Plogging in Köln: Laufend Müll aufsammeln

| Text: Anita Horn | Fotos: Jörg Schüler
Laufen und dabei der Umwelt etwas Gutes tun – Plogging. Während des Laufens wird Müll aufgesammelt. So lief die Plogging-Aktion in Köln.

Laufen und dabei der Umwelt etwas Gutes tun – das ist Plogging. Während des Laufens wird Müll aufgesammelt. Hier schreibt Anita Horn, weshalb sie die Aktion ins Leben gerufen hat.

Bewegt Köln und hatte die Idee zum Plogging: Anita Horn

Anita kommt aus dem Ruhrpott und lebt seit elf Jahren in Köln. Sie arbeitet als Reporterin für WDR und Deutschlandradio, ist Autorin, Bloggerin, ambitionierte Hobby-Triathletin, gehört zu den Asics-FrontRunnern und ist Botschafterin für das Magzin TriTime Woman. Mit 18 kam sie zum Laufen. Anfangs waren es zwei Kilometer, irgendendwann zehn. Seit dem ersten Marathon 2011 hat das Laufen ihr Leben verändert. Nach 4:40:23 Stunden war sie im Ziel. Zwei Jahre später war sie bei ihrem zweiten Lauf über 42,195 Kilometer fast eine Stunde schneller (3:45:59 h). Nebenbei hält sie die Kölner Laufszene auf Trab, coacht Gruppen und hat mit ihrer Freundin und Kollegin Caro Köhler die „Plogging Cologne“-Gruppe ins Leben gerufen, um laufend die Stadt von Müll zu befreien.

Wir wollten etwas Gutes tun. Uns und unserer Stadt. Wir, das sind Caro und ich – gestatten: Anita. Gemeinsam sind wir die „Grünköpfe“ und widmen uns in diesem Jahr jeden Monat einem anderen Nachhaltigkeits-Thema, wie zum Beispiel Plastik & Müllvermeidung. Wir sind Journalistinnen, Freundinnen, Bloggerinnen und Sportlerinnen. Wir lieben Laufen – und das am liebsten im Grünen. Allerdings liegen genau dort – in den Parks, im Wald und eigentlich auch sonst überall – Sachen rum, die nicht dorthin gehören: leere Zigarettenschachteln auf der Spielwiese, PET-Flaschen im Laub, zerknüllte Brötchentüten am Rheinufer oder volle Babywindeln auf dem Spielplatz. Die Liste ist schier unendlich.

Bewegt Köln und hatte die Idee zum Plogging: Caro Köhler

Caro ist echte Kölnerin und arbeitet als Nachrichtenredakteurin beim WDR-Radio EinsLive. Sie ist außerdem Bloggerin und Kampfsportlerin mit schwarzem Gürtel. Weil sie jahrelang viel zu wenig Sport gemacht hatte, startete Caro 2017 ein Mega-Projekt: Jede Woche eine andere Sportart ausprobieren. Dazu gehörte auch Laufen – mit einem Start über fünf Kilometer bei einer großen Laufveranstaltung. Nach 52 Sportarten blieb Laufen ein Teil von Caros Leben. Aktuell bereitet sie sich auf ihren ersten Zehn-Kilometer-Lauf vor. Und weil sich Caro immer wieder darüber ärgert, wie viel Müll am Rand ihrer liebsten Laufstrecken rumliegt, hat sie mit ihrer Freundin und Kollegin Anita Horn die „Plogging Cologne“-Gruppe ins Leben gerufen.

Auf zehn Kilometern alles sammeln, was rumliegt

Aber anstatt uns nur zu beschweren und dann weiterzulaufen, wollten wir aktiv werden und selbst anpacken. Plogging war unsere Idee. Das ist international eine immer größere Laufbewegung. In Schweden steht es für „plocka upp“, was so viel heißt wie „pflücken“ oder „aufheben“. Auf Englisch heißt es „pick up“ und im Deutschen „Plastik aufsammeln“. Zig Sprachen, ein Ziel: das Schöne mit dem Nützlichen verbinden und beim Laufen seine Stadt aufräumen.

Und da standen wir nun, an einem kalten Samstagmorgen mitten im Februar, mit rund 20 hochmotivierten Leuten am Startpunkt: dem Kölner Dom. Die Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe, denen wir vorher von unserer Aktion erzählt haben, kamen auch dazu, um uns mit Müllbeuteln und Handschuhen auszustatten. Dann ging es in zwei Gruppen los – auf eine Strecke von etwa fünf Kilometern, die man walken oder locker laufen konnte, und eine zehn Kilometer lange Strecke für etwas flottere Läufer.

