Olympia-Verschiebung
Athleten daheim: So kommen unsere Top-Läufer durch die Krise
Keine Wettkämpfe. Olympia auf 2021 verschoben. Training fast nur allein und vor der eigenen Haustür. Hier beschreiben Elite-Läufer, wie sie trotz Corona ihre Motivation und ihre Form hochhalten.
Keine Wettkämpfe. Olympia auf 2021 verschoben. Training fast nur allein und vor der eigenen Haustür. Hier beschreiben die deutschen Elite-Läufer, wie sie trotz Corona ihre Motivation und ihre Form hochhalten.
Eigentlich waren die 32. Olympischen Sommerspiele vom 24. Juli bis 9. Augsut 2020 in Tokio geplant. Doch dann kam Corona, und das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Spiele nach langem Hin und Her ins Jahr 2021 verschoben. Sie sollen jetzt zwischen dem 23. Juli und dem 8. August in Japans Hauptstadt stattfinden. Viele Leichtathleten trifft die Verschiebung der Olympischen Spiele von 2020 auf 2021 sowohl finanziell als auch sportlich enorm hart. Und während die Bahnläufer noch auf eine späte Saison 2020 und eine reguläre Olympiaqualifikation im kommenden Jahr hoffen können, ist es für die Marathonläufer völlig unklar, wann wieder große Straßenläufe stattfinden werden und wie sie sich für Olympia qualifizieren können. Fest steht bisher nur, dass Marathonläufer, die sich vor April 2020 bereits für Olympia in Tokio qualifiziert hatten, weiter auch für 2021 qualifiziert sind. Neue Normen können dann wieder zwischen dem 1. Dezember 2020 und dem 29. Juni 2021 erzielt werden.
Gesa Krause: »Alles auf null gesetzt. Das erlaubt mir innere Ruhe«
Gesa Krause ist eine der populärsten deutschen Läuferinnen. Bei der Leichtathletik-WM in Doha begeisterte sie 2019 das Publikum mit Bronze über 3000 Meter Hindernis. Die gebürtige Dillenburgerin wurde fünfmal in Folge von der laufen.de-Community zu Deutschlands „Läuferin des Jahres“ gewählt. Die 27-Jährige ist zweimalige Europameisterin und war zweimal WM-Dritte über 3000 Meter Hindernis. Sie lief bei Olympischen Spielen auf den sechsten und siebten Rang. Mit 9:03,30 Minuten hält sie den deutschen Rekord über 3000 Meter Hindernis. Nach ihren Trainingslagern in Kenia und in den USA ist unsere Kolumnistin Gesa Krause in der Krise zu ihren Eltern ins hessische Dillenburg zurückgekehrt.
Alter: 27 Jahre
Verein: Silvesterlauf Trier e.V.
Distanz/Bestzeit:
3000 m Hindernis: 9:03:30 min
Und das sagt Gesa Krause zur Corona-Krise: „Die Pandemie ist für mich ein tiefer Einschnitt – sportlich, wirtschaftlich und persönlich. Die Ungewissheit, ob ich 2020 noch einmal an der Startlinie stehen werde, ist sehr groß. Ich hoffe natürlich, laufen zu können und meine Leistung zu zeigen. Denn ein Jahr ohne Medaillen, ohne Rekorde und ohne neue Herausforderungen ist auch ein Jahr, in dem mir am Ende Erfüllung und Bestätigung fehlen werden. Abgesehen von existenziellen Überlegungen, die in dieser Krisenzeit wohl jeder für sich anstellt, bringt mir diese von der Pandemie erzwungene Wettkampf-Auszeit auch positive Erkenntnisse. Alles ist auf Null gesetzt – das erlaubt mir eine innere Ruhe, die ich mir seit Jahren bei der Hatz von Ziel zu Ziel kaum einmal gegönnt habe. Die Pandemie hat die Welt auf den Kopf gestellt. Sport ist jetzt für eine Weile wirklich nur Nebensache. Wir sollten die Zeit zur Rückbesinnung auf wichtige Werte nutzen. Für mich persönlich entdecke ich viele positive Effekte. Zum Beispiel, dass ich keinen Sommer mehr in Deutschland verbracht habe, seit ich 2008 als 16-Jährige zu Hause ausgezogen bin, jetzt aber