Große Laufshow in Dresden
Für Amanal Petros und Richard Ringer ist der deutsche Rekord in Reichweite
Am Sonntag steigt in Dresden eine tolle Laufshow: Im Halbmarathon ist für die stärksten Athleten der deutsche Rekord von Carsten Eich in Reichweite. Im Marathon will Simon Boch Richtung Olympia laufen.
Mit hochkarätigen Elitefeldern wird am Sonntag (21. März) der Itelligence Citylauf Invitational in Dresden gestartet. Die Wettbewerbe über 10 km, im Halbmarathon sowie im Marathon, wo es für eine Reihe von Athleten noch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio geht, sind trotz der Corona-Pandemie und den entsprechenden Einschränkungen besser besetzt als alle anderen Straßenläufe, die jemals in Dresden stattgefunden haben.
So wird das Halbmarathonrennen angeführt von den europäischen Topläufern Sondre Moen (Norwegen), Daniele Meucci (Italien) und Koen Naert (Belgien), die von Amanal Petros und Richard Ringer herausgefordert werden. Bei den Frauen startet über diese Distanz die Schweizerin Fabienne Schlumpf. Im Marathon will sich der Debütant Simon Boch auf Anhieb noch für den Olympia-Marathon qualifizieren. Miriam Dattke musste ihr geplantes Marathon-Debüt kurzfristig wegen einer Muskelverletzung absagen.
Der erste Startschuss zu einer rund achtstündigen Laufsport-Show fällt am Sonntag im Großen Garten in Dresden um 8.30 Uhr, das letzte Rennen beginnt um 15 Uhr. Gelaufen wird auf einer für Zuschauer nicht zugänglichen, flachen 2,5-km-Runde. Alle Rennen werden vom MDR im Live-Stream übertragen.
„Eigentlich ist es paradox“, sagt André Egger, der das Rennen mit seinem Team der Laufszene Sachsen in Kooperation mit dem Berliner Athleten-Management ISS von Christoph Kopp organisiert. „Alles liegt aufgrund der Corona-Pandemie am Boden und wir können hier ein so außergewöhnliches Rennen starten. Wir haben da auch etwas Glück im Unglück und haben jetzt alles drangesetzt, um ein tolles Rennen auf die Beine zu stellen.“
Als im Dezember klar war, dass der traditionelle 10-km-Citylauf sich im März nicht wird realisieren lassen, haben die Dresdner umgeschwenkt und nach dem ersten Elitelauf im November einen zweiten geplant. „Es ging auch darum, den Athleten noch eine Olympia-Qualifikationschance zu bieten. Die Resonanz ist enorm“, sagt André Egger, der in Dresden das 10-km-Rennen ohnehin stärker international ausrichten will.
Es gab in Deutschland bisher nur sehr wenige Halbmarathon-Rennen, die international und national in der Breite der Spitze so gut besetzt waren wie der Lauf der Männer am Sonntag. Neu auf der Startliste sind zwei absolute europäische Topläufer: Sondre Moen und Daniele Meucci. Der Norweger, der zeitweilig den Marathon-Europarekord hielt (2:05:48 Stunden), ist mit einer Bestzeit von 59:48 Minuten der schnellste Läufer im Feld. Der Italiener Meucci war 2014 Marathon-Europameister und bei der WM 2017 Sechster über diese Distanz. Er hat eine Halbmarathon-Bestzeit von 61:06.
Sein Nachfolger als Marathon-Europameister, der Belgier Koen Naert, der den Titel 2018 in Berlin gewann, geht mit einer Bestzeit von 61:42 ins Rennen am Sonntag. Eigentlich sollte auch noch der britische Weltklasse-Marathonläufer Callum Hawkins, der zweimalige Marathon-WM-Vierte, in Dresden an den Start gehen. Doch die aktuellen Reiseeinschränkungen lassen dies auch bei mehrfacher negativer Corona-Testung nicht zu.
