World Marathon Majors
Eliud Kipchoge und Brigid Kosgei gewinnen in Tokio mit Top-Zeiten
Eliud Kipchoge hat den Tokio-Marathon in 2:02:40 Stunden gewonnen. Bei den Frauen siegte Brigid Kosgei in 2:16:02. In der Addition der beiden Zeiten ist Tokio jetzt der schnellste Marathon weltweit.
Eliud Kipchoge hat den Tokio-Marathon in der viertschnellsten je gelaufenen Zeit gewonnen. Der 37-jährige Kenianer triumphierte bei dem Rennen in 2:02:40 Stunden. Der Olympiasieger und Weltrekordler, der in Berlin 2019 die globale Bestmarke von 2:01:39 Stunden gelaufen war, verbesserte damit den bisherigen Streckenrekord seines Landsmannes Wilson Kipsang (2:03:58) um deutlich über eine Minute. Hinter dem zweifachen Marathon-Olympiasieger, der 2016 in Rio sowie 2021 in Sapporo Gold gewann, steigerte sich sein zweitplatzierter Landsmann Amos Kipruto auf 2:03:13. Dritter wurde der Äthiopier Tamirat Tola mit 2:04:14.
Auch bei den Frauen setzte sich in Tokio die Weltrekordlerin am Ende klar durch: Brigid Kosgei, die bei Olympia in Sapporo Platz zwei belegt hatte, gewann in 2:16:02 Stunden. Dies ist die drittschnellste je gelaufene Zeit und ebenfalls ein Streckenrekord. Nur die Kenianerin selbst sowie die langjährige Weltrekordlerin Paula Radcliffe waren mit 2:14:04 beziehungsweise 2:15:25 jemals schneller. Den bisherigen Streckenrekord des Tokio-Marathons hielt Lonah Salpeter (Israel) mit 2:17:45. Auf den Plätzen zwei und drei liefen hinter Brigid Kosgei zwei Äthiopierinnen ebenfalls Weltklassezeiten. Zweite wurde Ashete Bekere mit 2:17:58, Rang drei belegte Gotytom Gebreslase, die im vergangenen September überraschend den Berlin-Marathon gewonnen hatte, mit 2:18:18.
Die beiden Siegzeiten sind jeweils auch Jahresweltbestzeiten. Zusammengerechnet ergeben die beiden Zeiten 4:18:42 Stunden. Damit war der Tokio-Marathon in dieser Hinsicht das schnellste Rennen aller Zeiten. An Position zwei steht der Chicago-Marathon 2019 (4:19:49), Dritter ist Berlin 2018 (4:19:50). Am Sonntag erreichten in Tokio 18.265 Läufer das Ziel. Aufgrund der Corona-Pandemie war das Feld deutlich kleiner als in früheren Jahren. Mit Ausnahme der Eliteathleten waren Läufer aus dem Ausland in Tokio nicht zugelassen. Kurioserweise war dies für die Veranstalter übrigens der „Tokio-Marathon 2021“. Der Tokio-Marathon 2022 wurde offiziell abgesagt, nachdem das Rennen 2021 nicht stattfinden konnte und auf 2022 verschoben wurde.
Eliud Kipchoge: „Lasst uns sprechen, nicht kämpfen“
„Heute bin ich sehr glücklich. Nach meinem zweiten Olympia-Gold in Japan im vergangenen Sommer bin ich nach Tokio zurückgekehrt, um ein starkes Rennen zu laufen. Und das ist was ich mit einem ,starken Rennen’ meinte: Ein Sieg in 2:02 Stunden und einen Streckenrekord“, sagte Eliud Kipchoge, der bezogen auf den Krieg in der Ukraine erklärte: „Ich möchte, dass diese Welt vereint ist. Wenn es Meinungsunterschiede gibt, möchte ich, dass wir uns treffen und sprechen und nicht kämpfen. Mit meinem Sieg heute möchte ich ein positives Signal in dieser Welt setzen.“
Einige Elite-Athleten wurden von den Veranstaltern im Rahmen einer Pressekonferenz im Vorfeld gebeten, eine Karte („—:—:—“) mit ihrer erwarteten Zielzeit auszufüllen. Eliud Kipchoge wählte keine Ziffern für eine Zeit sondern Buchstaben: „ST:RO:NG“ schrieb er auf die Karte. Stark war einmal mehr sein Rennen, das zeigte, dass er nach wie vor die unangefochtene Nummer eins im weltweiten Marathon ist. Es spricht viel dafür, dass er sein aktuelles Ziel erreichen kann und als erster Läufer alle sechs Rennen gewinnen kann, die zur World Marathon Majors-Serie gehören. Neben Tokio siegte er bereits in Berlin, London und Chicago. Es fehlen jetzt noch New York und Boston.
