Massieren, dehnen, kräftigen
Wie die Faszienrolle Läuferinnen und Läufern hilft
Training mit der Faszienrolle ist nicht angenehm, aber kann bei Verletzungsprävention, Aufwärmen und Regeneration helfen – wenn man es regelmäßig tut. Wie es funktioniert und was du beachten musst.
Hin und wieder macht sich der Lateinunterricht aus der Schulzeit bezahlt. Etwa wenn das Wort „Faszien“ auftaucht. Dass Faszien rund um Muskeln liegen, wissen heute die meisten Läuferinnen und Läufer. Vor fünf oder zehn Jahren war das noch anders.
Was genau sind Faszien?
Doch auch das Training, der Kampf gegen Probleme und Schmerzen der Faszien, also das Arbeiten mit der „Faszienrolle“, ist meist eher Last als Lust: Meist schmerzen die Regionen nämlich meist am meisten, wenn man sie mit der Faszienrolle bearbeitet, die das Faszientraining am nötigsten haben.
Was genau sind Faszien eigentlich? Ganz einfach: Eine Art innere Haut. Eine Bindegewebsschicht und -struktur, die Muskeln, Knochen und Organe umschließt. Nur durch die Hülle kann die Kraft der Muskeln zielgerichtet wirken. Darüber hinaus sorgen diese Hüllen dafür, dass Organe und Muskeln sich gut und eng aneinanderschmiegen können, aber dabei nicht zusammenkleben, sondern beweglich aneinander entlanggleiten können.
So macht man Faszien beweglich und elastisch
Damit all das funktioniert, müssen Faszien beweglich, gleitfähig und elastisch sein. Sind sie das nicht, hakt, sperrt oder scheuert es. Wenn Ärztin oder Arzt, Physiotherapeut oder -therapeutin von „verklebten“ Faszien sprechen, ist genau das der Fall. Wissenschaftlicher formuliert sind diese „Klebestellen“ Bindegewebsbrücken. Doch egal wie man sie nennt, egal, ob sie durch falsche, zu viel oder zu wenig Bewegung entstehen: Faszienprobleme bringen Schmerzen. Und von selbst verschwinden sie nicht – ganz im Gegenteil.
Bewusst simpel formuliert tut man – unter medizinischer oder physiotherapeutischer Anleitung – dann das, was man auch mit einem zerknüllten Stück Stoff oder Papier tun würde: Man zieht es lang und flach. Bügelt die Falten raus. Und dehnt und zieht, bis die gewünschte Stärke, Form und Konsistenz erreicht sind. Backen, Straßenbau – der gleiche Trick: Man walzt und rollt, bis alles flach und eben ist.
Eine Faszienrolle gehört ins Lauf-Equipment
Statt der Straßenwalze, dem Bügeleisen oder dem Nudelholz greift man beim menschlichen Körper aber zur Faszienrolle. Wobei: Wenn gerade keines dieser meist aus hartem Schaumstoff oder Kork hergestellten Geräte greifbar ist, kann man zur Not schon mal mit Nudelholz oder sogar PVC-Abflussrohr improvisieren. Trotzdem: Wer öfter „rollt“, sollte sich eine „richtige“ Faszienrolle besorgen.
Das Tolle an der Rolle ist, dass man sich – wenn man es einmal halbwegs raushat – mit ihr sehr gut und einfach selbst massieren kann. Und das regelmäßige Rollen hilft, Verklebungen zu verhindern. Das hilft nicht nur gegen Muskelkater, sondern schützt auch vor Verletzungen. Denn lange bevor Schmerzen auftreten, beeinträchtigen minimale Ablagerungen und Nano-Verklebungen schon die Beweglichkeit. Zunächst minimal – aber das Verletzungsrisiko steigt.
Wie oft und wann sollte man mit der Faszienrolle arbeiten?
Wer rollt, beugt also vor. Doch: Wie oft? Vor oder nach dem Laufen – oder als separate Einheit? Dafür gibt es keine allgemeingültigen Regeln: Was wirkt, das gilt. Klar ist aber: Nur regelmäßig bringt nachhaltig etwas.
