Leichtathletik-EM
Wie schlagen sich Deutschlands Läuferinnen und Läufer am EM-Wochenende?
Deutschlands Läuferinnen und Läufer haben bei in München schon dreimal Gold gewonnen. Aber die EM ist noch nicht vorbei. Wir blicken aufs Wochenende, an dem auch Lea Meyer über die Hindernisse mitmischt.
Was waren das bisher für EM-Tage für Deutschlands Läuferinnen und Läufer: Ein irrer Marathon-Montag mit Gold für Richard Ringer und für das deutsche Frauenteam mit Miriam Dattke, Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg), Deborah und Rabea Schöneborn (SCC Berlin), Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) und Kristina Hendel (LG Braunschweig). Dazu Silber für die Männermannschaft mit Ringer, Amanal Petros (TV Wattenscheid), Johannes Motschmann (SCC Berlin), Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid), Konstantin Wedel und Simon Boch (beide LG Telis Finanz Regensburg). Die beiden vierten Plätze für Dattke und Petros.
Und dann der grandiose Lauf von Konstanze Klosterhalfen zum 5.000-Meter-Gold, nachdem sie zuvor bereits als Vierte über 10.000 Meter ihren eigenen deutschen Rekord nur knapp verpasst hatte. Und irgendwie gehört ja auch das grandiose 1.500-Meter-Rennen von Niklas Kaul zum Zehnkampfsieg und Gina Lückenkempers Sprinttriumph von zum Laufen dazu.
Am Wochenende warten noch einige spannende Laufentscheidungen mit zahlreichen deutschen Läuferinnen und Läufer, von denen zwar niemand ein ausgemachter Medaillenkandidat ist, aber bei Europameisterschaften ist ja vieles möglich, was beispielsweise der Sensationssieg unseres Podcasters Jan Fitschen 2006 über 10.000 Meter gezeigt hat. Hier unser Ausblick. Und wenn du mehr Informationen zu allen deutschen Startern bei der Leichtathletik-EM in München suchst, empfehlen wir dir die Teambroschüre des Deutschen Leichtathletik-Verband.
Freitag (19.8.) | 21:00 Uhr: 3.000 Meter Hindernis mit Karl Bebendorf und Niklas Buchholz
Im Vorlauf spielte Karl Bebendorf über die Hindernisse seine ganze Erfahrung aus und teilte sich die 3.000 Meter klug ein. Nachdem er die Spitzengruppe erst hatte ziehen lassen, sammelte er auf den letzten 500 Metern Läufer um Läufer ein. 8:31,67 Minuten bedeuteten Platz zwei in seinem Vorlauf und damit die direkte Qualifikation für den Endlauf. Für die positive Überraschung sorgte EM-Neuling Niklas Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch). Bei seinen ersten großen Meisterschaften überhaupt teilt er sich das Rennen gut ein. Der verdiente Lohn: 8:33,89 Minuten und der Einzug ins Finale über die Zeitregelung.
Die Favoriten kommen aber in erster Linie aus Italien und Spanien: Zwei Italiener, Ahmed Abdelwahed und Osama Zoghlami, führen mit in dieser Saison gelaufenen persönlichen Bestzeiten von 8:10,29 beziehungsweise 8:11,00 die europäische Jahres-Bestenliste an.
Freitag (19.8.) | 20:45 Uhr: 1.500 Meter mit Hanna Klein und Katharina Trost
Ebenfalls zwei Deutsche sind im 1.500-Meter-Finale der Frauen am Start, das heute Abend um 20:45 Uhr stattfindet. Ihr erklärtes Ziel war es, gemeinsam bei der Heim-EM ins Finale einzuziehen. Diesen Traum erfüllten sich Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und die Münchenerin Katharina Trost am Dienstagvormittag mit einer souveränen Vorstellung. Im ersten Vorlauf schwamm Katharina Trost gut mit, hielt sich aus allen Hakeleien raus und leistete auf der Zielgerade Maßarbeit: Platz vier in 4:07,20 Minuten bedeuteten das große „Q“ und damit die sichere Qualifikation für den Endlauf. „Es kommt mir entgegen, dass ich drei Tage Pause hatte. Im Finale ist alles möglich“, sagt sie.