Für die deutschen Halbmarathonläufer um Richard Ringer kann es in Dresden Richtung Rekord gehen
Eine Gruppe von sehr starken deutschen Läufern wird im Halbmarathon zu beachten sein: Direkt aus Kenia reist Amanal Petros (TV Wattenscheid) nach Dresden. Nach seinem deutschen Marathon-Rekord im vergangenen Dezember (2:07:18) ist eine deutliche Steigerung seiner Halbmarathon-Bestzeit (62:18) eigentlich überfällig. Auch Richard Ringer (LC Rehlingen) ist zuzutrauen klar schneller zu laufen als bisher (62:10).
„Wir haben zwar am Sonntag in diesem Lauf keine Tempomacher, aber ich erwarte trotzdem ein schnelles Rennen mit Zeiten von unter 61 Minuten“, sagt Christoph Kopp, der das Elitefeld zusammengestellt hat. Dann ginge es in Richtung des deutschen Rekordes, den Carsten Eich seit 1993 mit 60:34 Minuten hält. Samuel Fitwi (LG Vulkaneifel/Bestzeit: 62:34) und Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid/63:17) könnten ebenfalls eine gute Rolle spielen. Außerdem läuft Arne Gabius (Therapie Reha Bottwartal/62:09) einen Tag vor seinem 40. Geburtstag und bevor er dann in der Master-Klasse gewertet werden kann in Dresden.
Bei den Frauen ist Fabienne Schlumpf die große Favoritin. Die Schweizerin geht mit einer Bestzeit von 68:38 Minuten an den Start. Für Bojana Bjeljac (Kroatien/71:12) geht es darum, erstmals unter 70 Minuten zu laufen. Persönliche Bestzeiten könnten auch für drei deutsche Läuferinnen das Ziel sein: Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg/71:30), Fabienne Königstein (MTG Mannheim/71:39) und Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin/71:40).
Simon Boch setzt im Großen Garten alles auf die Karte Olympia-Ticket
Im Marathon geht es für eine Reihe von Athleten um das Unterbieten der internationalen Olympia-Normen von 2:11:30 beziehungsweise 2:29:30 Stunden. Diese Zeit allein wird für einen deutschen Debütanten für ein Ticket nach Japan jedoch kaum reichen. Simon Boch von der LG Telis Finanz Regensburg müsste möglichst deutlich unter diesen Richtzeiten bleiben, um eine Chance auf einen von drei Startplätzen zu haben. Mit einer mutigen Herangehensweise will er in Dresden alles auf eine Karte setzen. „Geplant ist eine Halbmarathon-Durchgangszeit von 64:30 bis 64:40 Minuten“, sagt Christoph Kopp. Bringt Simon Boch dieses Tempo ins Ziel, wären es für deutsche Verhältnisse außerordentlich starke Marathon-Debüts.
Wegen einer Muskelverletzung musste Bochs Vereinskollegin Miriam Dattke ihren Start kurzfristig absagen. Die 22-Jährige wollte ebenfalls auf Anhieb die Olympia-Norm von 2:29:30 Stunden so deutlich unterbieten, dass sie eine gute Chance gehabt hätte auf einen von drei deutschen Startplätzen bei den Spielen in Japan im Sommer. Nach Steigerungen auf 69:42 Minuten im Halbmarathon und der Jahresweltbestzeit von 31:38 Minuten über 10 km vor kurzem in Berlin hatte sich ein sehr viel versprechendes Marathon-Debüt von Miriam Dattke abgezeichnet.
