Rekordrennen in Dubai: Äthiopier setzen Marathon-Maßstäbe

Rekordrennen in Dubai: Äthiopier setzen Marathon-Maßstäbe

| Text: Jörg Wenig | Foto: Colombo/Standard Chartered Dubai Marathon
Sieben Männer unter 2:05 Stunden. Vier Läuferinnen unter 2:20 Stunden. Die Ergebnisse des Dubai-Marathons 2018 sind einmalig in der Marathon-Geschichte.

Mit einmaligen Resultaten hat der Standard Chartered Dubai-Marathon am Freitagmorgen ein erstes hohes Maß im neuen Jahr gesetzt. Während die Äthiopier Mosinet Geremew und Roza Dereje mit Streckenrekorden von 2:04:00 beziehungsweise 2:19:17 Stunden gewannen, rannten bei den Männern gleich sieben Äthiopier absolute Weltklassezeiten von unter 2:05 Stunden. Dies ist ebenso einmalig in der Geschichte des Marathonlaufes wie die Ergebnisse der ersten vier Frauen. Zum ersten Mal erreichten gleich vier Läuferinnen in einem Rennen Zeiten von unter 2:20 Stunden. Rahmenwettbewerbe hinzugerechnet, starteten in Dubai über 30.000 Läufer.

Der 27-jährige Geremew wurde erst am vergangenen Montag als letzter Topläufer noch dem Elitefeld zugefügt. Vier Tage später war er als Erster im Ziel. Bei fast idealen Witterungsbedingungen mit Temperaturen zwischen 12 und 17 Grad Celsius, fast keinem Wind, jedoch einer relativ hohen Luftfeuchtigkeit bei diesigem Himmel, lief eine große Spitzengruppe ein sehr gleichmäßiges Tempo. Lange Zeit lagen die Athleten sogar im Bereich des Weltrekordes von 2:02:57 Stunden, den der Kenianer Dennis Kimetto 2014 in Berlin aufgestellt hatte. Die Halbmarathonmarke passierten 13 Läufer nach 61:36 Minuten, an der 30-km-Marke waren nach 1:27:35 Stunden noch acht Läufer vorne dabei.

Erst auf den letzten zehn Kilometern, nach dem Ausstieg des dritten Tempomachers Felix Kibitok (Kenia), wurde das Rennen an der Spitze etwas langsamer, so dass der Weltrekord schließlich außer Reichweite war. Ohne einen Schrittmacher änderte sich die Taktik bei den Läufern schlagartig. Plötzlich rückte die Zeit offensichtlich in den Hintergrund. Statt in 2:55 oder 2:56 Minuten wurden die nächsten Kilometerabschnitte nun in rund 3:00 gelaufen. Es ging um den Sieg und die damit verbundene Prämie von 200.000 Dollar. Das ist das höchste Sieggeld, das es im internationalen Marathonlauf zu gewinnen gibt.

In einem dramatischen Finish kämpften dann auf den letzten 200 Metern noch fünf Läufer um den Sieg. Mehrmals wechselte dabei die Führung. Hinter Mosinet Geremew, der mit seiner Siegzeit von 2:04:00 Stunden zum zehntschnellsten Marathonläufer aller Zeiten wurde, lief der Debütant Leul Gebresilase in 2:04:02 als Zweiter ins Ziel. Das ist die zweitschnellste Zeit, die je bei einem Debüt auf rekordkonformer Strecke erreicht wurde. Dritter wurde Titelverteidiger Tamirat Tola mit 2:04:06 vor dem zeitgleichen Asefa Mengstu. Rang fünf belegte Sisay Lemma in 2:04:08. Die Äthiopier dominierten das Rennen und belegten die ersten zehn Ränge.

„Es war ein guter Wettkampf“, sagte Mosinet Geremew, der seine bisherige Bestzeit von 2:06:12 Stunden im vergangenen Jahr mit einem dritten Platz in Berlin aufgestellt hatte. „Zwischen Kilometer 40 und 41 dachte ich, dass ich gewinnen kann.“ Etwas Pech hatte Tamirat Tola, der im vergangenen Jahr in Dubai den Streckenrekord auf 2:04:11 verbessert hatte. An einem Verpflegungsstand bei Kilometer 35 lief ihm ein Konkurrent vor die Füße, um eine Flasche zu erreichen. „Ich habe die Balance verloren und wäre fast gestürzt. Das hat sich etwas in der Hüfte bemerkbar gemacht, aber ich weiß nicht, ob das letztlich entscheidend war“, sagte der Marathon-Vize-Weltmeister von London 2017.

Im Gegensatz zu den Männern entwickelte sich das Frauenrennen genau anders herum. Hier war das Anfangstempo etwas verhaltener. Die Zwischenzeiten im ersten Viertel des Marathons deuteten auf ein Ergebnis im Bereich von 2:21 Stunden hin. Doch dann wurde das Rennen schneller. Als eine 15-köpfige Spitzengruppe die Halbmarathonmarke nach 70:07 Minuten passierte und früh morgens inzwischen die Sonne aufgegangen war, war eine Topfavoritin nicht mehr zu sehen: Die dreimalige Dubai-Siegerin und bisherige Streckenrekordlerin Aselefech Mergia (Äthiopien/2:19:31) hatte das Rennen schon nach rund 15 km aufgegeben. Rund zehn Kilometer später war auch für eine zweite Weltklasseläuferin Schluss: Mare Dibaba (Äthiopien), Olympia-Dritte von 2016 und Weltmeisterin von 2015, ging aus dem Rennen.

Nach 30 km waren aber immer noch neun Läuferinnen in der Spitzengruppe. Die Entscheidung fiel dann erst spät im Rennen: Jenseits der 40-km-Marke gelang es der 22-jährigen Roza Dereje, sich aus der inzwischen vierköpfigen Spitzengruppe zu lösen. „Ich hatte noch Energie, das war entscheidend. Dadurch konnte ich mein Tempo halten“, sagte die Äthiopierin, die mit ihrer Siegzeit von 2:19:17 zur siebtschnellsten Läuferin aller Zeiten wurde. Ihre Landsfrauen Feyse Tadese (2:19:30), Yebrgual Melese (2:19:36) und Titelverteidigerin Worknesh Degefa (2:19:53) blieben ebenfalls unter 2:20 Stunden.

Im Rennen der Frauen liefen die ersten zehn Athletinnen allesamt persönliche Bestzeiten. Bei den Männern gelang dies den ersten Acht. Aufgrund der enorm starken Zeiten hat sich Dubai auch in der Liste der schnellsten City-Marathonrennen der Welt weiter nach vorne geschoben. Gewertet wird hier der Durchschnitt der schnellsten zehn je bei einem Rennen gelaufenen Zeiten. Bei den Männern führt hier Berlin mit 2:03:28,4 Stunden. Dubai hat London überholt und ist jetzt mit 2:04:12,7 Zweiter. Auch bei den Frauen rückte Dubai auf Platz zwei vor (2:19:41,9). Schneller ist nur noch London mit 2:18:25,7. Auf Rang drei liegt jetzt Berlin (2:19:50,5).