endlich mal wieder viele Wochen in Dillenburg bei meinen Eltern sein kann. Das ist schön und gibt mir die Gelegenheit, alte Freundschaften aufleben zu lassen. Motto: Back to the roots. Das heißt auch, die Freude am Laufen neu zu entdecken. Laufen um des Laufens willen – einfach, weil es so befreiend wirkt, so gut tut. Vielleicht ergreift viele Läufer, denen es ebenfalls vergönnt ist, gesund Sport treiben zu dürfen, dieser Tage ebenso intensiv die Dankbarkeit dafür wie mich. Olympia in Tokio findet 2020 also nicht statt. Na und? Meine dritten Spiele bleiben mein Ziel – ich habe verdammt hart dafür trainiert und werde es weiterhin tun. Keiner weiß, wofür der Aufschub gut ist.“
Philipp Pflieger: »Erleichtert, dass Olympia verschoben wurde«
Mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 hat sich Philipp Pflieger bereits einen Lebenstraum erfüllt. Im Februar 2020 ist Pflieger in Barcelona in 62:50 Minuten eine neue persönliche Bestzeit im Halbmarathon gelaufen. Sein Plan war es, sich beim Haspa Marathon Hamburg Ende April für Olympia in Tokio zu qualifizieren. Die ersten Corona-Nachrichten, die seinen Plan gefährden konnten, erreichten ihn im Trainingslager im kenianischen Iten.
Alter: 32 Jahre
Verein: LT Haspa Marathon Hamburg
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:02:50 h
Marathon: 2:12:50 h
Und das sagt Philipp Pflieger zur Corona-Krise: „Im Frühjahr habe ich nochmal einiges ins Training investiert und extra hart trainiert, um mich für Olympia in Tokio zu qualifizieren. Ich war fast zwei Monate im Trainingslager in Kenia und habe mich sehr gut in Form gefühlt. Die Olympiaverschiebung auf 2021 ist natürlich eine Riesenenttäuschung, aber ich war am Ende auch etwas erleichtert, als die Spiele für 2020 abgesagt wurden und die „Salamitaktik“ des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein Ende hatte. Es war ja schnell klar, dass durch unterschiedlich strenge Corona-Maßnahmen in den jeweiligen Ländern kein fairer Wettkampf möglich sein würde. Und trotzdem hat das IOC noch ziemlich lange an den Spielen 2020 festgehalten. Hinzu kommt die Dopingproblematik. In der Corona-Krise sind Kontrollen nicht so möglich, wie es für eine effektive Bekämpüfung nötig wäre. Athleten, die Doping auf Grund ihrer moralischen und ethischen Standards bisher ausgeschlossen haben, werden jetzt nicht schwach werden. Aber für Athleten, die grundsätzlich zum Betrug bereit sind, ist das jetzt eine Situation, die sie ausnutzen werden. Es ist mir auf jeden Fall nicht ganz leicht gefallen, die vergangenen Wochen zu verarbeiten. Das alles abzuhaken und sich neue Ziele zu setzen, ist ein Prozess, den ich so aktiv wie möglich gestalten will, um Vorfreude auf die nächsten Laufevents zu wecken, wenn das alles überstanden ist. Und ich habe die Zeit auch genutzt, um neue Projekte neben meinem Training zu starten. Wie beispielweise den Podcast, in dem ich mit ARD-Sportmoderator Ralf Scholt übers Laufen rede.“
Konstanze Klosterhalfen: »Mehr Zeit, eine breite Basis zu legen«
Konstanze Klosterhalfen ist Deutschlands größtes Lauftalent. Endgültig bewiesen hat sie das mit ihrer Bronzemedaille, die sie sich 2019 bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha im Rennen mit Afrikas schnellsten Läuferinnen gesichert hat. In der Corona-Krise hat die 23-Jährige weiter in den USA bei Pete Julian trainiert. Sie wäre eine Medaillenkandidatin bei den Olympischen Spielen in Tokio gewesen, wird aber sicher auch 2021 eine gute Rolle spielen.
