EM-Halbmarathon
Bronze für Amanal Petros, zwei Medaillen für die deutschen Teams
Mit drei deutschen Medaillen geriet der EM-Halbmarathon von Rom zu einem Fest für die deutschen Asse: Amanal Petros und das Männerteam holten Bronze, die Frauenmannschaft gewann Silber. Die Bilder!
Amanal Petros hat seine erste große Medaille gewonnen: Der 29-jährige deutsche Serien-Rekordler lief im Halbmarathon bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Rom auf den dritten Platz. Der Italiener Yemaneberhan Crippa siegte mit einem Meisterschaftsrekord von 61:03 Minuten vor seinem Landsmann Pietro Riva, der nach 61:04 im Ziel war. Amanal Petros (SCC Berlin) lief bei warmem Wetter 61:07 und führte damit auch das deutsche Team zur Bronzemedaille. Gut 300 Meter vor dem Ziel hatte er dabei großes Pech, weil er im Kampf um die Goldmedaille auf die Innenbegrenzung der Bahn getreten war, umknickte, strauchelte und dadurch die entscheidenden Meter auf Crippa verlor.
Eine überraschend starke Leistung zeigte Samuel Fitwi (Silvesterlauf Trier), der als Fünfter hinter Maru Teferi (Israel/61:10) sogar eine persönliche Bestzeit von 61:17 erreichte. Drittbester deutscher Läufer war Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg) auf Rang 22 in 63:09. Auf Platz 28 lief Richard Ringer (LC Rehlingen/63:53), Rang 31 belegte Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg) und als 34. lief Hendrik Pfeiffer (TK Hannover/64:32) ins Ziel. Alle sechs wurden mit der Silbermedaille in der Teamwertung ausgezeichnet, in die die drei schnellsten Zeiten einflossen.
Esther Pfeiffer sichert bei erstem großen Auftritt EM-Silber fürs Frauenteam
Bei den Frauen war es nur zwei Tage nach ihrer Silbermedaille über 5.000 m überraschend Karoline Grovdal (Norwegen), die in der Hitze dominierte und den erst zum zweiten Mal nach 2016 bei einer EM veranstalteten Halbmarathon gewann. Sie lief einen Meisterschafts-Rekord von 68:09 Minuten und siegte klar vor der aus Kenia stammenden Rumänin Joan Melly, die nach 68:55 im Ziel war. Dritte wurde die Britin Calli Hauger-Thackery mit 68:58. Als Fünfte lief Melat Kejeta (Laufteam Kassel) mit 69:42 ein gutes Rennen.
Sehr gut hielt sich Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) auf Rang elf in 70:49. Drittbeste deutsche Läuferin war Esther Pfeiffer (Hannover 96), die nach 71:28 als 18. im Ziel war und damit sicherstellte, dass das deutsche Team die Silbermedaille gewann. Fabienne Königstein (MTG Mannheim/71:34) folgte auf Rang 20, Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt/72:48) lief auf Platz 37. Auch die beiden erhielten Silber für die Mannschaftsleistung.
So lief das Rennen der Männer, in dem Deutschland Teambronze holte
Bei Temperaturen im Bereich von 23 bis 25 Grad Celsius liefen die Männer während des ersten Teils ein verhaltenes Tempo. Die 10-km-Zwischenzeit von 29:10 Minuten deutete auf eine Endzeit von rund 61:30 hin. Überraschend hatte zu diesem Zeitpunkt der Marathon-Europameister von München 2022, Richard Ringer (LC Rehlingen), bereits einen deutlichen Rückstand von rund 50 Sekunden auf die Spitze. Während er einen schlechten Tag hatte, liefen mit Amanal Petros, Samuel Fitwi und Filimon Abraham aber drei deutsche Läufer in der noch großen Spitzengruppe.