Die Deutsche Meisterin Hanna Klein zog im zweiten Rennen nach, das jedoch deutlich schneller gestaltet wurde. Hanna Klein lief taktisch ähnlich klug wie Katharina Trost, hielt sich die ganze Zeit vorne im Feld auf und konnte so geschickt reagieren, als das Tempo an der Spitze anzog. In 4:03,46 Minuten packte die 29-Jährige eine Saisonbestleistung aus. „Es war eins der besten Rennen, die ich je gemacht habe. Im Finale wird es ein Pokerspiel, weil die europäische Spitze so eng beisammen ist“, meinte sie.
Der Weg zum Gold sollte ohne Hollands Topläuferin Sifan Hassan, die bei den Europameisterschaften nicht angetreten ist, frei sein für Laura Muir. Die britische Olympia-Zweite und WM-Dritte von Eugene zeigte auch bei den Commonwealth Games vor kurzem hochklassige Form: Über 1.500 m gewann die Schottin den Titel, über 800 m zudem die Bronzemedaille. In München tritt sie als Titelverteidigerin an und wird unter normalen Umständen nicht zu schlagen sein.
Samstag (20.8.) | 20:15: 800 Meter mit Christina Hering
Über 800 Meter der Frauen hat sich Christina Hering von der LG Stadtwerke München den großen Traum vom Finale in der eigenen Stadt erfüllt. Die Münchenerin lief am Freitagmorgen in guten 2:00,86 Minuten und über die Zeitregelung in die finale Runde der Europameisterschaften. Es ist das erste große Finale ihrer Karriere. Zuletzt stand vor zwanzig Jahren mit Claudia Gesell eine deutsche Athletin auf dieser Strecke in einem Freiluft-Finale bei Europameisterschaften. „Ich war ganz schön nervös, weil ich wusste, was heute auf dem Spiel steht“, meinte sie nach dem Vorlauf und hofft, dass ihr im Finale „nochmal Flügel wachsen“.
Als Favoritin wird indes Europas klare Nummer eins an den Start gehen: Keely Hodgkinson gewann im vergangenen Jahr bereits olympisches Silber und belegte im Juli auch bei der WM Rang zwei. Nach einer weiteren Silbermedaille bei den Commonwealth Games will die erst 20-Jährige nun bei der EM ihren ersten großen Titel gewinnen.
Samstag (20.8.) | 22:13: 3.000 Meter Hindernis mit Lea Meyer und Elena Burkard
Über 3.000 Meter Hindernis der Frauen sind auch ohne Titelverteidigerin Gesa Krause mit Lea Meyer vom ASV Köln und Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) zwei deutsche Läuferinnen im Finale am Start. Vor allem Lea Meyer geht aussichtsreich in das Renne, das um 22:13 Uhr gestartet wird. Nach ihrem unglücklichen Auftritt bei den Weltmeisterschaften in Eugene, als sie im Vorlauf gleich am ersten Hindernis hängenblieb, kopfüber in den Wassergraben stürzte und das Rennen dennoch tapfer beendete, lieferte die 24-Jährige in München einen ganz souveränen Vorlauf ab. Als Siegerin qualifizierte sie sich sicher in 9:39,55 Minuten für das Finale, das am Samstagabend um 22:13 Uhr gestartet wird.
Und das, obwohl sie sich kurz nach der WM von Eugene auf der Fahrt ins Höhentrainingslager nach St. Moritz auch noch Corona eingefangen hatte. Sie hatte zwar nur wenige Symptome, aber es dauerte lang, bis ihre Tests wieder negativ waren. „Weil ich gerade in der Höhe kein Risiko eingehen und auf keinen Fall zu früh wieder ins Training einsteigen wollte, habe ich gewartet, bis nach einem Check-up vom Arzt das okay kam.“ Zu diesem Check-up durfte sie aber erst nach einem negativen Test. „Vielleicht hat mein Körper mal ein paar Tage Pause gebraucht“, meint sie. Der Vorlauf von München wurde dann zum Befreiungsschlag für die Kölner Studentin, die später Grundschullehrerin werden will. „Den habe ich gebraucht“, meint Lea Meyer, die Anfang 2022 den viel zu frühen Krebstod ihres Trainers Henning von Papen verkraften musste und jetzt vom ehemaligen Hindernisläufer Tobias Kofferschläger betreut wird, der über viel Erfahrung als Trainer verfügt.