Die Krux am Rollen ist jedoch, dass just der Grad des Schmerzes oder des Unangenehmseins sagt, wo es am meisten gebraucht wird. Wirklich angenehm ist es kaum wo – aber dort, wo es am unangenehmsten ist, ist es in der Regel am nötigsten. Freilich: Brutal mit der Faszienrolle genau auf Schmerzstellen draufzuhalten, wäre falsch.
Der Druck – du wirst rasch rauskriegen, ihn durch dein eigenes Gewicht und die Art, wie du dich auf der Rolle einrichtest und ringsum (nicht) abstützt, zu variieren – darf und soll da durchaus einen Tick in Richtung Schmerz gehen. Aber eben nur einen Tick.
Sichtbar verletzte Bereiche sind tabu
Was noch wichtig ist? Der Bewegungsdruck sollte immer zum Herzen hin ausgeübt werden. Und sichtbar verletzte, geschwollene, gerötete oder akut schmerzende Stellen sind tabu. Der gesunde Menschenverstand gebietet es ohnehin, sicherheitshalber wiederholen wir es dennoch: Der Zustand von frischen Verletzungen, abheilenden Wunden, Thrombosen oder entzündeten Bereichen kann (und: wird) sich verschlechtern, wenn man direkt darauf werkt, wirkt und walkt.
Rollst du vor dem Training, hilft das beim Warm-up, rollst du danach, fördert es die Regeneration. Aber du wirst rasch daraufkommen, dass du die Rolle auch für Kraft- und Balanceübungen nutzen kannst: Versuche, auf ihr stehend zu balancieren – und dann sogar Kniebeugen zu machen. Stell sie, wenn du im Längssitz sitzt, neben deinen Knöchel und hebe die (gestreckten!) Beine abwechselnd darüber. Aber ohne dass dein Rücken nach hinten ausweicht.
Wie genau arbeitet man aber nun mit der Faszienrolle? Hier sind ein paar Übungen:
Ausrollen der Oberschenkel:
Leg dich seitlich hin. Stütz dich mit dem Ellbogen so ab, dass der Oberkörper keinen Bodenkontakt hat. Schiebe die Faszienrolle unter den unteren Oberschenkel. Der Fuß des oberen Beins und die Hand dieser Seite sind am Boden abgestützt. Rolle vor und zurück – und variiere (etwa durch Anheben oder Umstellen des Fußes oder der Hand) den Druck. Wechsle die Seite.
Oder: Leg dich auf dem Bauch in die Unterarm-Plank-Position, schiebe die Faszienrolle unter deine Oberschenkelvorderseite. Rolle Richtung Hüfte: Den Druck kannst du durch Anheben eines Beines oder die Position der Arme variieren. Die Oberschenkelrückseite kannst du genauso massieren: Drehe dich mit dem Rücken zum Boden und stütz dich auf beiden Ellbogen ab.
Ausrollen der Waden:
Gehe in den Längssitz. Schieb die Faszienrolle unter die Waden, knapp oberhalb der Achillessehne. Stütze dich mit den Armen hinten ab, hebe den Po. Rolle die Waden zur Kniekehle hin aus. Variiere den Druck durch Anheben oder Abstellen eines Beines.
Den Fußrücken behandeln:
Liegestützposition – die Arme durchgestreckt. Platziere die Rolle unter den Fußrücken. Massiere langsam und kontrolliert – und spiele mit der Gewichtsverlagerung.
Die Hüfte mit der Rolle dehnen:
Die Rolle kommt – während du langgestreckt auf dem Rücken liegst – unter den Po. Mit den Händen ziehst du ein (!) Knie so weit zu dir, wie es die Dehnung in der Hüfte zulässt. Seitenwechsel.
Die Körpermitte kräftigen und mobilisieren:
In der Rückenlage – diesmal mit aufgestellten Füßen – hebst du den Po und schiebst die Rolle darunter (optional: unterer Rücken). Strecke abwechselnd (sehr langsam) abwechselnd je ein Bein waagerecht nach vorne, während du das andere (im Knie abgewinkelte) Bein zur Brust ziehst, bis der Oberschenkel senkrecht nach oben zeigt. Po oder unterer Rücken liegen satt auf der Rolle. Lass dich nicht in Hohlkreuz fallen – und atme gleichmäßig.