R5K-Tour 2024: Von Dresden nach Berlin
Favoriten im Porträt: Tristan Kaufhold will das Laufen zu seiner Zukunft machen
Fünf Kilometer auf Berliner Boden stehen noch zwischen Tristan Kaufhold und der Titelverteidigung in der U20 Kategorie bei der R5K Tour. Hier stellen wir den zweifachen deutschen Rekordhalter vor.
Es ist ein schnelles Rennen. Tristan Kaufhold hat in der letzten Kurve noch zwei seiner Konkurrenten hinter sich gelassen. Auf den letzten 100 Metern dreht sich der 19-jährige überraschend zum Publikum und hebt zweimal die rechte Hand, um das Publikum anzustacheln. Eine kurze Geste. Und dennoch, er wird verstanden. Der Applaus schwillt an, bis der junge Kaderathlet die Ziellinie überquert. In 8:27,99 Minuten ist er die 3000 Meter in Koblenz gelaufen und Deutscher Jugend-Meister 2024 geworden.
Neun Jahre ist der 18-jährige nun schon Mitglied des SSC Hanau-Rodenbach. Seine Erfolgsserie spricht für sich. Im März hat er seinen eigenen deutschen U20-Rekord über zehn Kilometer auf der Straße mit einer beeindruckenden Zeit von 29:41 Minuten gebrochen. Einen Monat später lief er eine persönliche 5000-Meter-Bestzeit in Karlsruhe. In 8:15,09 verpasste er die vom Deutschen Leichtathletik-Verband für einen Start über 3000 Meter bei den U20-Weltmeisterschaften in Lima geforderte Norm nur um etwas mehr als acht Sekunden. Über 1500 Meter hätte es für Peru gereicht, allerdings muss der junge Athlet zwei anderen Deutschen Nachwuchstalenten den Vortritt lassen. Groß geärgert hat er sich darüber nicht: „Für mich ist 2025 das wichtigere Jahr“, erklärt Tristan Kaufhold, der auch im kommenden Jahr in der U20 startberechtigt ist. „Ich hätte die Erfahrung gerne mitgenommen, aber bei der U20-EM 2025 ist die Chance auf eine Medaille größer.“
Der junge Athlet überzeugt sowohl auf Mittelstrecken- als auch auf Langstreckendistanz. „Ich bin mir noch nicht sicher, worauf ich mich fokussieren will. Ich kann mir so vieles vorstellen, vielleicht 5000 Meter oder 10.000 Meter. Vielleicht aber auch längere Strecken in Richtung Marathon. Ich könnte sogar Hindernis ausprobieren.“ Die zehn Kilometer auf der Straße haben es ihm allerdings besonders angetan: „Einfach, weil ich in der Disziplin so eine Dominanz habe“, erklärte der Nachwuchsathlet im Interview.
Als U20-Sieger von Hannover übernimmt Tristan Kaufhold die U20 Gesamtwertung, in der es um eine 1000-Euro-Siegprämie und hohe Trainingslagerzuschüsse geht. Seine Zeit von 14:21 in Paderborn bleibt bisher in allen drei Städten, unter allen Nachwuchstalenten ungeschlagen.
Mit dem Laufen hat er schon früh begonnen. Mit sieben Jahren absolvierte er einen Kilometer beim Volkslauf in Großkrotzenburg. Drei Jahre später belegt er beim City-Lauf schon den ersten Platz über 1000 Meter. Dieser Sieg ermöglichte dem jungen Talent ein Jahr gebührenfreies Training beim SSC Hanau-Rodenbach. „Am Anfang bestand das Training aus einem Mix aus Spielen und Laufen“, erinnert sich der 18-jährige. Erst als Tristan Kaufhold in die Trainingsgruppe von Mohamed Gassem wechselte, begann er das Laufen ernst zu nehmen. „Von ihm wurden wir teilweise sehr hart rangenommen", erzählt der Kaderathlet „das war aber auch wichtig." Seit dem Gruppenwechsel trainiert er mit Vanessa Mikitenko, der Tochter von Marathonlegende Irina Mikitenko und Gesamtführenden in der weiblichen U20 Kategorie bei der R5K-Tour. Beide werden zurzeit von Nachwuchsbundestrainer Benjamin Stalf betreut. Der Fokus auf das Laufen hat auch Opfer gefordert. „Bis letztes Jahr habe ich auch Fußball gespielt. Aber meine Zeit ist zu knapp, das Verletzungsrisiko zu hoch.“
Mittlerweile konzentriert sich der Kaderathlet auf eine Sportart. Für seine Laufkarriere ist er schon mit 17 Jahren von zuhause ausgezogen. Jetzt wohnt er im Internat des Landessportbunds Hessen in Frankfurt: „Ich bin sehr froh, nicht mehr zum Training Pendeln zu müssen. Außerdem ermöglicht mir meine neue Schule eine Schulzeitstreckung. Einfach als Entlastung.“ Die zwölfte Klasse absolviert Tristan Kaufhold in zwei Jahren, statt in einem. Kann sich dadurch auch längere Trainingscamps wie das in Potchefstroom, Südafrika leisten. Das Sportinternat ermöglicht es seinen Nachwuchstalenten, Schule und Sport stressfrei unter einen Hut zu bringen.