Nach einem sehr schnellen Beginn lag das Tempo bei 10 km mit 28:37 Minuten sogar auf Kurs für eine Weltrekordzeit von rund 2:00:45. Doch in der Folge wurde das Tempo etwas ruhiger, blieb allerdings immer noch superschnell. Die Halbmarathonmarke wurde nach 61:03 Minuten passiert. Nach dem Ausstieg des letzten Tempomachers erreichte Eliud Kipchoge die 30-km-Marke in 1:26:51 Stunden. Überraschend war zu diesem Zeitpunkt sein Landsmann Amos Kipruto noch dabei, während auf dem 5-km-Abschnitt zuvor der Äthiopier Tamirat Tola und Jonathan Korir (Kenia) zurückgefallen waren.
Angesichts des einmaligen Potenzials von Eliud Kipchoge schien zu diesem Zeitpunkt der Weltrekord immer noch nicht ganz außer Reichweite. Rund 30 Sekunden hätte er auf den letzten zwölf Kilometern aufholen müssen. Doch zu einer solchen Jagd kam es in Tokio dann doch nicht. Die 35-km-Zwischenzeit von 1:41:30 deutete dann auf 2:02:23 Stunden, so dass der Weltrekord nun selbst für Eliud Kipchoge nicht mehr zu erreichen war. Während Amos Kipruto, der mit einer Bestzeit von 2:03:30 ins Rennen gegangen war, bei 35 km immer noch mit dem Superstar Schritt hielt, fiel er dann in der letzten Phase doch zurück. Eliud Kipchoge triumphierte schließlich in 2:02:40 noch deutlich vor seinem Landsmann, der mit 2:03:13 eine persönliche Bestzeit erreichte. Zweieinhalb Jahre nach seinem Triumph in Wien, wo er unter nicht rekord-konformen Bedingungen mit 1:59:40,2 die Zwei-Stunden-Barriere durchbrach, zeigt Eliud Kipchoge, dass er auch weiterhin superschnelle Zeiten laufen kann.
Beeindruckend war auch die Breite in der erweiterten Spitze beim Tokio-Marathon: Zehn Läufer rannten unter 2:08 Stunden, insgesamt 27 erzielten Zeiten von unter 2:10.
Gleichmäßiges Rennen von Brigid Kosgei
Gleichmäßiger lief Brigid Kosgei zu ihrem ersten Tokio-Sieg. Die 28-Jährige, die ihren Weltrekord von 2:14:04 Stunden 2019 in Chicago aufgestellt hatte, passierte in der Spitzengruppe die 10-km-Marke nach 32:14 und erreichte dann den Halbmarathon-Punkt in 68:06. Nach 25 km waren trotz des sehr hohen Tempos - die Zwischenzeit von 1:20:48 Stunden deutete auf eine Zielzeit von 2:16:15 - immer noch vier Läuferinnen hinter Brigid Kosgei: die Äthiopierinnen Ashete Bekere, Hiwot Gebrekidan und Gotytom Gebreslase sowie die Kenianerin Angela Tanui. Doch nach und nach konnte eine nach der anderen nicht mehr Schritt halten mit der Weltrekordlerin. Bei Kilometer 30 (1:36:59) liefen nur noch Bekere und Gebreslase hinter Kosgei. Bei 35 km war es dann nur noch Gebreslase, die jedoch bald darauf noch deutlich an Boden verlor und auf Rang drei zurückfiel.
Am Ende hatte Brigid Kosgei mit 2:16:02 Stunden einen großen Vorsprung auf Ashete Bekere, die nach 2:17:58 ins Ziel lief. Die Äthiopierin lief eine persönliche Bestzeit und wurde in Tokio zur elftschnellsten Läuferin aller Zeiten. Für Brigid Kosgei war es der erste Marathon-Sieg seit dem London-Marathon 2020 im Oktober.