bei der Pressekonferenz in Dubai am Mittwoch. Der 26-Jährige ist mit seiner Bestzeit aus Dubai (2:04:11 Stunden) der zehntschnellste Läufer aller Zeiten. 

Trotz eines Problems an der Achillessehne wurde Tamirat Tola im vergangenen August bei den Weltmeisterschaften in London Zweiter im Marathon. „Danach hat er zwei Monate lang pausiert und hat auf alle im Herbst geplanten Rennen verzichtet“, erzählt sein italienischer Manager Gianni Demadonna. „Tamirat hat im Oktober wieder angefangen zu trainieren und kam seitdem immer besser in Form. Er ist jetzt sicher stärker als vor einem Jahr und will die erste Hälfte am Freitag in etwa 61:30 Minuten laufen.“ Mit einer solchen Zwischenzeit wäre Tola natürlich im Bereich des Weltrekordes, den der Kenianer Dennis Kimetto mit 2:02:57 Stunden vor vier Jahren in Berlin aufgestellt hat. „Im Kopf hat er die Zeit sicherlich, aber ob es dann wirklich in diesen Zeitbereich gehen kann, hängt auch vom Wetter ab“, sagt Gianni Demadonna. „Tamirat wollte unbedingt wieder in Dubai laufen.“ 

Während Tamirat Tola ebenso wie seine Landsfrau Worknesh Degefa die Titelverteidigung anstrebt, will Aselefech Mergia ihrerseits eine außergewöhnliche Siegserie fortsetzen. Die Äthiopierin ist bisher dreimal in Dubai gestartet und hat alle drei Rennen gewonnen. „Der schönste meiner Dubai-Siege war der im Jahr 2015, denn damals war es meine Rückkehr nachdem ich Mutter geworden bin“, sagt Aselefech Mergia, die 2011 erstmals in Dubai gewann und dann 2012 mit 2:19:31 den Streckenrekord und ihre persönliche Bestzeit aufstellte. „Ich bin gut in Form und will gewinnen, aber die Konkurrenz ist sehr stark.“ 

Neben der Titelverteidigerin Worknesh Degefa, die im vergangenen Jahr bei ihrem Debüt auf Anhieb mit 2:22:36 Stunden gewann, ist vor allen ihre äthiopische Landsfrau Mare Dibaba zu beachten. Die Marathon-Weltmeisterin von 2015 war ein Jahr später Dritte bei den Olympischen Spielen und hat eine Bestzeit von 2:19:52.