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Olympia in Paris
Ersatzläufer Tamirat Tola triumphiert – deutsches Marathon-Duo unter Top-15

| Text: Anja Herrlitz | Fotos: Imago Images

Der Äthiopier Tamirat Tola hat den Olympia-Marathon der Männer für sich entschieden. Richard Ringer und Samuel Fitwi liefen unter die Top-15, während Amanal Petros und Eliud Kipchoge aufgaben.

Es war das erwartet harte Rennen bei den Olympischen Spielen im Marathon. Auf den 42,195 Kilometer von Paris nach Versailles und zurück mussten 438 Meter bergauf und 436 Meter bergab bewältigt werden. Die maximale Steigung betrug 13,5 Prozent, bergab waren es maximal 13,4 Prozent.

Doch Richard Ringer ließ sich davon nicht beirren. Der Rehlinger Europameister von 2022 teilte sich das Rennen hervorragend ein und lief in 2:09:18 Stunden auf einen starken 12. Platz. Auch Samuel Fitwi (Silvesterlauf Trier) blieb als 15. in 2:09:50 Stunden noch unter 2:10 Stunden. Amanal Petros (SCC Berlin) musste das Rennen von einer Virus-Erkrankung in den letzten Wochen geschwächt vorzeitig aufgeben.

Auch der Kenianer Eliud Kipchoge, der davon geträumt hatte, als erster Läufer der Geschichte zum dritten Mal einen Olympia-Marathon zu gewinnen, kam nicht ins Ziel. An der Spitze des Feldes nutzte dafür einer seine Chance: Tamirat Tola war ursprünglich nur als Ersatzmann nominiert und sprang kurzfristig für den verletzten Mitfavoriten Sisay Lemma ein. Der Äthiopier, Marathon-Weltmeister von 2022, gewann in 2:06:26 Stunden vor dem Belgier Bashir Abdi (2:06:47 h) und dem Kenianer Benson Kipruto (2:07:00 h).

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Wie das Rennen lief

Eliud Kipchoge, der den olympischen Marathon 2016 in Rio und 2021 in Sapporo/Tokio gewonnen hatte, hielt sich zu Beginn stets in der Spitzengruppe auf. Als erster Läufer der Geschichte wollte er drei Olympiasiege über die 42,195 Kilometer schaffen. Neben ihm hatten bereits der Äthiopier Abebe Bikila 1960 und 1964 sowie Waldemar Cierpinski 1980 und 1984 für die DDR zweimal Olympiagold im Marathon gewonnen.

Nach etwa 10 Kilometern setzte sich der Italiener Eyob Faniel vom Läuferfeld ab, gleichzeitig zog sich das Feld etwas auseinander und die ersten Läufer verloren den Anschluss. Als es auf den Kilometern vor der 20-Kilometer-Marke zum ersten von zwei Anstiegen bergauf ging, fielen immer mehr Läufer zurück. Das deutsche Trio hielt sich zu diesem Zeitpunkt weiterhin gut im Feld.

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Samuel Fitwi bleibt vorne dran

Bei etwa 18 Kilometern löste sich eine Gruppe aus der Verfolgergruppe, der nur Samuel Fitwi aus dem deutschen Trio folgen konnte. Eliud Kipchoge fiel hier bereits zurück. Kurz darauf war der bis dahin Führende Eyob Faniel eingeholt. Immer wieder gab es danach Vorstöße, die aber gekontert wurden, so dass bei Kilometer 25 noch 15 Läufer zusammen an der Spitze waren, zu denen auch Samuel Fitwi gehörte. Richard Ringer folgte als 18. mit 36 Sekunden Rückstand auf die Spitze.

Die Vorentscheidung fiel dann auf dem zweiten steilen Anstieg vor Kilometer 30. Tamirat Tola setzte sich ab und hatte bei Kilometer 30 elf Sekunden Vorsprung auf seine nächsten Verfolger herausgelaufen. Samuel Fitwi war hier 40 Sekunden zurückgefallen. Richard Ringer folgte nach 1:23 Minuten, Amanal Petros hatte bereits 5:25 Minuten Rückstand, Eliud Kipchoge 8:26.

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Ein Trio kämpft um Silber und Bronze

„Ich bin lange vorne mitgelaufen, denn mein Ziel war ein Platz unter den Top 8“, sagte Samuel Fitwi später. „Aber als es zwischen Kilometer 29 und 30 bergauf ging, musste ich abreißen lassen.“ Während Tamirat Tola allein an der Spitze lief, formierte sich dahinter mit dem Belgier Bashir Abdi, dem Äthiopier Deresa Geleta und dem Kenianer Benson Kipruto ein Trio, das um die beiden weiteren Medaillen kämpfte. Kurz vor der 40-Kilometer-Marke war es dann Bashir Abdi, der noch einmal das Tempo verschärfte, Deresa Geleta fiel hier zurück.

Letztlich lief Tamirat Tola, der im vergangenen Jahr den New York-Marathon gewonnen hatte und dieses Jahr noch keinen Marathon gelaufen war, unter dem Jubel der Zuschauer nach 2:06:26 Stunden ins Ziel auf der Esplanade des Invalides. Auf der so anspruchsvollen Strecke stellte der 32-Jährige einen neuen olympischen Rekord auf. Die vorherige Bestmarke hatte seit den Spielen 2008 in Peking der Kenianer Samuel Wanjiru in 2:06:32 Stunden gehalten. Silber gewann Bashir Abdi in 2:06:47 Stunden vor Benson Kipruto (2:07:00 h). „Das ist das Größte was ich in meinem Leben erreicht habe. Es war mein Ziel, zu gewinnen - ich hatte mich gut vorbereitet“, sagte Tamirat Tola.

