Melat Kejeta startet
Vier Deutsche beim WM-Marathon in Budapest – Olympia schon im Visier
Während sich die meisten Marathon-Asse schon auf die Olympiaqualifikation für Paris 2024 konzentrieren, plant ein DLV-Quartett um Melat Kejeta diesen Sommer noch den Start bei der WM in Ungarn.
Melat Kejeta wird bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Budapest im August im Marathon starten. Dies bestätigte die Olympia-Sechste von Sapporo 2021 auf Anfrage. Die Athletin des Laufteams Kassel wird mit großer Sicherheit die einzige Frau sein, die für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) in Ungarn über die 42,195 km laufen wird. Bei den Männern hingegen werden, wie der neue Marathon-Bundestrainer Matthias Kohls bestätigte, drei deutsche Marathonläufer bei der WM starten: Haftom Welday (Hamburger Laufladen), Johannes Motschmann (SCC Berlin) und Tom Gröschel (TC Fiko Rostock).
Für das Gros der deutschen Topläufer ist ein WM-Start jedoch nicht interessant, denn für sie hat längst die Olympia-Qualifikation für die Spiele 2024 in Paris Priorität. Da der internationale Leichtathletik-Verband (World Athletics) bestätigte, dass hier als Qualifikationskriterium die erzielte Zeit Priorität hat, geht es für die Athleten darum, sich mit einer entsprechend schnellen Leistung zu qualifizieren. Insofern haben für die meisten Herbst-Marathonrennen auf schnellen Strecken und mit Tempomachern klare Priorität gegenüber einem Meisterschaftsrennen im Hochsommer.
Fünf Männer und sechs Frauen hatten im Qualifikationszeitraum (1. Dezember 2021 bis 30. Mai 2023) die internationalen Normzeiten von 2:09:40 beziehungsweise 2:28:00 Stunden für die WM unterboten. Nach einer fast zweijährigen Wettkampfpause aufgrund ihrer Schwangerschaft war Melat Kejeta Ende Mai in Ottawa die Qualifikation unmittelbar vor Ablauf der Frist noch ganz knapp mit 2:27:51 gelungen. Zunächst war sich Melat Kejeta nicht sicher, ob sie bei der WM starten würde oder als nächstes einen Qualifikations-Versuch für Olympia unternehmen würde. Nun entschied sie sich für die WM. Theoretisch hat Melat Kejeta aber das Vermögen, sogar bei einer Weltmeisterschaft schnell genug zu laufen, um sich auch gleich das Olympia-Ticket zu sichern.
Haftom Welday führt das deutsche Männerteam für den Marathon in Budapest an
Haftom Welday schaffte als einziger jener drei Männer, die in Budapest starten wollen, die Qualifikation über die erzielte Zeit. Er erreichte in Berlin im vergangenen Jahr bereits 2:09:06 Stunden. Der Hamburger peilt ebenso wie Johannes Motschmann nach dem WM-Rennen die anspruchsvolle Qualifikation für die Olympischen Spiele an.
Anders ist die Situation für Tom Gröschel, der sich ebenso wie Johannes Motschmann über die Position in der Weltrangliste noch für die WM qualifizierte. Der Rostocker schätzt realistisch ein, dass er im Kampf um ein Olympia-Ticket nicht wirklich Chancen haben wird. „Die Konkurrenzsituation hat sich in den letzten Jahren einfach erheblich zugespitzt“, sagt Tom Gröschel, der 2018 bei der EM in Berlin als Elfter im Marathon noch bester deutscher Läufer war. „Wenn ich nun die Chance habe, bei der WM zu starten, dann mache ich das. Und mein Entschluss stand fest, als ich sah, dass es über die Weltranglisten-Position reichen würde.“ In einem vierwöchigen Trainingslager in St. Moritz will sich Tom Gröschel auf den WM-Start vorbereiten. Doch die Finanzierung für den Aufenthalt in der Schweiz ist noch nicht gesichert. Tom Gröschel hofft, dass sich mit Hilfe des DLV die Finanzierungslücke noch schließen lässt.