Alter: 23 Jahre
Verein: TSV Bayer 04 Leverkusen
Distanzen/Bestzeiten:
1500 m: 3:59,87 min
3000 m: 8:32,47 min,
5000 m: 14:30,79 min
Und das sagt Konstanze Klosterhalfen zur Corona-Krise: „Zunächst war ich natürlich geschockt, als ich gehört habe, dass die Olympischen Spiele dieses Jahr nicht stattfinden. Mir ist zu diesem Zeitpunkt erst richtig klar geworden, wie ernst die Situation und die Auswirkungen des Virus auf der ganzen Welt sind. Natürlich musste ich mich dann erst einmal sammeln. Tokio war das große Ziel. Allerdings konnte ich für mich dann ziemlich schnell entscheiden, dass ein Jahr mehr Vorbereitung und eine Saison mehr Erfahrungen sportlich gesehen auch Vorteile haben kann. Zum Glück ist Laufen ja ein sehr unkomplizierter Sport. Und die Bedingungen hier in den USA haben es zugelassen, dass ich mein Training beinahe uneingeschränkt durchziehen konnte. Daher mussten wir nicht viel umstellen und haben jetzt mehr Zeit, eine breite Basis zu legen. Wir planen mit einer späten Saison, und ich hoffe noch ein paar schnelle Zeiten laufen zu können. Deshalb freue ich mich sehr, wenn die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig stattfinden, und glaube fest daran, dass eine späte Saison noch zustandekommt.“
Alina Reh: »Kann mich auch ohne Wettkämpfe gut motivieren«
Alina Reh trainierte während der Corona-Krise daheim auf der Schwäbischen Alb. Dass sie in Top-Form ist, hat sie Anfang Mai bei einem Tempolauf über fünf Kilometer bewiesen, den sie ganz allein auf der Bahn in Laichlingen absolviert hat. In 15:18 Minuten ist sie ihrer Bestzeit (15:04,10 min) erstaunlich nah gekommen, wenn man bedenkt dass sie diese Zeit vor einem Jahr bei der Diamond League in Stockholm in einem Weltklassefeld und angetrieben von einem tollen Publikum gelaufen ist.
Alter: 22 Jahre
Verein: SSV Ulm 1846
Distanzen/Bestzeiten: 3000 m: 8:48,05 min,
5000 m: 15:04,10 min, 10.000 m: 31:19,87 min
Und das sagt Alina Reh zur Corona-Krise: „Natürlich waren auch für mich die Olympischen Spiele 2020 ein ganz großes Ziel, von dem ich schon lange träume. Angesichts der aktuellen Situation ist eine Verschiebung aber die beste Lösung. Nun habe ich einfach ein Jahr mehr Vorbereitungszeit. Ich habe auch keine großen Probleme, mich ohne Wettkämpfe zu motivieren. Ich laufe einfach gern und brauche das Training, damit es mir gut geht. Wir Läufer können uns ja glücklich schätzen, dass wir während der ganzen Corona-Krise immer in der Natur unterwegs sein konnten. Bei meinem neuen Trainer André Höhne trainiere ich allerdings genauso, als würde ich diesen Sommer Wettkämpfe bestreiten. Die Rennen ersetzen wir durch Leistungsdiagnostiken. Dabei kann ich auch gut an mein Limit gehen. Schade ist, dass ich im März das Trainingslager im südafrikanischen Dullstroom abbrecchen und auf ein zweites in Südafrika verzichten musste. Aber Ende Mai hat ja das Trainingszentrum in Kienbaum bei Berlin wieder geöffnet, da bin ich dann sofort für ein zweiwöchiges Trainingslager hin – auch um näher bei meinem Coach zu sein, der ja in Berlin lebt.“
Arne Gabius: »Die neue Situation annehmen, wie sie ist «
Ende 2019 scheiterte Arne Gabius mit einem 11. Platz beim New York-Marathon nur knapp an der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio. 2016 war er schon einmal für Olympische Spiele qualifiziert, konnte aber in Rio de Janeiro wegen andauernder Hüftprobleme nicht an den Start gehen. Eigentlich gingen die Karrierepläne von Deutschlands schnellstem deutschen Marathonläufer nur bis Olympia 2020. Jetzt hängt er noch ein Jahr dran, obwohl er in der Corona-Krise auch schon mal ans Aufhören gedacht hat.
