„Brooks Ruhr Trail Run“ feiert Premiere
Trailrunning im Ruhrgebiet: Auf der Suche nach dem Läuferglück
Das „Runner’s High“ war mir völlig fremd, bis ich meinen ersten Trail Run gelaufen bin. Beim „Happy Trail“ in Herdecke war es soweit. Zumindest beim Downhill habe ich mein Läuferglück gefunden.
Ja, ich gebe es zu, ich bin maximal Hobbyläufer. Mit meinen 56 Jahren versuche ich durch möglichst viel Bewegung, so halbwegs mein Gewicht zu halten. Und Joggen gehört dazu. Ich kann nicht behaupten, dass es mir sehr viel Spaß macht. Ich finde oft genug Ausreden, um es nicht zu tun. Jedes Mal muss ich mich überwinden, um die Laufschuhe zu schnüren und durch den Wald zu hecheln. Und jedes Mal bin ich froh, wenn es wieder vorbei ist. Ich tue es aber dann doch regelmäßig, weil ich weiß, dass es mir guttut. Und für dieses gute Gefühl, etwas für den Körper getan zu haben, lohnt es sich immer wieder. Aber: Es ist am schönsten, wenn es vorbei ist, wenn ich am Ziel bin!
Ich habe bereits einige Wettkämpfe bestritten, bis hin zum Halbmarathon, aber das ganz große Läuferglück habe ich auch da noch nicht gefunden. Geschweige denn dieses Hochgefühl, von dem viele berichten. Dieser idealerweise schmerzfreie und euphorische Gemütszustand, der alle körperliche Anstrengung vergessen lässt und dir das Gefühl gibt, „ewig“ weiterlaufen zu können. Dieses „Runner’s High“ war mir bisher völlig fremd – bis ich meinen ersten Trail Run absolvierte. Mitte August war es beim ersten „Brooks Ruhr Trail Run“ in Herdecke bei Hagen soweit. Ich habe mein Läuferglück gefunden, also zumindest streckenweise. Aber der Reihe nach …
Ich stehe beim „Happy Trail“ über neun Kilometer am Start. Hier will ich mein Glück finden. Der Name soll bitteschön Programm sein. Die rund 1.200 Aktiven werden in die drei Gruppen „Fast“, „Enjoy“ und „Relax“ eingeteilt. Als Genießer wähle ich natürlich „Enjoy“. Entspannen werde ich erst nach dem Lauf. Der Veranstalter hat die Premiere als „unvergesslichen Trail-Lauf entlang der Ruhrklippen am Hengsteysee“ angekündigt. In der Euphorie der ersten Meter vergesse ich, dass noch über acht Kilometer vor mir liegen. Die ersten drei Kilometer sind flach und das Feld schlängelt sich bei angenehmen Temperaturen aufwärts der Ruhr entlang des Hengsteysees. Tags zuvor hatte es heftig geregnet, das werden wir noch zu spüren bekommen.
Kurz hinter dem Seeschlösschen folgt der erste steile Anstieg. Gott sei Dank ist es so steil, dass ich gehen muss, wie die meisten. Obwohl das Höhenprofil in der Ausschreibung einsehbar war, ist es doch überraschend, wie steil es ist. Oben angekommen heißt es warten, beim ersten Pfad bildet sich eine Schlange, Zeit, die Stille mit Sprüchen zu durchbrechen. „Jetzt ist meine Bestzeit kaputt!“, „Mein Puls ist gleich bei 220“, „Wo kommen plötzlich die ganzen Leute her“? höre ich. Nach dem ersten Abstieg folgen zwei weitere Anstiege. Beim letzten hatte der Veranstalter sogar Seile gespannt, weil der Hang im Wald extrem steil und der Boden durch den Regen der vergangenen Wochen sehr aufgeweicht und rutschig war. Nach dem letzten Anstieg folgt eine Flachstrecke am Speicherbecken vom Koepschenwerk vorbei, ehe es über den Ruhrhöhenweg wieder hinunter bis zum Schiffswinkel geht.
Und genau auf diesem sehr langen Abstieg merke ich plötzlich, dass Downhill genau mein Ding ist. Ich spüre, wie ich es „rollen“ lassen und mit großen Schritten scheinbar ohne Anstrengung an den anderen „vorbeifliegen“ kann. Uphill ist nichts für mich, bergauf gerate ich schnell außer Atem. Aber bergab bekomme ich kleine Flügel, mit denen ich förmlich an den anderen vorbeifliege – das muss es sein, das „Runner’s High“. Run Happy? Ja, talwärts ist für mich das Laufen reines Glück. Aber beim Schiffswinkel ist schnell Schluss mit Glück, hier teilt sich die Läuferschar, links geht es für über 500 Läuferinnen und Läufer auf die zweite Runde, rechts herum Richtung Ziel. Die knapp zwei Kilometer schleppe ich mich förmlich ins Ziel, denn erst jetzt merke ich, dass Fliegen auch ganz schön anstrengend sein kann.
Im Ziel ist aber alle Anstrengung vergessen, die Endorphinausschüttung wirkt nach, ich bekomme das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, wie die meisten um mich herum, die bei aller Kritik wegen der Staus auf der Strecke, vor den Dixi-Klos und bei der Parkplatzsuche dennoch begeistert sind von der Premiere am Hengsteysee. Der Spaß am Laufen und die Freude an der Natur ist allen anzusehen. Auf den Ruhrwiesen im Start-/Zielbereich tauschen alle ihre Erfahrungen aus, bewundern die Läufer und Läuferinnen auf dem Siegerpodest und verabschieden sich mit „Bis nächstes Jahr!“. Ja, ich nehme mir das auch vor, kratze meine letzten Kraftreserven zusammen und springe vor dem aufgeblasenen „Run Happy-Regenbogen“ so hoch wie möglich fürs Abschiedsfoto. „Brooks Ruhr Trail Run“ – es war mir ein Fest, wir sehen uns 2024!