In der Folge wurde das Tempo schneller und bei Kilometer 16 waren nur noch jene fünf Athleten in der Spitzengruppe, die am Ende auch die ersten fünf Plätze belegten: Crippa, Riba, Petros, Fitwi und Teferi. Zeitweise sah es so aus als ob Riba und Teferi den Anschluss verlieren würden, doch sie holten den kleinen Rückstand wieder auf. Mit dem Olympiastadion, wo sich das Ziel befand, in Sichtweite setzte sich dann auf dem letzten Kilometer Yemaneberhan Crippa, der vor zwei Jahren in München den EM-Titel über 10.000 m gewonnen hatte, an die Spitze während Samuel Fitwi etwas zurückfiel. Nur Amanal Petros konnte mithalten und lief unmittelbar hinter Crippa ins Stadion. Doch kurz darauf trat er ausgangs der ersten Kurve mit dem linken Fuß in den Bereich außerhalb der Bahn und mit dem rechten auf die Begrenzung. Das Umknicken warf ihn buchstäblich aus der Bahn und die Chance auf die Goldmedaille war dahin. Amanal Petros war nicht mehr in Lage voll zu spurten, so dass ihn der am Ende noch einmal stark aufkommende Pietro Riva überholte. Die Italiener sicherten sich auch in der Team-Wertung den Sieg vor Israel und Deutschland.
„Ich wollte nach meinem 10.000-m-Sieg von München unbedingt hier wieder gewinnen, aber das war nicht leicht. Ich fühlte mich nicht in Topform und war mir auch nicht sicher, als ich das Stadion erreichte. Ich habe einfach versucht, meine Führung zu verteidigen“, sagte Yemaneberhan Crippa, der in 61:03 gewann. Bei den Olympischen Spielen wird der Italiener die Marathondistanz laufen.
„Die Fahne um die Schultern zu haben, bedeutet mir natürlich sehr viel. Ich bin sehr froh. Ich habe den dritten Platz gesichert und auch die Mannschaft war ziemlich gut. Es ist eine internationale Meisterschaft und es kann alles passieren. Klar, kein Gold – aber Bronze ist auch okay. Ich spüre die Schmerzen vom Umknicken ein bisschen“, sagte Amanal Petros. Ebenso wie für Samuel Fitwi und Richard Ringer war der EM-Halbmarathon nur ein Zwischenschritt. Priorität hat für die drei die Vorbereitung auf den Olympia-Marathon in Paris, der fast auf den Tag genau zwei Monate nach dem Rennen in Rom stattfindet.
Samuel Fitwi mit starker Leistung auf Rang fünf
„Mein Ergebnis war richtig gut, mit dem fünften Platz bin ich sehr zufrieden. Ich freue mich, mit dem Team die Bronzemedaille gewonnen zu haben“, sagte Samuel Fitwi während Filimon Abraham erklärte: „Ich habe während der letzten drei Wochen Zahnschmerzen gehabt. Deshalb musste ich viele Schmerzmittel nehmen, was Magenprobleme ausgelöst hat. Ich habe gekämpft, aber hinten raus war es sehr hart, auch mit der Hitze.“
„Ich habe am Anfang gemerkt, dass es für mich zu warm ist, die Beine waren schwer. Ich bin heute praktisch ausgefallen. Jetzt geht es darum, dass ich mich vor Paris noch mit der Hitze auseinandersetze. Ich bin stolz, dass die Jungs Bronze gesichert haben und Amanal auch, obwohl ich für die Mannschaftswertung rausgefallen bin“, sagte Richard Ringer. Auch Simon Boch hatte mit der Hitze zu kämpfen: „Für mich war es ein hartes Rennen. Wenn es über 20 Grad sind, tue ich mich einfach schwer“, sagte der Regensburger. „Eine Medaille ist immer etwas sehr Besonderes bei internationalen Meisterschaften. Ich glaube, wir können stolz darauf sein, was wir mit der Mannschaft geschafft haben“, erklärte Hendrik Pfeiffer.
Zwei Tage nach 5000-Meter-Silber: So lief Karoline Grovdal zu Gold
Auch das Rennen der Frauen, das nahe des Kolosseums eine halbe Stunde nach den Männern gestartet wurde, begann zunächst verhalten. Das Tempo bewegte sich im Bereich einer hochgerechneten Zielzeit von etwas über 70:00 Minuten. Doch deutlich eher als im Männerrennen wurde es schneller. Und als die Spitzengruppe die 10-km-Marke nach 32:52 Minuten passierte (dies ist ungefähr 69:20-Tempo) waren nur noch sechs Läuferinnen vorne dabei: Die beiden aus Kenia stammenden Rumäninnen Joan Melly und Delvine Meringor, Calli Hauger-Thackery, Melat Kejeta, Karoline Grovdal und Helen Bekele (Schweiz).
