Im Interview
Top-Läufer und Lauf-Organisator in Personalunion: Maximilian Thorwirth
Maximilian Thorwirth ist eine der Entdeckungen unter den deutschen Läufern, die am Wochenende in Berlin um die nationalen Titel rennen. Warum er auch ein neues Event organisiert, liest du hier.
Maximilian Thorwirth ist gleichzeitig Spätzünder und Senkrechtstarter unter den deutschen Top-Läufern. Vor vier Jahren war er mit damals schon 23 Jahren einer unter vielen, die schnell 1.500 und 5.000 Meter laufen können. Seit er sich komplett aufs Laufen konzentriert, hat er eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt, die ihn dieses Jahr zum Deutschen Hallenmeister über 3.000 Meter, zu Platz acht bei den Hallen-Weltmeisterschaften und zu einer neuen Top-Bestzeit über 5.000 Meter geführt hat. Mit 13:22,66 Minuten hat er erstklassige Chancen auf einen Start bei den Leichtathletik-Europameisterschaften, die vom 15. bis 21. August in München stattfinden. Am Wochenende (25./26. Juni) tritt er bei den Deutschen Meisterschaften im Berliner Olympiastadion über 5.000 Meter an. In unserem Interview spricht er aber auch über sein Engagement als Laufveranstalter und stellvertretender Athletensprecher im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Alle Informationen rund um die nationalen Titelkämpfe in Berlin findest du im digitalen Programmheft des DLV.
Maximilian, bist du fit für das 5000-Meter-Rennen bei den Deutschen Meisterschaften?
Maximilian Thorwirth: Ich bin zumindest gesund und fühle mich konkurrenzfähig. Sonst würde ich mich nicht an den Start stellen, obwohl ich vor gut zwei Wochen noch Corona hatte. Es hatte mich ziemlich erwischt. Mit Fieber und auch den anderen Symptomen. Jetzt geht es mir aber wieder gut, und die Ärzte haben grünes Licht für meinen Start gegeben. Inwieweit meine Form darunter gelitten hat, oder auch nicht, wird man am Samstag sehen.
Es geht für dich immerhin um den Start bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in München im August.
Maximilian Thorwirth: Ja, über 5.000 Meter haben mit Mohamed Mohumed, Sam Parsons, Davor Aaron Bienefeld und mir schon vier Läufer die Norm für die EM unterboten, es können aber nur drei starten. Deshalb wäre es am besten, in Berlin Erster oder Zweiter zu werden, um sicher für München planen zu können. Aber falls das nicht gelingt, gibt es im Juli noch Möglichkeiten, sich zu positionieren. Der DLV nominiert das Team für München ja erst am 26. Juli.
Dass du einmal für Deutschland laufen würdest, war vor ein paar Jahren noch gar nicht absehbar. Als 2018 die letzte Leichtathletik-EM stattfand, warst du 23 und mit 14:22,58 Minuten noch recht weit weg von der nationalen Spitze. Jetzt bist du 27, bist bei der Hallen-WM in Belgrad über 3000 Meter auf Rang acht gelaufen und kannst nach deinen 13:22,66 Minuten von Oordegem für die EM planen. Wo siehst du die Gründe für deine Leistungsentwicklung?
Maximilian Thorwirth: Die Initialzündung war 2019, als ich mich auf 13:46,75 Minuten verbessert habe. Da habe ich gemerkt, dass es noch was werden kann mit internationalen Starts für Deutschland. Zuvor war ich noch Werksstudent, habe das Laufen neben dem Studium gemacht. Nachdem ich den Bachelor in Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule in Köln abgeschlossen hatte und danach als Werksstudent in Nürnberg gearbeitet habe, konnte ich mich erstmals ganz aufs Laufen konzentrieren. Ich bin von Nürnberg zurück in meine Heimatstadt Düsseldorf gezogen und habe mich der starken Wattenscheider Trainingsgruppe von Tono Kirschbaum angeschlossen …
… von wo du mittlerweile aber nach Tübingen zu Isabelle Baumann gewechselt bist, die schon vor 30 Jahren ihren Mann Dieter zum Olympiasieger über 5000 Meter gecoacht hat.
Maximilian Thorwirth: Das hat damit zu tun, dass Tono mittlerweile in Rente ist und fast nur noch Straßenläufer betreut. Isabelle ist fachlich und menschlich eine Supertrainerin mit wahnsinnig viel Erfahrung. Der Wechsel nach Tübingen hat mich noch mal nach vorn gebracht. Ich fühle mich dort superwohl, wir haben eine Supertrainingsgruppe, zu der ungefähr 30 Leute gehören − nicht alles Top-Athletinnen und -Athleten, die im Nationalteam laufen wie Hanna Klein und ich, sondern auch einige Ambitionierte, die das neben Job oder Uni machen. Ich muss fast nie allein trainieren, wohne in der gleichen Straße wie die Baumanns, die mich sehr unterstützen. Als ich jetzt krank war, haben sie für mich eingekauft und mir sehr geholfen.