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Richard Ringer erreicht sein selbstgestecktes Ziel

Richard Ringer machte auf den letzten Kilometern noch Platz für Platz gut und war mit seinem zwölften Rang in 2:09:18 Stunden als drittbester Europäer sehr zufrieden. „Ich habe mit Platz zwölf das Ziel erreicht, das ich mir vorgestellt hatte. Von mir aus hätte es noch ein wenig länger sein können, dann hätte ich vielleicht noch mein Traumziel Platz acht erreicht“, sagte der 35-Jährige nach dem Rennen. Mit der 43.-besten Zeit ins Rennen gegangen, schaffte er nun fast den Sprung unter die Top-10.

„Ich habe mich gefreut, dass die ersten 15 Kilometer langsamer waren, danach kam mein Lieblingsteil mit den Steigungen“, erzählte er später. „Wenn die Temperaturen noch höher gewesen wären, hätte ich vielleicht noch weiter vor laufen können.“ Überrascht zeigte er sich vom Tempo, das die Läufer zeigten. „Ich habe gedacht, dass das Rennen langsamer wird und dass man mit 2:10 Stunden in Richtung der Medaillen läuft.“

Begeistert war er von der Stimmung. Fast überall waren zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer an die Strecke gekommen, um alle Läufer anzufeuern. „Es war so voll und laut, dass ich selbst meine Freunde und Familie kaum gehört habe. Die Leute hier sind auf jeden Fall ein super Publikum und feuern alle klasse an. Und die Europäer vielleicht noch einmal ein wenig mehr.“

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Samuel Fitwi stark in erst viertem Marathon

Auch Samuel Fitwi erreichte glücklich das Ziel. „Das hier ist keine flache Strecke wie in Berlin oder Valencia. Und das hier ist ein Meisterschaftsrennen, das ist etwas ganz anderes“, sagte er. „Für mich war das heute erst mein vierter Marathon und meine ersten Olympischen Spiele. Ich bin sehr zufrieden, auch wenn ich gerne vielleicht noch ein wenig mehr erreicht hätte.“ Zwei Busse mit Fans waren aus seiner Heimat in der Vulkaneifel extra zum Anfeuern angereist und unterstützten ihn an der Strecke. „Hier dann vor dieser einmaligen Kulisse ins Ziel zu laufen, war ein unbeschreibliches Gefühl.“

Während dieses Duo erschöpft, aber glücklich die Wettkampfstätte verließ, hatte Amanal Petros keinen Grund zur Freude. Der von den deutschen Läufern am höchsten eingeschätzte 29-Jährige vom SCC Berlin hatte sich rund drei Wochen vor dem Olympia-Marathon einen Virusinfekt zugezogen. Er war daher früher als geplant aus Kenia nach Deutschland zurückgekehrt, um sich ärztlich untersuchen und behandeln zu lassen.

„Das hat auch geholfen, aber nicht genug“, sagte er nach dem Rennen, das er nach 32 Kilometern aufgab, nachdem er zuvor schon deutlich zurückgefallen war. „Vor meiner Erkrankung war ich in einer sehr, sehr guten Form und wollte in Paris unter die besten Fünf laufen“, sagte er nach dem Rennen. „Ich muss das jetzt akzeptieren und nach vorne schauen. Gerade fühlt sich mein Körper einfach komplett zerstört an.“

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Eliud Kipchoge schafft das Triple nicht

Das gleiche Schicksal wie Amanal Petros traf auch den ehemaligen Weltrekordler Eliud Kipchoge. Nachdem er sich zu Beginn stets auf den vorderen Plätzen aufgehalten hatte, lag er bei Kilometer 20 als 48. schon 56 Sekunden zurück. Bei Kilometer 30 lag er mit 8:26 Minuten Rückstand schon auf einem der letzten Plätze, bevor er das Rennen aufgab. Möglicherweise wird Eliud Kipchoge seine einmalige Karriere beenden. „Ich weiß nicht wie es weitergeht. Ich werde zu Hause meine 21 Jahre lange Karriere, während der ich auf höchstem Niveau gelaufen bin, reflektieren. Ich muss mich weiter entwickeln und mich auch anderweitig einbringen“, sagte Eliud Kipchoge, der erstmals in seiner Karriere in einem Marathonlauf nicht ins Ziel kam. Der Äthiopier Kenenisa Bekele, mit 2:01:41 Stunden immerhin der drittschnellste Marathonläufer aller Zeiten und dreimaliger Olympiasieger über 5000 und 10.000 Meter, erreichte zwar das Ziel, spielte als 39. in 2:12:24 Stunden aber keine Rolle.

Es waren beeindruckende Bilder, die der olympische Marathon den Zuschauerinnen und Zuschauern bot. Nach dem Start am Hôtel de ville de Paris – dem Pariser Rathaus – ging es durch die Pariser Innenstadt, unter anderem vorbei an der Opéra Garnier, am Place Vendôme mit seiner Siegessäule, am Jardin des Tuileries, am Louvre, am Place de la Concorde, am Grand Palais und Palais de Tokyo. Highlights waren auch das Schloss von Versailles und der Eiffelturm, bevor am Ende auf der Esplanade des Invalides das Ziel erreicht wurde. Auch morgens um acht Uhr waren die Strecken schon von vielen Zuschauern gesäumt.

Impressionen vom Olympia-Marathon