Alter: 39 Jahre
Verein: TherapieReha Bottwartal
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:02:09 h
Marathon: 2:08:33 h
Und das sagt Arne Gabius zur Corona-Krise: „Als ich von der Olympia-Absage erfahren habe, war ich erleichtert. Mein Qualifikationsrennen, der Wien-Marathon, wurde ja bereits zuvor abgesagt, ich hätte mich also gar nicht für die Olympischen Spiele qualifizieren können. Mein ursprünglicher Plan für dieses Jahr war, dass ich nur noch den Wien-Marathon, die Olympischen Spiele und einen Abschiedsmarathon laufe. Anschließend wollte ich meine Karriere ausklingen lassen und ab Januar 2021 als Assistenzarzt arbeiten. Jetzt ist das natürlich eine völlig neue Situation. Aktuell bewerbe ich mich bei verschiedenen Kliniken, um dann schon ab September in Teilzeit neben dem Leistungssport als Arzt zu arbeiten. Bisher habe ich wegen Corona eine längere Trainingspause gemacht und steige aktuell langsam wieder ins Training für die Olympischen Spiele 2021 in Tokio ein. Ich muss die neue Situation jetzt so annehmen, wie sie ist. Natürlich habe ich mir das Jahr anders vorgestellt, wollte verschiedene Wettkämpfe laufen, Trainingslager absolvieren und bei den Olympischen Spielen laufen, das ist jetzt alles hinfällig. Das fehlt mir schon.“
Amanal Petros: »Ruhig bleiben und allmählich mehr trainieren«
Amanal Petros war schon für Tokio 2020 qualifiziert. Im Dezember 2019 lief er bei seinem Marathon-Debüt im spanischen Valencia starke 2:10:29 Stunden. Diese Leistung bestätigte er beim Halbmarathon in Barcelona im Februar in 1:02:18 Stunden. Die gute Nachricht: Seine Leistungen gelten weiter als Qualifikation für die ins Jahr 2021 verschobenen Spiele. Trotzdem will er sich jetzt zusätzlich über 10.000 Meter für Tokio zu qualifizieren – die 25 Runden im Stadion sind seine Lieblingsstrecke.
Alter: 25 Jahre
Verein: TV Wattenscheid 01
Distanzen/Bestzeiten:
10.000 m: 27:52,25 min
Halbmarathon: 1:02:18 h
Marathon: 2:10:29 h
Und das sagt Amanal Petros zur Corona-Krise: „Als ich erfahren habe, dass die Olympischen Spiele verschoben werden, war ich sehr verletzt und enttäuscht. Anfang des Jahres habe ich sehr hart trainiert und war auch oft im Trainingslager in Kenia. Ich habe zwei Monate lang zwei- bis dreimal am Tag trainiert und bin pro Woche rund 215 Kilometer gelaufen. Sowohl für den Körper als auch den Kopf ist das eine enorme Belastung. Dadurch war ich sehr gut in Form. Momentan starte ich nach einer längeren Pause, in der ich viel Alternativtraining gemacht habe, so langsam wieder ins Lauftraining. Ich weiß ja noch gar nicht, wann ich den nächsten Wettkampf bestreiten kann. Deswegen ist es für mich gerade am besten, ruhig zu bleiben und Schritt für Schritt wieder mehr zu trainieren. Sobald ich weiß, wann es wieder Wettkämpfe gibt, greife ich auch weider voll an.“
Melat Kejeta: »Ich hoffe auf eine späte Saison«
In 2:23:57 Stunden unterbot Melat Kejeta bei ihrem Marathondebüt beim BMW Berlin-Marathon 2019 die für Olympia geforderte Norm um fast sechs Minuten. Die gebürtige Äthiopierin katapultierte sich auf Anhieb auf Platz drei der ewigen deutschen Bestenliste über die Marathondistanz. Nur Irina Mikitenko und Uta Pippig waren jemals schneller. Durch die Olympiaverschiebung verfällt ihre Qualifikation nicht, ihre Top-Zeit von Berlin behält ihre Gültigkeit als Olympianorm.