Am Samstagabend geht sie selbstbewusst ins Finale, wenn das Stadion wieder voll werden dürfte - auch weil dann im Stabhochsprung Leichtathletik-Superstar Armand Duplantis und drei Deutsche im Stabhochsprung antreten werden. Lea Meyer hofft auf ein schnelles Rennen und auf die Unterstützung der Zuschauer. Dann ist eine neue Bestleistung das Ziel. Die aktuelle steht bei 9:25,61 Minuten. Lea Meyer will möglichst nah an die 9:20 Minuten ranlaufen.
Wenn das gelingt, rücken sogar die Medaillen in Sicht: Im Finale von München stehen nur vier Athletinnen, die schon schneller als 9:20 Minuten gelaufen sind, wobei der Sieg wohl nur über Luiza Gega aus Albanien und die Britin Elizabeth Bird gehen wird. Lea Meyer kann es jedenfalls kaum noch abwarten, bis es losgeht: „Ich freue mich wahnsinnig auf das Finale. Ich hatte schon an den ersten Tagen Gänsehaut und Tränen in den Augen, als ich die EM im Fernsehen angeschaut habe. Das wird ein geiles Ding.“
Sonntag (21.8.) | 19:40: 800 Meter der Männer ohne deutsche Beteiligung
Für die beiden deutschen 800-Meter-Läufer Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) und Marc Reuther (Eintracht Frankfurt) war bereits im Vorlauf Endstation. Im Finale werden sich alle Augen auf einen Athleten richten, der derzeit in Topform ist und dessen Spezialdistanz eigentlich die 1.500 m sind: Der Brite Jake Wightman gewann bei der WM in Eugene im Juli sensationell die Goldmedaille über 1.500 Meter und ist der Favorit über 800 Meter. Er muss allerdings zunächst am Freitagabend um 20:27 Uhr das Halbfinale überstehen, was mit einer persönlichen Bestzeit von 1:44,18 keine große Hürde darstellen sollte, denn von allen 16 Halbfinalisten hat nur der Franzose Benjamin Robert mit 1:43,75 Minuten in diesem Jahr eine schnellere Zeit erreicht.
Sonntag (21.8.) | 20:00 Uhr: 10.000 Meter mit Nils Voigt, Filmon Abraham und Samuel Fitwi
Über 10.000 Meter sind bei einer EM Sensationen durchaus möglich. Es ist 16 Jahre her, dass Jan Fitschen (TV Wattenscheid) in Göteborg 2006 sensationell das EM-Gold über diese Distanz gewann. Derartiges ist von den deutschen Startern in diesem Finale nicht zu erwarten, aber Nils Voigt könnte für eine Überraschung gut sein. Außer dem Wattenscheider werden am Sonntag um 20:00 Uhr aus Deutschland noch Filmon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg) und Samuel Fitwi Sibhatu (LG Vulkaneifel) am Start stehen.
Heißester Anwärter auf Gold ist der Italiener Yemaneberhan Crippa, der mit 27:16,18 Minuten bislang die schnellste Zeit in diesem Jahr vorgelegt hat. Marc Scott (Großbritannien) ist mit 27:10,41 der Mann mit der schnellsten persönlichen Bestzeit auf der EM-Meldeliste, ist aber in dieser Saison noch kein Rennen über 10.000 m gelaufen. Der Belgier Isaac Kimeli und der Franzose Jimmy Gressier waren bei der WM im Juli mit den Plätzen zehn und elf die besten Europäer über die 25-Runden-Distanz. Es sind wohl diese Athleten sowie vielleicht noch der Brite Sam Atkin, die die besten Aussichten im Kampf um die Medaillen haben.