Trail- und Berglauf-WM
Titel für Norwegen und Frankreich: Stian Hovind Angermund und Clementine Geoffray gewinnen
Beim „kurzen“ WM-Trailrun über 45,2 Kilometer und 3121 Höhenmetern von Innsbruck ins Stubaital blieb das deutsche Team nach dem Ausstieg von Laura Hottenrott ohne Medaille.
Am zweiten Renntag der Trail- und Berglauf-Weltmeisterschaften in Innsbruck und im Stubaital hat Stian Hovind Angermund aus Norwegen Gold bei den Männern im Trail Short gewonnen und seinen Titel verteidigt. Der Lauf startete am Landestheater in Innsbruck und führte durch alpines Gelände unter anderem entlang der berühmten Kalkkögel zum Ziel in Neustift im Stubaital. Bei den Frauen lief Clementine Geoffray aus Frankreich zum Titel.
In dem spannenden Rennen über 45,2 Kilometer mit 3121 Höhenmetern setzt sich der Norweger in 4:19 Stunden vor dem Briten Thomas Roach und Luca des Pero aus Italien durch. Bei den Frauen gewann Clementine Geoffray aus Frankreich den Titel mit einem mit einem starken Finish in 4:53 Stunden vor der Schweizerin Judith Wyder, die das Rennen über weite Strecken angeführt hatte. Auf Rang drei landet mit der Theresa Leboeuf ebenfalls eine Läuferin aus der Schweiz.
Daniela Oemus mit starkem sechsten Platz beste Deutsche
Für die beste deutsche Platzierung sorgte Daniela Oemus (SV Motor Königsee) als Sechste mit einem Rückstand von 23:22 Minuten auf die Weltmeisterin. Die 34-Jährige war nach ihrem Sieg beim zur Golden Trail World Series gehörenden spanischen Rennen von Zegama nach Aizkorri nachträglich ins deutsche Team berufen worden. Sie hatte sich in dem Rennen von Innsbruck durch die Tiroler Berge nach Neustift anfangs ein wenig zurückgehalten – auch weil sie zuletzt mit Fußproblem zu kämpfen hatte, seit sie im Baskenland den wohl größten Triumph ihrer Karriere gefeiert hatte.
„Ich hatte schon vor zwei Jahren Probleme mit dem linken Fuß. Vor dem Rennen in Spanien habe ich die Pflege des Fußes wohl ein bisschen vernachlässigt“, erklärte sie. Seit ihrem Triumph im Baskenland konnte die für ihre Downhill-Qualitäten bekannte Läuferin nicht schnell bergab laufen. Rechtzeitig zu den Weltmeisterschaften lief es aber wieder. „Ich bin mit Tape am Fuß gelaufen und froh, dass er nicht weh getan hat. Meine größte Angst war, wegen Schmerzen aufgeben zu müssen“, sagte die Läuferin, die als Assistenzärztin im thüringischen Gera arbeitet.
Töchterchen Emily als erste Gratulantin
Zu den ersten Gratulantinnen zählte in Neustift Töchterchen Emily. „Sie ist jetzt ein Jahr alt, nach ihrer Geburt war ich in Elternzeit, seit Mai habe ich wieder eine 60-Prozent-Stelle“, sagte Daniela Oemus, die mit der dreijährigen Alina eine weitere Tochter hat und ihre Liebe fürs lange Laufen in der Natur 2016 beim Rennsteiglauf im heimischen Thüringer Wald entdeckte.
Ein Wermutstropfen war für sie, dass sie nach 30 Kilometern ihre Teamkollegin Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel) überholen musste, die später ausstieg. „Mir wäre es natürlich lieber gewesen, wenn sie bis ins Ziel vor mir geblieben wäre, denn wir waren ja auf Kurs Teamsilber“, sagte Daniela Oemus.