Alter: 27 Jahre
Verein: Laufteam Kassel
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:08:41 h
Marathon: 2:23:57 h
Und das sagt Melat Kejeta zur Corona-Krise: „Nach der Olympiaabsage für dieses Jahr war ich sehr traurig, weil ich natürlich Pläne gemacht hatte. Plötzlich wird das alles umgeworfen. Danach habe ich erstmal eine zwei Monate lange Trainingspause eingelegt. Im Mai habe ich so langsam wieder mit dem Training angefangen. Die Wettkämpfe fehlen mir sehr, aber ich bin optimistisch und hoffe noch auf eine späte Saison 2020. Wirklich abschätzen, was passieren wird, kann man aber nicht. Dafür ist die Lage immer noch zu unübersichtlich.“
Laura Hottenrott: »Form lässt sich nicht einfrieren«
Anfang des Jahres stellte Laura Hottenrott beim Halbmarathon in Barcelona in 1:11:56 Stunden eine neue persönliche Bestzeit auf. Mit dieser Zeit unterbot sie die geforderte Norm für die Halbmarathon-Weltmeisterschaften 2020 deutlich und wurde für die WM nominiert, die ursprünglich am 29. März im polnischen Gdingen stattfinden sollten. Wegen des Corona-Virus wurde das Rennen auf den 17. Oktober verschoben, Hottenrotts Qualifikation gilt weiter.
Alter: 28 Jahre
Verein: TV Wattenscheid 01
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:11:56 h
Marathon: 2:33:01 h
Und das sagt Laura Hottenrott zur Corona-Krise: „Das Jahr 2020 hatte für mich super angefangen. Mit den 1:11:56 Stunden im Halbmarathon hatte ich mir Chancen ausgerechnet, einen Frühjahrsmarathon in 2:29 oder sogar darunter zu laufen und mich für Olympia zu qualifizieren. Ich war dann sehr traurig, als die Rennen abgesagt wurden. Denn ich weiß ja genau, dass man eine Form nicht einfach einfrieren und dann im Herbst wieder auftauen kann. Jetzt konzentriere ich mich zunächst auf meine Promotion in Trainingswissenschaften an der Ruhr-Uni in Bochum. Ich habe das Training um etwa 50 Prozent reduziert. Radfahren und Laufen bedeuten für mich aktuell vor allem Ausgleich zur Arbeit am Computer. Im Juni steige ich dann wieder ins strukturierte Training ein, um mich bei der Halbmarathon-WM in Bestform zu präsentieren und danach die Olympiaqualifikation im Marathon anzugehen.“
Hendrik Pfeiffer: »Die Spiele sind nicht weg, sondern nur verschoben«
2016 hatte sich Hendrik Pfeiffer gleich bei seinem ersten Marathon in Düsseldorf für Olympia qualifiziert. Wegen andauernder Verletzungen konnte er jedoch in Rio de Janeiro nicht an den Start gehen. Kurz vor dem Ausbruch der Covid19-Pandemie löste er im Februar beim Sevilla-Marathon in 2:10:18 Stunden sein Ticket für Olympia in Tokio. Und das gilt auch 2021 noch.
Alter: 27 Jahre
Verein: TV Wattenscheid 01
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:03:17 h
Marathon: 2:10:18 h
Und das sagt Hendrik Pfeiffer zur Corona-Krise: „Es ist natürlich sehr bitter, dass die Spiele im Sommer nicht stattfinden, aber es wäre noch etwas ganz anderes, wenn Olympia komplett abgesagt worden wäre. Die Tokio-Spiele sind nicht weg, sondern nur verschoben. Trotzdem ist es jetzt ein verlorenes Jahr für mich. Mit 27 Jahren hätte 2020 eigentlich einer der besten Abschnitte meiner Karriere sein können. Wenigstens bin ich noch in Sevilla gelaufen. Aktuell muss ich manche Trainingseinheiten sogar abbrechen, weil mir einfach die Kraft fehlt – das hätte ich früher so nicht gemacht.“
Katharina Steinruck: »Herumjammern bringt mir nichts«
Katharina Steinruck unterbot die geforderte Olympiaqualifikation von 2:29:30 Stunden gleich zweimal. Einmal in neuer persönlicher Bestzeit von 2:27:26 Stunden im Oktober 2019 in Frankfurt und das andere Mal in 2:28:48 Stunden beim Osaka-Marathon im Januar dieses Jahres. Beide Zeiten gelten auch als Qualifikation für die Olympischen Spiele 2021. Nachdem sie die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 verpasst hatte, will sie in Tokio ihren olympischen Traum verwirklichen.
