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50. BMW Berlin-Marathon
Melat Kejeta und Hendrik Pfeiffer peilen Bestleistungen an

| von Christian Ermert (Text) und Norbert Wilhelmi (Bilder)

Einen Rekord hat der Jubiläums-Marathon von Berlin bei seiner 50. Auflage sicher: Mehr als 58.212 waren noch nie gemeldet. Ob es am Sonntag auch zu sportlichen Bestleistungen reichen wird, ist offen.

Mit dem mit Abstand größten Starterfeld seiner Geschichte wird am Sonntag (ab 8:30 live bei RTL) der 50. BMW Berlin-Marathon gestartet. Genau 58.212 Läufer aus 161 Nationen wurden für den spektakulärsten und hochklassigsten deutschen Straßenlauf registriert. Rahmenwettbewerbe hinzugerechnet, werden sogar über 80.000 Athleten dabei sein. Aus deutscher Sicht stehen besonders Hendrik Pfeiffer und Melat Kejeta im Blickpunkt.

Im Frauenrennen wird mit Melat Kejeta (Laufteam Kassel) die mit Abstand stärkste deutsche Marathonläuferin der letzten Jahre an den Start gehen. „Ich habe sehr gute Erinnerungen an das Rennen und freue mich, dass ich wieder hier laufen kann“, sagte die 32-Jährige, die 2019 bei ihrem Debüt in Berlin als Sechste mit 2:23:57 Stunden überrascht hatte. Danach belegte sie 2021 bei Olympia in Sapporo (Japan) ebenfalls einen sehr starken sechsten Rang.

In Paris hatte sie bei den Spielen im August jedoch Pech: Aufgrund von Magenproblemen musste sie das Rennen frühzeitig aufgeben. Dafür hat sie nun die Gelegenheit, das Jubiläumsrennen in Berlin zu laufen. „Ich bin nicht in der Form, um den deutschen Rekord anzugreifen (2:19:19 von Irina Mikitenko in Berlin 2008), aber ich hoffe, dass ich eine persönliche Bestzeit erreiche. Ich hatte zuletzt leichte Knieprobleme und muss sehen, wie es am Sonntag läuft“, sagte Melat Kejeta, die sich im Januar in Dubai auf 2:21:47 verbessert hatte.

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Starkes deutsches Trio um Hendrik Pfeiffer

Bei den Männern führt Hendrik Pfeiffer vom TK Hannover eine Gruppe von starken deutschen Läufern an. Er hatte sich im Januar in einem bravourösen Rennen in Houston (US-Bundesstaat Texas) als Dritter auf 2:07:14 Stunden gesteigert und wurde damit zum viertschnellsten deutschen Marathonläufer aller Zeiten. „Ich bin sehr gut vorbereitet und möchte versuchen, mich auf eine 2:06er-Zeit zu verbessern“, sagte der Läufer, der mit Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg/Bestzeit: 2:08:22), Haftom Welday (TB Hamburg Eilbeck/2:08:24), Sebastian Hendel (LG Braunschweig/2:08:51) und Johannes Motschmann (Marathon Team Berlin/2:10:39) gleich vier starke nationale Konkurrenten hat.

Noch nie waren beim BMW BERLIN-MARATHON vier deutsche Männer mit Bestzeiten von unter 2:09:00 am Start. „Ich bin wöchentlich bis zu 220 Kilometer gelaufen. Durch das harte Training wird auch die Leistung kommen“, sagte Haftom Welday während Johannes Motschmann sagte: „Ich bin sehr gut vorbereitet und optimistisch. Mein Ziel ist es, eine persönliche Bestzeit zu laufen und mich im deutschen Bereich zu behaupten.“

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Wie nah kommt Tigist Ketema dem Weltrekord ihrer Trainingspartnerin Tigst Assefa?

In Sachen internationale Top-Leistungen stehen beim Jubiläumsrennen am 50. Geburtstag des Berlin-Marathons, der 1974 erstmals stattfand, die Frauen etwas mehr im Fokus als die Männer. Als der Berlin-Marathon 1998 sein erstes großes Jubiläum feierte, wurde das 25. Rennen von einem Weltrekord gekrönt, der sozusagen vom Himmel fiel. Überhaupt nichts hatte im Vorfeld dafür gesprochen, dass Ronaldo da Costa eine Zeit von 2:06:05 Stunden rennen könnte. Der Brasilianer lief sich in einen Weltrekord-Rausch, der weltweites Aufsehen auslöste. Beim 50. BMW Berlin-Marathon könnten jetzt die Frauen aus Afrika für Furore sorgen.

