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Marathon du Mont Blanc
Bonnet und Laukli bärenstark am Berg – Daniela Oemus verteidigt Gesamtführung der Golden Trail Serie

| von Norbert Hensen

Rémi Bonnet und Sophia Laukli dominieren bei der zweiten Station der Golden Trail Serie in Chamonix. Daniela Oemus aus Deutschland verteidigt mit Platz sechs die Gesamtführung.

Chamonix am Fuß des Mont Blanc in Frankreich ist das Mekka des Trailrunnings in Europa. Zwei Monate vor dem UTMB ist der Marathon du Mont Blanc nicht minder stimmungsvoll. Und in diesem Jahr auch wieder hochklassig besetzt. Nach dem Zegama in Spanien war die 44-Kilometer-Distanz beim Marathon du Mont Blanc (es gab auch Wettbewerbe über 90K, 23K, 10K und ein 3,8K Vertical Race) die zweite Station der Golden Trail Serie powered by Salomon.

Und nicht nur Salomon schickte seine Top-Stars ins Rennen. Dazu gehört spätestens seit ihrem Sieg beim Zegama in Spanien auch Daniela Oemus. Die 34-Jährige hatte im Mai etwas überraschend beim spanischen Trail-Klassiker triumphiert. Danach wurde sie für die Trailrunning-WM in Innsbruck nachnominiert – und auch dort lieferte die Assistenzärztin und zweifache Mutter ab. Mit Rang 6 beim Trail Short über 45,2 Kilometer war sie beste Deutsche.

Daniela Oemus geht mit goldener Nummer ins Rennen

Der Marathon du Mont Blanc war ihr dritter Trail-Marathon in nur sechs Wochen. Und in Chamonix trat sie zudem mit der goldenen Startnummer der Führenden an. „Klar, ich spüre ein bisschen den Druck. Was in den vergangenen Wochen alles passiert ist, ist schon etwas verrückt“, sagt Daniela Oemus. „Der Sieg beim Zegama hat einiges verändert.“

Als Mutter von zwei Töchtern (Emily ist gerade ein Jahr alt, Alina drei Jahre alt) und mit einer 60-Prozent-Stelle an einer Klinik in Gera ist Daniela Oemus weit davon entfernt, sich als Profiläuferin bezeichnen zu können. Umso erstaunlicher, dass sie mit den besten der Welt mithalten kann.

„Ich weiß gerade nicht genau, wo ich stehe. Nach der WM in Innsbruck konnte ich nur wenig trainieren – die Regeneration war wichtig und meinen Fuß, der mir schon vor der WM ein bisschen Probleme gemacht hatte, wollte ich auch noch etwas schonen“, erzählte Daniela vor dem Rennen.

Als Sechste im Ziel in Chamonix gefeiert

Dementsprechend hielt sie sich zu Beginn des Rennens etwas zurück. Während die US-Amerikanerin Sophia Laukli und die Chinesin Miao Yao von Beginn an für ein hohes Tempo sorgten, war das Rennen von Daniela Oemus eine große Willensleistung. „Ich habe mich von Beginn an nicht ganz wohl gefühlt“, sagte Daniela Oemus. Erst beim Anstieg Richtung Col des Posettes nach Le Tour lief es besser und im Downhill nach Vallorcine spielte die Deutsche ihre große Stärke aus: den Downhill. Bei Halbzeit lag sie also auf Rang vier, spürte aber bald, dass die Kräfte nachließen. „Beim Anstieg nach La Flégère fühlte ich mich erschöpft, dann ging es nur noch darum, ins Ziel zu kommen.“

Daniela Oemus ist eine Kämpferin. Im Anstieg musste sie zwei Läuferinnen vorbeilassen, aber im letzten zum Teil sehr steilen Downhill nach Chamonix ließ sie keine andere Läuferin mehr passieren. Nach 4:36:03 Stunden lief sie in Chamonix ins Ziel – und behielt mit 350 Punkten die Führung in der Gesamtwertung der weltweiten Golden Trail Serie.

Bei mindestens drei Rennen der weltweiten Serie muss man Punkte sammeln, um sich für das Finale im Oktober in Italien zu qualifizieren. Bei einem der nächsten Rennen (Dolomyths Run/Italien am 15. Juli und Sierre-Zinal/Schweiz am 12. August) könnte sich Daniela Oemus bereits für das Finale am 19. Oktober 2023 beim Il Golfo dell Isola in Italien qualifizieren.

Vielleicht kann sie sich mit einem Erfolg in der Golden Trail Series 2023 für das internationale Salomon Team qualifizieren. „Falls sich die Gelegenheit bietet, würde ich vielleicht versuchen, ein oder zwei Saisons als Profi zu laufen. Derzeit passiert so viel im Trailrunning, die Aufmerksamkeit steigt, es würde mich reizen, es auszuprobieren – aber klar, am Ende ist meine Job wichtiger“, sagt die angehende Orthopädin, die gerade in der Facharzt-Ausbildung steckt.

US-Amerikanerin Laukli dominiert mit Start-Ziel-Sieg

Anders als Daniela Oemus trainiert die junge US-Amerikanerin Sophia Laukli und Profi-Bedingungen. In Chamonix war die 23-Jährige bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen von rund 25 Grad nicht zu schlagen. Sie übernahm schon im ersten Teil des Rennens die Führung und weitete den Vorsprung kontinuierlich aus.

Sophia Laukli (Team Salomon USA) kam fast 12 Minuten vor der Zweitplatzierten ins Ziel. Was so leicht aussah war dennoch harte Arbeit. „Meine Energiezufuhr war heute etwas suboptimal, denn beim zweiten Anstieg wurde mir ein bisschen schwindelig. Ich hatte leichte Anzeichen eines Sonnenstichs“, sagte Laukli, die schlielich nach 4:12:39 Stunden siegte.