Alter: 30 Jahre
Verein: LG Eintracht Frankfurt
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:12:23 h
Marathon: 2:27:26 h
Und das sagt Katharina Steinruck zur Corona-Krise: „Es war natürlich hart für mich, als klar war, dass Olympia in diesem Sommer nicht stattfinden würde. Aber herumjammern bringt mir nichts, und 2016 war auch härter für mich. Nach einer Fußoperation 2015 hatte ich mich zurückgekämpft, und dann haben mich äußere Einflüsse gestoppt. Ich habe die Situation jetzt mental deutlich besser verkraftet als damals. Vielleicht kann ich inzwischen besser mit solch einer Enttäuschung umgehen. Vielleicht liegt es auch daran, dass es mich dieses Mal nicht alleine trifft, sondern alle anderen auch. Hinzu kommt, dass ich jetzt ja schon zweimal die Norm gelaufen bin und die Spiele nicht abgesagt wurden – wäre das passiert, wäre das eine andere Geschichte.“
Anna Hahner: »Lege den Fokus auf andere Reize«
Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Lisa (rechts im Bild) gehört Anna Hahner seit fast zehn Jahren zu den besten deutschen Marathonläuferinnen. 2013 blieb sie in Frankfurt mit 2:27:55 zum ersten Mal unter 2:30 Stunden, ihre Bestzeit erzielte sie ein Jahr später in Berlin mit 2:26:44 Stunden. Nur acht deutsche Läuferinnen waren je schneller. 2016 war sie gemeinsam mit Lisa bei Olympia in Rio am Start, in den vergangenen Jahren kämpfte sie mit Verletzungen, kehrte aber 2019 mit zwei Marathons in 2:36 Stunden zurück. 2020 wollte sie sich eigentlich beim Hannover-Marathon für Olympia in Tokio qualifizieren. Das Vorhaben ist jetzt aufgeschoben.
Alter: 30 Jahre
Verein: SSC Berlin
Distanzen/Bestzeiten:
Halbmarathon: 1:13:12 h
Marathon: 2:26:44 h
Und das sagt Anna Hahner zur Corona-Krise: „Ich war natürlich enttäuscht, dass Olympia verschoben und der Hannover-Marathon 2020 abgesagt wurde. Schließlich habe ich von Dezember bis Mitte März superhart für dieses Ziel gearbeitet. In meinem Leben gab es nichts anderes. Ich war vielleicht zehn Tage zu Hause, ansonsten in Trainingslagern in Norwegen, Neuseeland und Äthiopien. Als die Pandemie ausbrach, war ich zusammen mit Lisa, dem Trainer Dieter Hogen und einigen anderen Berliner Athleten noch im Trainingslager in Äthiopien, das mussten wir früher als geplant beenden. Zuletzt konnten wir unser Camp dort gar nicht mehr verlassen und ich habe einen 35-Kilometer-Lauf auf dem Laufband gemacht. Aber die Olympiaverschiebung war die richtige Entscheidung. Seitdem nutze ich die Zeit, um den Fokus im Training auf andere Reize zu legen: mit mehr Schnelligkeit, Bergsprints und Übungen für Stabilität. In eine gezielte Marathonvorbereitung starte ich wieder, sobald man weiß, wann wieder ein Marathon stattfinden kann und eine Olympiaqualifikation möglich ist. Denn Olympia in Tokio bleibt mein großes Ziel. Ich habe keinerlei Schwierigkeiten, mich zu motivieren. Das Laufen macht mir einfach Spaß, und meine Challenge ist es jetzt erstmal, alles zu erledigen, was auf meinem Trainingsplan steht.“