„Am Ende eines kurzen lockeren Dauerlaufes hat plötzlich der Schienbeinmuskel gezogen“, wird Miriam Dattke auf der Webseite ihres Vereins LG Telis Finanz Regensburg zitiert. „Der Besuch beim Arzt mit anschließendem MRT brachte zwar nicht den Supergau. Am Knochen war Gott sei Dank keine Blessur. An ein vernünftiges Laufen war an den kommenden Tagen jedoch nicht mehr zu denken. 42 Kilometer sind kein Pappenstiel, auf dieser wackeligen Basis möchte ich an meine Traumstrecke nicht herangehen. Schweren Herzens verzichte ich unter diesen Vorzeichen auf den Start in Dresden.“
Wie ihr Manager, Christoph Kopp, bestätigte, wird Miriam Dattke nun keinen Qualifikationsversuch für Olympia über die Marathonstrecke starten und ihr Debüt über die klassische Distanz verschieben. Den Traum des Olympia-Starts will sich Miriam Dattke stattdessen über die 10.000-m-Distanz erfüllen. Hierfür muss sie die internationale Norm von 31:25,00 Minuten unterbieten. Ihre Bestzeit über diese Strecke steht zurzeit noch bei 32:29,45. Diese ist jedoch knapp zwei Jahre alt. Inzwischen hat sich Miriam Dattke deutlich verbessert. Eine denkbare Startmöglichkeit könnte der 10.000-m-Europacup sein, der am 5. Juni in Birmingham stattfinden soll.
Neben dem halben und ganzen Marathon stehen in Dresden auch Rennen über 10 km auf dem Programm. Dabei wollen Ilyas Osman (Somalia/Bestzeit: 28:03) und Richard Douma (Niederlande/28:08) die flache Strecke in Dresden nutzen, um erstmals unter 28 Minuten zu laufen. Auch bei den Frauen zeichnet sich ein Duell ab: Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt/32:16) trifft in ihrem ersten Rennen im Olympiajahr auf die Schwedin Sarah Lahti (31:57).
Diese Top-Läufer starten am Sonntag in Dresden (mit Bestzeiten)
Marathon (Männer)
- 2:09:14 Weldu Gebretsadik (NOR)
- 2:09:56 Camilo Santiago Gimenez (ESP)
- 2:11:27 Blazej Brzezinski (POL)
- 2:12:55 Valentin Pfeil (AUT)
- Debüt: Soufiane Bouchikhi (BEL)
- Debüt: Hlynur Andresson (ISL)
- Debüt: Simon Boch (GER)
Marathon (Frauen)
- 2:32:50 Vaida Zusinaite-Nekriosiene (LTU)
- 2:34:51 Alexandra Brzezinska (POL)
- 2:34:57 Anna Bankowska (POL)
Halbmarathon (Männer)
- 59:48 Sondre Moen (NOR)
- 61:06 Daniele Meucci (ITA)
- 61:40 David Nilsson (SWE)
- 61:42 Koen Naert (BEL)
- 62:09 Arne Gabius (GER)
- 62:10 Richard Ringer (GER)
- 62:18 Amanal Petros (GER)
- 62:33 Patricio Castillo (MEX)
- 62:34 Samuel Fitwi (GER)
- 62:34 Bernard Wambua (KEN)
- 62:45 Björn Koreman (NED)
- 63:17 Hendrik Pfeiffer (GER)
- 63:22 Peter Herzog (AUT)
- 64:00 Nils Voigt (GER)
Halbmarathon (Frauen)
- 68:38 Fabienne Schlumpf (SUI)
- 71:12 Bojana Bjeljac (CRO)
- 71:30 Domenika Mayer (GER)
- 71:39 Fabienne Königstein (GER)
- 71:40 Rabea Schöneborn (GER)
- 71:41 Jill Holterman (NED)
- 71:57 Mekdes Woldu (ERI)
- 72:24 Sanna Mustonen (SWE)
- 72:33 Jasmijn Lau (NED)
- Debüt: Blanka Dörfel (GER)
10 km (Männer)
- 28:03 Ilyas Osman (SOM)
- 28:08 Richard Douma (NED)
- 28:34 Juan Pacheco (MEX)
- 28:51 Clement Deflandre (BEL)
- 28:52 Jose Santana (MEX)
- 28:53 Florian Orth (GER)
- 29:07 Thorben Dietz (GER)
10 km (Frauen)
- 31:57 Sarah Lahti (SWE)
- 32:16 Katharina Steinruck (GER)
- 32:38 Carolina Wikström (SWE)
- 33:20 Diane van Es (NED)