Helen Bekele verlor bald darauf den Kontakt und kurz vor Kilometer 15 konnte auch Melat Kejeta nicht mehr Schritt halten. Joan Melly drückte an der Spitze auf das Tempo und lediglich Karoline Grovdal blieb noch dran. Die Norwegerin konnte dann ihrerseits kurz vor Kilometer 19 die Spitze übernehmen und ließ die einbrechende Joan Melly schnell deutlich hinter sich.
In 68:09 Minuten lief Karoline Grovdal schließlich im Olympiastadion zum größten Sieg ihrer Karriere. Die 33-Jährige, die zuletzt auch dreimal in Folge bei der Crosslauf-EM gewonnen hatte, hatte einen sehr deutlichen Vorsprung auf Joan Melly (68:55), die den zweiten Platz noch knapp vor Calli Hauger-Thackery ins Ziel rettete. „Mein Fokus lag eigentlich auf den 5.000 Metern, da wollte ich Gold gewinnen. Der Halbmarathon war für mich eher so etwas wie eine zweite Chance, aber ich habe mich sehr gut gefühlt während des Rennens“, sagte Karoline Grovdal, die bisher noch keinen Marathon gelaufen ist.
Melat Kejeta zufrieden mit Team-Silber und Platz fünf im Einzel
Vier Jahre nach ihrem sensationellen zweiten Platz bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften reichte es für Melat Kejeta dieses Mal nicht für eine Medaille. „Am Ende war es sehr warm und es hat heute nicht gereicht für eine Medaille. Aber es war trotzdem ein guter Lauf für mich. Mit dem fünften Platz bin ich sehr zufrieden“, sagte Melat Kejeta, die das deutsche Team auf Rang zwei hinter Großbritannien und vor Spanien führte.
Ein weiteres sehr gutes Rennen zeigte Domenika Mayer. Nachdem sie nach 10 km noch auf Rang 23 gelegen hatte, lief sie bis auf Platz elf nach vorne. „Ich bin ein konstantes Tempo gerannt und habe viele Läuferinnen eingesammelt. Es war schön zu merken, dass die Mädels, die ich überholt habe, nicht mitlaufen konnten. Ich bin ein bisschen traurig darüber, dass ich das Tempo am Anfang nicht mitgehen konnte, denn die sind auch nicht mehr so viel weiter weggelaufen. Ich bin aber zufrieden“, sagte Domenika Mayer. Für sie steht ebenso wie für Melat Kejeta die Vorbereitung auf den Olympia-Marathon im Mittelpunkt.
Bei ihrer ersten großen internationalen Meisterschaft hielt sich Esther Pfeiffer (Hannover 96) gut als drittbeste deutsche Läuferin auf Rang 18. „Trotz der Hitze war es ein richtig gutes Rennen für mich. Ich hatte das Glück, dass ich lange hinter Domenika laufen konnte und mich dann hinter eine belgische Athletin hängen konnte. Ich musste nicht einmal Führungsarbeit leisten“, sagte Esther Pfeiffer.
Fabienne Königstein und Katharina Steinruck litten stärker unter der Hitze. „Die ersten zehn Kilometer habe ich versucht, strategisch gut ins Rennen zu finden und nicht zu schnell zu laufen. Ich habe mich auch gut gefühlt. Ab Kilometer 15 wurde es dann richtig hart“, sagte Fabienne Königstein nach ihrem 20. Platz. Katharina Steinruck erreichte als 37. das Ziel und sagte: „Ich habe nach wie vor bei solchem Wetter Probleme. Ich freue mich aber riesig für das Team.“
Noch mehr Bilder vom EM-Halbmarathon in der Ewigen Stadt
- © Norbert Wilhelmi, imago images (Beautiful Sports, Eibner, von der Laage, LaPresse)