Spannender Kampf um die sechs deutschen Olympiastartplätze für den Marathon in Paris 2024
Während es keinen nationalen Kampf um WM-Startplätze gab, sieht das bezüglich der Olympischen Spiele ganz anders aus. Das Rennen um die maximal jeweils drei Olympia-Tickets verspricht große Spannung. Der Marathon ist aufgrund seiner Historie eine der Kern-Disziplinen bei den Spielen. Eine Olympiateilnahme über die 42,195 km gehört zweifellos zu den Karriere-Höhepunkten für einen Marathonläufer.
Lange Zeit war nicht klar, welche Kriterien bei der Qualifikation Priorität haben würden - die Zeit oder die Position in der Weltrangliste. Wie die Pressesprecherin von World Athletics, Nicole Jeffrey, jetzt auf Anfrage erklärte, ist das Prozedere analog zu den Spielen in Japan 2021. Das heißt, alle die die Normen von 2:08:10 beziehungsweise 2:26:50 Stunden unterbieten und zu den drei besten Athleten ihrer Nation gehören, gelten als qualifiziert. Allerdings können sich so nur maximal 80 Läufer insgesamt qualifizieren. Es kann also theoretisch passieren, dass selbst eine knapp unterbotene Norm am Ende nicht reicht. Nur wenn weniger als 80 Athleten die jeweiligen Normen erreichen, werden die verbleibenden Plätze über die Weltrangliste zugeteilt.
Unter Berücksichtigung, dass nur drei Athleten pro Nation starten dürfen, haben bisher 49 Männer und zufällig ebenso viele Frauen die Olympia-Normen unterboten. Sie gelten zurzeit als qualifiziert für Paris 2024. Wichtig ist ein erster Nominierungs-Stichtag am 30. Januar 2024. Nach diesem Datum vergibt World Athletics jeweils 64 der 80 Startplätze. So wie es aussieht, dürften diese ausschließlich über die Zeit vergeben werden und nicht über die Weltranglisten-Position.
Mit dem frühen Stichtag wird erstmals der besonderen Situation Rechnung getragen, in der sich Marathonläufer befinden. In der Regel ist eine monatelange Vorbereitung nötig, um in Topform zu sein - dies kann bei späteren Nominierungen, wie sie bisher für viele Athleten immer wieder die Regel waren, extrem schwierig werden.
Für die jeweils 16 restlichen Läufer und Läuferinnen der Olympia-Felder gilt der Stichtag 30. April 2014. Danach werden diese Startplätze zugeteilt.
Die heißesten deutschen Kandidaten und Kandidatinnen für den Olympiamarathon 2024*
Männer | Olympianorm: 2:08:10
- 2:07:02 Amanal Petros (SCC Berlin/Hamburg 2023)**
- 2:08:08 Richard Ringer (LC Rehlingen/Hamburg 2023)**
- 2:08:22 Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg/Barcelona 2023)
- 2:09:06 Haftom Welday (Hamburger Laufladen/Berlin 2022)
- 2:09:25 Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg/Linz 2023)
Frauen | Olympianorm: 2:26:50
- 2:25:48 Fabienne Königstein (MTG Mannheim/Hamburg 2023)**
- 2:25:52 Deborah Schöneborn (SCC Berlin/Sevilla 2023)**
- 2:26:50 Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg/Sevilla 2022)
- 2:26:50 Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg/Hannover 2022)
- 2:27:35 Rabea Schöneborn (SCC Berlin/Hannover 2022)
- 2:27:51 Melat Kejeta (Laufteam Kassel/Ottawa 2023)
*) aufgeführt sind alle Athlet*innen, die zwischen Dezember 2021 und Mai 2023 entweder die Olympianorm oder die WM-Norm (2:09:40 bzw. 2:28:00) unterboten haben
**) gilt bereits als Olympianorm, weil im Zeitraum zwischen dem 1. November 2022 und 30. April 2024 erzielt