Auch Hobbyläufer betrügen
Doping im Laufsport: Historie, Entwicklung und Ausblick
Schon seit sehr langer Zeit versuchen Läufer, sich durch die Zufuhr von verbotenen Substanzen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Wie verbreitet ist Doping im Laufsport?
Den ersten registrierten Doping-Fall im Laufsport gab es bereits vor mehr als 100 Jahren. Seitdem hat sich sowohl bei der Art des Dopings als auch in der öffentlichen Wahrnehmung einiges verändert. Viele Fans fragen sich, ob es jemals möglich sein wird, Doping im Laufsport komplett zu unterbinden.
Wer wissen möchte, was genau mit dem Begriff Doping gemeint ist, findet eine gute Definition dafür vom Europarat aus dem Jahr 1963:
"Doping ist die Verabreichung oder der Gebrauch körperfremder Substanzen in jeder Form und physiologischer Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Weg an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf.“
Es geht also primär darum, sich gegenüber Konkurrenten einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Während also beispielsweise Veränderungen am Material durchaus erlaubt und zum Teil auch erwünscht sind, gilt es weiterhin als verpönt, den eigenen Körper zu „pimpen“.
Das heißt aber noch lange nicht, dass es deshalb nicht gemacht wird. Wie eine Auswertung auf betrugstest.com zeigt, handelt es sich bei der Leichtathletik um die Sportart mit den meisten ausgesprochenen Sperren aufgrund von Doping. Insgesamt sind laut dieser Statistik aktuell 382 Leichtathleten gesperrt.
Oftmals kommt der Einwand, dass es doch jedem selbst überlassen bleibt, was er mit seinem Körper anstellt. Doch so einfach verhält sich die Sachlage in der Praxis nicht. Doping ist sowohl im Spitzensport- als auch im Breitensport zu einem großen Problem geworden.
Warum ist Doping ein Problem?
Im Breitensport ist Doping vor allem deshalb problematisch, weil Hobbyläufer damit unnötig ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Für alle, die nur in ihrer Freizeit laufen und unregelmäßig an Wettbewerben teilnehmen, sollte die Freude an der Bewegung im Mittelpunkt stehen.
Laut Thomas Berghoff, Abteilungsleiter Prävention der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA), ist Doping aber längst im Breitensport angekommen. Bei einer anonymen Befragung unter Teilnehmern des Bonn-Marathons gaben 60 Prozent an, vor dem Start Schmerzmittel eingenommen zu haben. Die gesundheitlichen Risiken sind den meisten dabei gar nicht bewusst. Vor allem, weil sie im Gegensatz zu Spitzensportlern keine Ärzte um sich haben, die mit der Wirkung unterschiedlicher Substanzen ganz genau vertraut sind.
Im Spitzensport ist Doping vor allem deshalb ein Problem, weil dadurch Ergebnisse verfälscht und die Leistungen einzelner Athleten geschmälert werden. Das ist nicht nur für die Läufer selbst ärgerlich, sondern auch für Fans und Zuschauer, die zum Teil sogar diverse Rechentools dafür verwenden, um ihre Chancen bei Einzel- und Systemwetten zu erhöhen. Ein einzelner Athlet kann dabei Millionen von Fans verärgern und somit für einen dauerhaften Image-Schaden des Laufsports sorgen.
Der erste Dopingfall im Laufsport
Bereits bei den Olympischen Spielen im Jahr 1904 in St. Louis gab es den ersten registrierten Fall von Doping im Laufsport bei diesen Wettkämpfen. Der Marathon fand damals unter großer Hitze statt. Das führte dazu, dass der Engländer Thomas Hicks schon vor Kilometer 30 aufgrund von Erschöpfung das Handtuch werfen wollte.
Sein damaliger Trainer verabreichte ihm daraufhin eine Substanz aus Eiweiß, Strychnin und einem Schuss Brandy. Ob diese Mischung tatsächlich leistungssteigernd war, ist bis heute nicht erwiesen. Doch auf Hicks hatte sie die gewünschte Wirkung. Er holte sich die Goldmedaille. Doping war damals noch nicht bekannt und es wurde auch nicht dagegen vorgegangen.
Seit damals hat sich die öffentliche Wahrnehmung stark verändert. Professionell wurde Doping aber erst in den 1930er-Jahren mit der Erfindung synthetischer Hormone. Dabei handelt es sich um keine körpereigenen, sondern um hormonähnliche Substanzen wie beispielsweise Desmopressin, das dazu führt, dass mehr Wasser im eigenen Körper zurückbehalten wird.
Bis zu den ersten Dopingkontrollen sollte es noch einige Jahre dauern. Sie wurden schließlich im Jahr 1968 bei den Winterspielen in Grenoble und den Sommerspielen in Mexiko durchgeführt.
Der olympische Skandal um Ben Johnson
Der erste spektakuläre Fall im Laufsport, der damals die Weltöffentlichkeit erreichte, ereignete sich 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul. Das damalige Rennen gilt bis heute als der schmutzigste 100-Meter-Lauf aller Zeiten. Der Kanadier Ben Johnson gewann mit der Weltrekordzeit von 9,79 insgesamt 13 Hundertstel vor seinem großen Rivalen Carl Lewis aus den USA.
Doch nicht einmal 72 Stunden später wurden Johnson sowohl Goldmedaille als auch Weltrekord aufgrund einer positiven Dopingprobe aberkennt. Jahre später stellte sich jedoch heraus, dass nicht nur er bei diesem Rennen gedopt war, sondern auch noch fünf weitere Athleten. Unter ihnen auch Carl Lewis. Damit wurde den Leuten klar, dass es sich bei den Fällen um keine Vergehen einzelner Sportler handelt, sondern die ganze Leichtathletik unter systemischem Doping leidet.
In Verbindung mit den zahlreichen Dopingfällen in anderen Sportarten wie beispielsweise dem Radsport hat das dazu geführt, dass Doping heutzutage in der öffentlichen Wahrnehmung schon nahezu als normal im Spitzensport betrachtet wird.
Im Gegensatz zu früher gilt jeder als verdächtig, solange er nicht das Gegenteil beweist. Kommt es beispielsweise Jahre später zu einem entsprechenden Outing oder wird ein Athlet direkt bei einem Wettbewerb überführt, ist die Reaktion oftmals nicht mehr als eine kurze Bestätigung von etwas, dass ohnehin bereits angenommen wurde.
Wird es jemals einen „sauberen“ Laufsport geben?
Die Dopingkontrollen der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) finden heutzutage nicht nur bei den Wettkämpfen selbst, sondern bereits während des Trainings statt. Die Methoden, mit denen dabei verbotene Substanzen ermittelt werden können, haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Das spricht dafür, dass immer weniger Läufer das Risiko eingehen möchten, durch die Einnahme von Doping ihre Karriere zu gefährden.
Insgesamt handelt es sich aber um ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Athleten und den Behörden. Weil viel Geld auf dem Spiel steht, versuchen deshalb immer wieder Läufer, sich mit Hilfe von neuen Dopingmethoden, die die Dopingjäger noch nicht auf ihrem Schirm haben, einen Vorteil zu verschaffen.
Deshalb ist wohl eher nicht davon auszugehen, dass es im Laufsport im Jahr 2022 und den darauffolgenden Jahren zu keinen Dopingfällen mehr kommen wird.