Wir geraten in einen Sammelwahn

Kalt war uns nicht lange. Das permanente Stoppen und Anlaufen sowie das Bücken und Aufrichten haben uns ordentlich eingeheizt. Wir sind in einen regelrechten Sammelwahn geraten und haben uns über jedes Fundstück „gefreut“ – gepaart mit dem Entsetzen über so viel Dreck. Ein perfektes Training für starke Beine und eine willkommene Abwechslung vom Laufalltag, die zusammen schweißt. Dazu kam das Extra-Gewicht vom Müllsack – und der wurde von Kilometer zu Kilometer schwerer.

Nach eineinhalb Stunden haben wir uns dann am Dom wiedergetroffen – mit einem überraschenden und durchaus erschreckenden Ergebnis: Jeder hatte einen randvollen Müllsack gesammelt. Teilweise konnten wir unsere „Errungenschaften“ kaum noch tragen: halbvolle Glasflaschen, Pizzakartons, sogar Tastaturen, volle Hundekotbeutel und alte Fernseher waren dabei – den konnten wir nur leider nicht tragen. Die Kölner Müllbetriebe haben unseren Müll entgegengenommen und dann ordnungsgemäß entsorgt.

In Köln und auf der ganzen Welt, zu Land und im Wasser

Plogging erobert gerade zahlreiche Städte und Länder. Es gibt Gruppen in Schweden, Mexiko, Frankreich und der Schweiz. In Costa Rica hat ein Triathlon-Team Plogging ins Training integriert und im Sprint-Tempo Müll am Strand gesammelt.

In Indien findet Plogging sogar in ganz großem Stil statt. In Mumbai liegt so viel Dreck herum, dass der indische Anwalt Afroz Shah dort mit zahlreichen Helfern regelmäßig tonnenweise Müll sammelt. Dafür wurde er von den Vereinten Nationen zum „Champion of the Earth gekürt“. Sogar auf dem Wasser machen sich Sportler stark für weniger Müll. Sie nennen sich SUPpicker, also Stand Up Paddle-Picker, die von ihren Boards aus Müll aus Seen und Ozeanen sammeln.

Ob an Land oder zu Wasser, die Plogger ziehen weltweit an einem Strang und möchten ihre Umgebung wieder sauberer kriegen. Noch besser wäre natürlich, wenn niemand mehr seinen Müll achtlos auf die Straße oder in den Park werfen würde oder wenn man gleich versuchen würde, Müll beim Einkaufen direkt zu vermeiden. Aber so lange Müll in unserer Gegend herum liegt, wird eben gemeinsam geploggt.

Noch lange nicht fertig

Vereinzelt sind wir auf Ignoranz gestoßen. „Wozu gibt es denn eine Müllabfuhr“, hieß es dann. Eine Familie meinte sogar, uns extra Müll vor die Füße schmeißen zu müssen. Aber ansonsten war die Resonanz durchweg positiv: Einige Passanten haben nachgefragt, was wir da machen und sich bedankt. Ein paar Leute haben sogar mitgeholfen oder sich spontan der Gruppe angeschlossen.

Und alle, die nicht teilnehmen konnten, fragen vehement nach, ob es bald wieder eine Plogging-Aktion gibt. Ja, wird es. Hört euch um – oder gründet selbst eine kleine Gruppe. In Refrath, Remscheid, Düsseldorf und Hamburg tut sich auch schon was. Und natürlich in Köln. Wir haben eine „Plogging Cologne“-Gruppe bei Facebook gegründet, um euch über die nächsten Treffen zu informieren. Denn eins steht fest: wir wollen weiterhin etwas Gutes tun. Uns und unseren Städten.

Mehr zu Plogging in Köln findest du auf Facebook ...

In Köln wird vor allem links des Rheins gelaufen. Stadtwald, innerer und äußerer Grüngürtel, Blücherpark, das Rheinufer und die Brücken. Das sind die Hotspots, die auf der „Heatmap“ von Strava zu sehen sind. Das Ausdauersport-Netzwerk Strava zeigt mit seinen „Heatmaps“, wo gelaufen wird. Aus den per App oder Lauf-Computer hochgeladenen Trainingsdaten der Mitglieder wird errechnet und angezeigt, auf welchen Strecken die meisten Läufer unterwegs sind. So findest du die beliebtesten Laufstrecken weltweit und kannst sie nach den verschiedensten Kriterien filtern.

Dein Laufrevier als Heatmap bei Strava findest du hier.

Strava ist der wohl größte Sportverein der Welt. Auf der digitalen Plattform teilen Sportler ihre Läufe, so wie sie wirklich waren. Unabhängig davon, mit welchem Tool sie aufgezeichnet worden sind.