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Olympia in Paris
Lea Meyer wird im afrikanischen Hindernis-Feuerwerk mit Bestzeit Zehnte

| von Jörg Wenig

In einem superschnellen Rennen über 3.000 Meter Hindernis siegte die aus Kenia stammende und für Bahrain startende Winfred Yavi in 8:52,76 Minuten. Ausgezeichnet hielt sich Lea Meyer als Zehnte.

Im hochklassigsten olympischen 3.000-m-Hindernisfinale der Frauen brannten Afrikas Läuferinnen ein Feuerwerk ab: Am Ende gewann Winfred Yavi mit der olympischen Rekordzeit von 8:52,76 Minuten. Ausgezeichnet hielt sich Lea Meyer als Zehnte, während Gesa Krause einen schlechten Tag erwischte und auf Rang 14 ins Ziel lief. Zuvor hatte es im 1.500-Meter-Finale ein sensationelles Ergebnis gegeben: Der US-Amerikaner Cole Hocker schnappte sich den Olympiasieg.

Über 3.000 Meter Hindernis war vom Start weg war klar, dass dies ein extrem schnelles Finale wird. Denn eine fünfköpfige Gruppe - die Weltrekordlerin Beatrice Chepkoech (Kenia), die Titelverteidigerin Peruth Chemutai (Uganda), die Weltmeisterin Winfred Yavi (Bahrain), Faith Cherotich (Kenia) und Sembo Almayew (Äthiopien) - setzte sich sofort in hohem Tempo ab. Es sah aus wie zwei verschiedene Ligen: Die aus Afrika stammenden Athletinnen liefen Weltrekordtempo (8:44,32 Minuten) und ein Stück weiter dahinter kämpfte der Rest der Welt um möglichst gute Platzierungen. Etwaige vage Medaillenträume platzten für die Läuferinnen, die nicht vorne mitlaufen konnten, frühzeitig - obwohl auch sie schnell unterwegs waren. Nach 2:55,1 Minuten war der erste Kilometer gelaufen.

Während sich in der zweiten Gruppe Lea Meyer (TSV Bayer 04 Leverkusen) sehr gut hielt und direkt hinter der französischen Europameisterin Alice Finot einsortierte, hatte Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) frühzeitig Probleme. Sie fiel schon vor der Hälfte des Rennens zurück und lag zeitweilig in ungewohnter Position ganz am Ende des Feldes.

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Winfred Yavi gewinnt mit der viertschnellsten je gelaufenen Zeit

Auf dem zweiten Kilometer war das Tempo an der Spitze etwas langsamer, so dass der Weltrekord außer Reichweite rückte. Aber immer noch lief das Quintett vorneweg, angeführt von Peruth Chemutai. Rund 500 Meter vor dem Ziel entwickelte sich dann ein Zweikampf zwischen der Olympiasiegerin von Tokio 2021 und der Weltmeisterin Winfred Yavi, die am Ende Chemutai überholte und in 8:52,76 Minuten gewann. Dies ist die viertschnellste je gelaufene Zeit. Chemutai lief als Zweite mit 8:53,34 einen Landesrekord für Uganda. Faith Cherotich gewann die Bronzemedaille in 8:55,15.

Mit einer sehr starken letzten Runde hatte Alice Finot noch einige Läuferinnen überholt und wurde in 8:58,67 Vierte, doch die Medaillenränge waren für sie zu weit weg. Die Französin konnte sich aber damit trösten, den Europarekord von Gulnara Samitova-Galkina gebrochen zu haben. Die Russin hatte bei Olympia in Peking 2008 mit 8:58,81 triumphiert - damals war dies ein Weltrekord und die erste Zeit unter neun Minuten. Dass in Paris nun gleich vier Läuferinnen unter neun Minuten rannten, gab es noch nie in einem Hindernislauf der Frauen. Die 3.000-m-Hindernis stehen bei den Frauen erst seit 2008 auf dem olympischen Programm. Doch keiner der bisherigen vier Endläufe kam bezüglich der Klasse an dieses Finale von Paris heran.

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Gesa Krause mit frustrierendem Ergebnis - Lea Meyer mit persönlicher Bestzeit

Als Zehnte erreichte Lea Meyer eine hervorragende Platzierung. Und mit 9:09,59 Minuten unterbot die 26-Jährige ihre im Vorlauf aufgestellte persönliche Bestzeit noch einmal um gut fünf Sekunden. „Es hat super viel Spaß gemacht, auch wenn es hintenraus echt hart wurde. Aber das darf auch so sein in einem olympischen Finale. Ich habe es zu 100 Prozent genossen. Innerlich hatte ich bis zum Schluss ein Lächeln auf den Lippen. Ich habe das aufgesogen und mich tragen lassen. Es war zu erwarten, dass es so schnell wird. Ich habe das auch gehofft, das sind die Rennen, die ich mag“, sagte Lea Meyer. „Wir Europäerinnen kennen uns ganz gut, wir wissen, wie die anderen drauf sind, da kann man sich auch ein bisschen Rückhalt geben. Das Ergebnis ist für mich eine riesige Bestätigung. Es ist noch einiges mehr möglich, vielleicht sind dieses Jahr noch ein paar Sekunden drin. Den deutschen Rekord habe ich auf jeden Fall ins Auge gefasst.“