In so jungem Alter auszuziehen war für den Deutschen Meister einfacher als für den Rest seiner Familie: „Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich zuhause bleibe und auch für meinen kleinen Bruder war es schwer, auf einmal nicht mehr jeden Tag mit mir Fußballspielen zu können.“ Tristans Vater ist derjenige, der die Hingabe seines Sohnes am meisten versteht. „Früher war mein Vater mein wichtigster Ansprechpartner, was das Laufen anging“, erzählt der deutsche Rekordhalter „mittlerweile ist das Training natürlich sehr spezifisch, aber er versucht immer noch alles möglich zu machen, damit mein Traum in Erfüllung geht. Ich sehe meine Zukunft im Laufen.“
Der Traum von Olympia in Los Angeles
Für seinen Traum trainiert Tristan elfmal pro Woche und kommt so auf einen Wochenumfang von 80 bis 140 Laufkilometern. So planvoll wie aktuell war er aber nicht immer unterwegs. „Im Corona-Lockdown bin ich auch schon mal einfach so losgejoggt. Ich hatte nichts zu tun, und bin planlos erstmal 30 Kilometer gelaufen. Da war ich aber zehn Kilometer von zu Hause entfernt und musste immer noch heimkommen, obwohl ich schon völlig fertig war.“ Irgendwie hat er das geschafft, mit laufen und gehen im Wechsel. „Heutzutage würde ich von meinem Trainer mächtig Ärger für so eine 40-Kilometer-Aktion bekommen“, sagt der der junge Athlet und lacht „sowas kriegt man in keinem ordentlichen Trainingsplan untergebracht.“ Ein guter Trainingsplan ist jetzt wichtiger denn je, denn Tristan will die Olympiaqualifikation 2028 schaffen. „Über welche Distanz, das entscheiden wir erst in ein paar Jahren, wahrscheinlich wird es eine Langstreckendistanz.“ Auf dem Weg nach Los Angeles setzt sich Tristan viele Zwischenziele. Unter anderem will er bei der nächsten U20-EM eine Medaille holen und seinen eigenen deutschen Rekord über fünf Kilometer und zehn Kilometer verbessern.
Über die R5K-Tour für den Laufnachwuchs
Mit der R5K-Tour sucht Deutschland den schnellen Nachwuchs: Zur Serie gehören 2024 fünf Rennen über je fünf Kilometer in Dresden (24. März), Paderborn (30. März), Hannover (13. April), Hamburg (1. September) und am Ende das große Finale beim BMW BERLIN-MARATHON am 28. September in der Hauptstadt. In der Gesamtwertung geht es für junge Läuferinnen und Läufer in den Klassen U20 und U23 um Preisgelder, Trainingslager und vor allem ums regelmäßige Kräftemessen mit den Besten des Landes. Veranstaltet wird das Ganze von German Road Races (GRR) mit Unterstützung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). GRR ist als Vereinigung der großen Laufevents im deutschsprachigen Raum die Interessenvertretung für den Laufsport auf der Straße. Um in der Gesamtwertung vorn zu landen, reicht es nicht, einmal schnell zu sein. Mindestens drei Starts sind Pflicht. Einer davon muss beim Finale in Berlin sein. Am Ende gewinnt, wer in der Addition des Ergebnisses von Berlin mit den beiden schnellsten Zeiten bei den vorhergehenden R5K-Läufen die schnellste Zeit hat (2+1-Regel). Alle Infos, Ergebnisse und die Zwischenstände findest du auf r5k-tour.de.
Vielleicht lässt sich ein Rekord schon am 28. September in Berlin unterbieten, denn an diesem Tag steht das Finale der R5K-Tour über fünf Kilometer auf dem Programm. 2023 begeisterte die Atmosphäre in der Hauptstadt den jungen Athleten so sehr, dass er am nächsten Tag noch beim BMW Berlin Marathon an den Start ging. Den begehrten Startplatz, beim beliebtesten Laufevents Deutschlands gab es für den Gewinner der Wettkampfserie nämlich kostenlos. „Letztes Jahr bin ich 10 Kilometer mitgelaufen", erzählt das Nachwuchstalent stolz „habe zwischendurch sogar eine Frauengruppe gepaced, die vorne mitgelaufen ist.“ Die Stimmung beim BMW Berlin Marathon nicht nur als Zuschauer, sondern auch als Teilnehmer zu erleben, ist für Tristan Kaufhold eine einzigartige Chance. „R5K ist so ein cooles Event", meint der 18-jährige „auch, weil man so viele Läufer trifft." Letztes Jahr konnte er sich neben dem Sieg in der U20 Kategorie auch ein Foto mit Läufer Legende Eliud Kipchoge sichern. Auf die Erfahrungen, die ihn beim 50-jährigen Jubiläum des größten deutschen Marathonevents erwarten, ist er schon gespannt.