Trainierst du auf denselben Strecken wie damals Dieter Baumann?
Maximilian Thorwirth: Ja, es ist spannend, zu wissen, wer hier schon alles gelaufen ist und Top-Leistungen vorbereitet hat. Nicht nur Dieter, sondern beispielsweise auch Weltmeister wie Bernard Lagat oder der ehemalige deutsche Marathonrekordler Arne Gabius. Die alten Geschichten zu hören motiviert und inspiriert sehr.
Als stellvertretender Athletensprecher im DLV engagierst du dich auch für andere Aktive, hast dich zuletzt auch kritisch mit der Kaderstruktur in Deutschland auseinandergesetzt …
Maximilian Thorwirth: … das größte Problem der deutschen Leichtathletik sehe ich darin, dass zwar die Athletinnen und Athleten, die in der Nationalmannschaft starten, gut versorgt sind, aber dahinter eine große Lücke klafft. Für die sogenannte „zweite Reihe“, als Athletinnen und Athleten die zwar bei Deutschen Meisterschaften starten, aber den Sprung ins Nationalteam nicht schaffen, ist der Sport oft nicht mehr sehr attraktiv, weil sie nach dem Schulabschluss kaum noch gefördert werden. Es wäre gut, wenn die Unis und Arbeitgeber hier mehr Unterstützung anbieten würden. Mehr Leistungsdichte unterhalb der absoluten Spitze würde auch der deutschen Leichtathletik insgesamt guttun.
Wie kommt es eigentlich, dass du jetzt in deiner Heimatstadt Düsseldorf auch noch als Laufveranstalter der „KÖ-Meile“ in Erscheinung trittst, die am 4. September auf Düsseldorfs Vorzeige-Einkaufsstraße stattfinden wird. Das ist für einen aktiven Profiathleten ja eher ungewöhnlich.
Maximilian Thorwirth: Ich habe mit allen Läuferinnen und Läufer aus Düsseldorf und der Umgebung gelitten, als klar war, dass dieses Jahr wegen Probleme des Veranstalters weder der Marathon im Frühjahr noch der Kö-Lauf im Herbst stattfinden werden. Für mich war schnell klar, dass die Laufcommunity hier etwas Besseres verdient hat und wir einen Weg finden müssen, die Düsseldorfer Lauftradition am Leben zu halten. Zusammen mit meinem Vater Frank und meinem ehemaligen Coach Bernd Zahlten wollen wir nach dem Vorbild der New Yorker „Fifth Avenue Mile“ eine neue Art von Laufevent etablieren. Nachwuchs- und Hobbyläufer, aber auch Elite-Athleten können über Distanzen von fünf Kilometern und einer Meile an den Start gehen. Ich freue mich total, dass wir auf der Kö bleiben, aber gleichzeitig das Event neuer und moderner gestalten können, wobei es ganz früher ja sogar schon mal eine Kö-Meile gab. Und als Kind habe ich regelmäßig am damaligen Kö-Lauf teilgenommen.
Liegen da die Wurzeln deiner Laufkarriere?
Maximilian Thorwirth: Definitiv, wobei die ersten Anfänge in der Leichtathletik und beim Laufen für mich in den USA liegen. Als ich sechs war, ist meine Familie für fünf Jahre in die Staaten gezogen, an der Schule habe ich dann Basketball, Baseball und Fußball gespielt und habe im Herbst an Crossläufen teilgenommen. Mit elf war ich dann wieder in Deutschland und habe mich für die Leichtathletik und das Laufen entschieden.
Wirst du irgendwann selbst auf die Straße wechseln und Marathon laufen?
Maximilian Thorwirth: Aktuell kann ich mir das nicht vorstellen. Unsere Planungen sind auf einen Bahnstart bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris ausgerichtet. Aber was danach kommt, weiß ich heute noch nicht.
Welcher ist dein Lieblingslaufschuh?
Maximilian Thorwirth: Bei den Dauerläufen auf jeden Fall der 880 von New Balance. Das ist ein echter Allrounder, denn ich auf der Straße, im Wald und sogar auf Trails tragen kann. Bei schnellen Dauerläufen auf der Straße ist der Carbonschuh FuelCell RC Elite New Balance optimal. Und ich freue mich sehr, dass es mit dem FuelCell SC Pacer jetzt auch einen Carbonschuh von New Balance gibt, der weniger stark gedämpft ist als die üblichen Carbonschuhe, die mir fürs Bahntraining zu weich sind. Der Pacer ähnelt vom Aufbau eher den superleichten Rennschuhen, wie sie vor der Carbon-Ära üblich waren. Er ist für mich der perfekte Schuh für Tempoläufe auf der Bahn. Im Wettkampf trage ich natürlich Spikes.