Miao Yao Zweite - Norwegerin Nordskar blutüberströmt ins Ziel

Miao Yao (Team Salomon China), die in Zegama lange Zeit geführt hatte und am Ende nur 18. wurde, kam als Zweite ins Ziel. „Wenn ich bei einem Rennen antrete, will ich auch gewinnen. Aber Sophia war sehr stark heute. Ich muss noch besser trainieren und mich gezielter auf diese Art von Rennen vorbereiten, damit ich nächstes Mal Erste werde“, gab sich die ehrgeizige Chinesin selbstkritisch,

Das Podium komplettierte die Spanierin Oihana Kortazar. Blutüberströmt erreichte die Norwegerin Sylvia Nordskar Chamonix. Sie war auf dem letzten Downhill gestürzt. Im Ziel konnte sie aber schon wieder lachen.

Keinen guten Tag erlebte die zweite deutsche Spitzenläuferin Kim Schreiber, die nie ins Rennen fand und nach der Hälfte des Rennens ausstieg. Eine Woche zuvor hatte sie beim Zugspitz Ultratrail auf der 32-Kilometer-Distanz noch den 5. Platz belegt.

Rémi Bonnet wie eine Lokomotive am Berg

Nach einer überragenden Skimo-Saison mit zwei WM-Titeln Anfang März hatte war schon absehbar, dass sich Rémi Bonnet in absoluter Top-Form befindet. Dennoch kam er beim Zegama „nur“ auf den fünften Rang. Beim Marathon du Mont Blanc demonstrierte der Schweizer aber seine große Stärke. Der 28-Jährige nahm auch die steilsten Abschnitte noch im Laufschritt, auf denen seine Konkurrenten schon längst eine Gangart runterschalten mussten. Mit 61 Kilo bei 1,82 Meter Körpergröße flog der Schweizer zu einem neuen Streckenrekord in Chamonix – und das, obwohl die Strecke einen guten Kilometer länger ausfiel als in den Vorjahren.

„Darauf habe ich fünf Jahre lang gewartet“, erzählte Bonnet im Ziel.  „Jetzt muss ich nur noch beim Sierre-Zinal gewinnen! Ich freue mich sehr über meinen Sieg heute, der noch einmal zeigt, dass ich dieses Jahr in super Form bin.“ Im Ziel in Chamonix wurde der Schweizer von tausenden Fans empfangen. „Die Stimmung hier ist einfach unglaublich. Daran sieht man, dass der Sport sich in die richtige Richtung bewegt.“

Rund fünf Minuten nach Bonnet kam Eli Hemming (Team Salomon USA) ins Ziel. Eine beachtliche Leistung. Nach seinem Sieg beim Broken Arrow – einer Etappe der nationalen Golden Trail Serie in den USA – wollte der Amerikaner bei einem der prestigeträchtigsten europäischen Rennen sein Können unter Beweis stellen. „Heute war ein schwieriger Tag“, so Hemming. „Ich bin super zufrieden mit diesem Ergebnis. Ich kann’s noch gar nicht glauben! Ich frage die europäischen Läufer immer, wie sie so schnell rennen können, und bin heute total glücklich über meinen Erfolg. Rémi hat heute in einer ganz anderen Liga gespielt.“

 

CCC-Sieger Petter Engdahl kämpft sich auf Rang drei vor

Petter Engdhal (Team Adidas Terrex) griff auf dem letzten Abschnitt des allerletzten Anstiegs hoch nach La Flégère an. Dann gab der Schwede alles und holte sich noch den dritten Platz. „Ich bin so happy! Ich hatte in der Vergangenheit so viele Rückschläge beim Marathon du Mont Blanc, umso mehr wollte ich beweisen, dass ich hier eine starke Leistung hinlegen kann“, sagte Engdahl, der 2022 den CCC über 101 Kilometer im Rahmen des UTMB gewonnen hatte und die Berge rund um den Mont Blanc gut kennt.

Sehr stark zeigte sich Marc Dürr vom TV Hindelang als bester Deutscher Starter. Ebenfalls für das Team Salomon startend kam Dürr auf einen hervorragenden 13. Platz in diesem Weltklassefeld. Bei der WM war Dürr 27

Der Österreicher Manuel Innerhofer lief gleich zu Beginn in der Spitzengruppe mit, stieg aber nach der Hälfte des Rennens aus. Sein Zwillingsbruder Hans-Peter, der Marc Dürr beim Auftakt der nationalen Golden Trail Serie in Bad Reichenhall noch in die Schranken gewiesen hatte, kam dieses Mal rund 13 Minuten nach Dürr auf Rang 29 ins Ziel.

Ergebnisse, Männer

  1. Rémi Bonnet (Schweiz) 3:35:04
  2. Eli Hemming (USA) 3:40:50)
  3. Petter Engdhal (Schweden) 3:46:44
  4. Manuel Merillas (Spanien) 3:48:31
  5. Bart Przedwojewski (Polen) 03:49:47
  1. Marc Dürr (Deutschland) 3:57:21
  2. Hans-Peter Innerhofer (Österreich) 4:10:46

Ergebnisse, Frauen

  1. Sophia Laukli (USA) 4:12:39
  2. Miao Yao (China) 4:24:27
  3. Oihana Kortazar (Spanien) 4:25:57
  4. Theres Leboeuf (Schweiz) 04:30:02
  5. Sylvia Nordskar (Norwegen) 04:31:59
  6. Daniela Oemus (Deutschland) 4:36:03

Ergebnisse des Marathon du Mont Blanc 2023 auf einen Blick.

Gesamtwertung der Golden Trail World Series 2023.