Aber Laura Hottenrott, die tags zuvor das Vertical-Rennen als Vierte beendet hatte, war nach einem bärenstarken Beginn, mit dem sie lange auf den Rängen drei und vier gelegen hatte, bei Kilometer 30 eingebrochen und konnte das Rennen nicht beenden. Sie war von dem Erfolg beim Vertical emotional so aufgeladen, dass sie in der Nacht zwischen den beiden Rennen nur drei Stunden schlafen konnte. „Trotzdem lief es anfangs überraschend gut“, sagte die deutsche Berglaufmeisterin und zweimalige Gewinnerin des Jungfrau-Marathons in der Schweiz, „aber nach 25 Kilometern auf den technisch anspruchsvollen Trails hat meine Konzentration und Koordination so stark nachgelassen, dass ich mich sehr unsicher gefühlt habe.“
Zu diesem Zeitpunkt waren es noch über 15 Kilometer bis ins Ziel, und am Ende wartete ein langer und schwieriger Downhill hinunter nach Neustift. Der höchste Punkt der Strecke wurde oberhalb der Starkenburger Hütte mit 2399 Metern erreicht, bevor es dann auf einem langen und steilen Downhill ins Ziel auf gut 1000 Metern ging. „Das Rennen vorzeitig zu beenden, war auch eine Entscheidung für meine Sicherheit. Es war mir zu gefährlich. Ich habe ja noch Pläne für den Rest der Saison“, sagte die 31-Jährige. Sie will zunächst zurück auf die Straße und hat beim BMW Berlin-Marathon die Qualifikation für den Olympiamarathon 2024 in Paris im Blick. „Und ich wäre auf dem Weg nach Neustift mit Sicherheit so weit nach hinten durchgereicht worden, dass es mit der Teammedaille auch nichts geworden wäre, wenn ich in diesem Zustand bis ins Ziel durchgelaufen wäre.“
Anja Kobs von ihrem Heimatverein im Stubaital gefeiert
So liefen am Ende Anja Kobs (TSV Alling; 5:31:28 h) auf Rang 22 als zweit- und Lena Laukner (Citylauf-Verein Dresden; 5:37:12 h) als drittbeste Deutsche ins Ziel, was zu Rang sieben in der Teamwertung reichte. Dioni Gorla (Ultimativer Lauf Verein Wolfsburg; 5:59:37 h) wurde 52.
Anja Kobs war dennoch super happy mit dem Rennen, das ihr erster Start in einer deutschen Laufnationalmannschaft war: „Für mich war das perfekt. Ich bin keine reine Trailläuferin, sondern Multisport-Athletin und mache auch noch Duathlon und Triathlon. Außerdem bin ich geschmeidige 46 Jahre alt.“ Sie war „stolz wie Bolle“ in diesem Team zu sein – obwohl sie als Triathletin schon öfter im Nationaltrikot gestartet ist.
Bene Hoffmann schnellster Deutscher auf Rang zehn
Ebenfalls Siebter wurde das deutsche Männerteam mit Benedikt Hoffman (TSG 1845 Heilbronn; Zehnter/4:32:28 h), Marc Dürr (TV Hindelang; 27./4:44:47 h), Thomas Wanninger (WSV Viechtach; 40./4:54:08 h) und Marcel Höche (TS Herzogenaurach; 44./4:54:45 h). Vor allem Benedikt Hoffman war mit seiner Leistung als Zehnter und trotz eines blutigen Knies sehr zufrieden. „Ich bin die ersten und letzten zehn Kilometer der Strecke vor einer Woche abgelaufen, das hat sich ausgezahlt, obwohl ich beim letzten Downhill gestürzt bin und danach auch Krämpfe hatte“, sagte der 38 Jahre alte Vater von zwei Jungs, der als Biologie- und Chemielehrer an einem beruflichen Gymnasium in Tuttlingen arbeitet und der diese Trail-Weltmeisterschaften auf einer Ebene mit den ganz großen Trailklassikern weltweit sieht. „Das wird ja in der Szene viel diskutiert, aber dieses Event hat einen Stellenwert, der einer Weltmeisterschaft absolut würdig ist.“
Die Bilder vom Short Trail bei der WM in Innsbruck und im Stubaital
- Fotos: WMTRC 2023/Roast Media, Christian Ermert