Mit ihrem Sensations-Weltrekord vor einem Jahr, bei dem Tigst Assefa mit 2:11:53 Stunden in völlig neue Dimensionen vordrang, hat die Äthiopierin die Latte in Berlin extrem hoch gelegt. Einen Weltrekord zu erwarten, ist mindestens genauso verwegen wie damals vor dem 25. Jubiläum und nicht realistisch. Doch eine Frau im Starterfeld könnte für eine absolute Weltklasse-Leistung gut sein: Tigist Ketema ist eine Trainingspartnerin von Tigst Assefa, die bei Olympia im August zur Silbermedaille lief und daher nicht zum dritten Mal in Folge in Berlin gewinnen kann.

Für Tigist Ketema ist eine absolute Weltklassezeit möglich. Im Januar hatte sie bei ihrem ersten Marathonlauf in Dubai ein sensationelles Rennen gezeigt. Mit 2:16:07 Stunden siegte sie und stellte einen inoffiziellen Debüt-Weltrekord auf. Damit wurde die inzwischen 26-Jährige auf Anhieb zur neuntschnellsten Läuferin aller Zeiten. „Ich habe mich auf eine persönliche Bestzeit vorbereitet und plane die erste Hälfte am Sonntag in ungefähr 68:00 Minuten zu laufen. Ich hoffe, es wird nicht zu kalt, denn ich laufe lieber bei etwas wärmerem Wetter“, sagte Tigist Ketema, die im Marathon immer noch eine Newcomerin ist. „Vor dem Dubai-Marathon hatte ich schon ein bisschen Angst vor der Distanz - aber hinterher habe ich mich gefragt, warum eigentlich“, sagte die frühere Mittelstreckenläuferin, die als Favoritin anzusehen ist.

„Tigist wird voraussichtlich ein etwas schnelleres Tempo anlaufen als die anderen. Aber insgesamt ist das Spitzenfeld sehr kompakt und es kann auch eine Überraschung geben“, sagte Race-Direktor Mark Milde, der insgesamt elf Läuferinnen mit persönlichen Bestzeiten von unter 2:22:00 verpflichtete. Das gab es bisher erst einmal in Berlin: 2023. Viel spricht dafür, dass sich am Sonntag die äthiopische Siegesserie fortsetzen wird. Viermal in Folge gewann zuletzt eine Athletin aus dieser Lauf-Nation. Und die schnellsten sechs Läuferinnen auf der Startliste kommen aus Äthiopien.

Die frühere 1.500-m-Weltrekordlerin Genzebe Dibaba - eine jüngere Schwester der äthiopischen Laufsport-Legende Tirunesh Dibaba - hofft, in Berlin eine schnelle Zeit laufen zu können. Bei ihrem Debüt in Amsterdam erreichte sie 2022 bereits 2:18:05. Doch in der Folge konnte sich Genzebe Dibaba, die 2014 Laureus Welt-Sportlerin des Jahres war, noch nicht weiter steigern. „Ich habe damals im Fernsehen gesehen, wie Haile Gebrselassie in Berlin zweimal Weltrekorde lief. Und seitdem wollte ich immer in Berlin laufen - jetzt ist es soweit“, sagte Genzebe Dibaba. „Für mich wäre es ein Erfolg, wenn ich eine persönliche Bestzeit laufe.“

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Bei den Männern kann Kibiwott Kandie einer der schnellsten aller Zeiten werden

Bei den Männern sind fünf Athleten im Starterfeld, die schon unter 2:05:00 gelaufen sind. Zurück nach Berlin kommt der Äthiopier Tadese Takele, der im vergangenen Jahr hier Rang drei in 2:03:24 belegt hat und damit die Startliste anführt. Seit dem Rennen in Berlin 2023 ist Takele nicht mehr international gestartet.

Die Kenianer Cybrian Kotut (2:04:34) und Kibiwott Kandie (2:04:48) sowie die Äthiopier Hailemaryam Kiros (2:04:41) und Bazezew Asmare (2:04:57) sind die anderen Läufer, die mit Bestzeiten von unter 2:05 ins Rennen gehen. Als frühere Halbmarathon-Weltrekordler hat Kibiwott Kandie enormes Potenzial. Seine Bestzeit über diese Distanz (57:32 Minuten) deutet sogar darauf hin, dass der 28-Jährige einer der schnellsten Marathonläufer aller Zeiten werden kann.

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