Die deutsche Rekordzeit hält Gesa Krause mit 9:03,30 Minuten. In einer derartigen Verfassung war sie jedoch in Paris nicht. Am Ende lief sie auf Rang 14 als Vorletzte nach 9:26,96 Minuten ins Ziel. „Man merkt das von Anfang an, wenn es nicht läuft. Man hat ja eine gewisse Lockerheit im Schritt oder nicht. Ich habe versucht, mich an die Verfolgergruppe ranzuhalten, aber eigentlich schon an der Atmung und Kraft gemerkt, dass es nicht geht. Die Spannung wird immer größer, die Hindernisse werden gefühlt immer höher. Manchmal konzentriert man sich darauf, dass man da überhaupt noch drüber kommt. Egal wie oft ich das Rennen jetzt noch analysiere, heute ist es für mich ein frustrierendes Ergebnis“, sagte Gesa Krause, die sich nach ihrer Babypause in diesem Jahr dennoch stark zurückgemeldet hat und im Juni noch die Silbermedaille bei der EM gewonnen hatte.

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Über 1.500 Meter gewinnt Hocker vor Kerr, Ingebrigtsen ohne Medaille

Titelverteidiger Jakob Ingebrigtsen suchte sein Heil in der Flucht - und scheiterte am Ende dramatisch. Der Norweger hatte in den vergangenen beiden Jahren zwei WM-Finalrennen über 1.500 m gegen die Briten Jake Wightman und Josh Kerr verloren. In Paris sollte es noch schlimmer kommen für Jakob Ingebrigtsen. Sensationell blieb er ohne Medaille und lief am Ende als Vierter nach 3:28,24 Minuten ins Ziel. In der olympischen Rekordzeit und einem Nordamerika-Rekord von 3:27,65 Minuten triumphierte völlig überraschend der US-Amerikaner Cole Hocker. Er profitierte vom Zweikampf zwischen Jakob Ingebrigtsen und Josh Kerr. Der Schotte gewann diesen zwar einmal mehr und lief in 3:27,79 eine britische Rekordzeit, doch den von hinten kommenden Cole Hocker konnte er nicht schlagen. Mit ihm konnte er auch nicht rechnen. Dritter wurde Yared Nuguse (USA) in 3:27,80, der ebenfalls auf der Zielgerade noch nach vorne lief.

Jakob Ingebrigtsen wirkte nicht souverän. Der Europarekordler setzte sich schnell an die Spitze und lief ein Tempo, das weltrekordverdächtig war (3:26;00). Aber er wurde seine Konkurrenten nicht los. Die Taktik erwies sich als Eigentor. Denn er selbst wurde quasi zu einem unfreiwilligen Tempomacher. Als Josh Kerr ausgangs der Zielgeraden angriff, gingen Ingebrigtsen die Kräfte aus. Der Norweger lief noch etwas nach rechts, um dem Schotten das Überholen zu erschweren. Doch damit öffnete er die Lücke für Cole Hocker, der innen vorbeilief und zum Sieg stürmte. Von rechts und links überholt, scheiterte Ingebrigtsen komplett. Vielleicht hat Jakob Ingebrigtsen das Vermögen zum 1.500-m-Weltrekord, aber taktische Finalrennen sind nicht seine Stärke. „Es war natürlich ein richtig schnelles Tempo. Und ich bin dann etwas zu früh gegen die Wand gelaufen“, sagte der Norweger, der als 5.000-m-Weltmeister auch über diese Strecke noch antritt und zu den Favoriten gehört.

„Ich kann nicht enttäuscht sein. Ich bin stolz auf meine Leistung und den britischen Rekord. Natürlich ist es nicht das was ich wollte, aber ich bin auf dem richtigen Weg - jetzt wurde aus Bronze die Silbermedaille“, sagte der 26-jährige Josh Kerr, der vor drei Jahren in Tokio Dritter war.    Überwältigt war Cole Hocker. „Ich finde keine Worte. Ich bin sehr stolz, dass ich diese einmalige Gelegenheit voll genutzt habe“, sagte der 23-jährige US-Sieger, der mit einer Bestzeit von 3:30,59 Minuten ins Rennen gegangen war.

Robert Farken (SC DHfK Leipzig) hatte die Qualifikation für dieses Finale knapp verpasst. In seinem Halbfinale belegte er Platz sieben in 3:33,35 Minuten - die drittbeste Zeit seiner Karriere - und zeigte damit eine gute Leistung in Paris. Etwas mehr als drei Zehntelsekunden fehlten zu Platz sechs, der für das Finale gereicht hätte. Marius Probst (TV Wattenscheid) konnte sich im Hoffnungslauf nicht für das Halbfinale qualifizieren. Er lief in diesem Rennen auf Rang acht mit 3:36,54.