#gemeinsammehrbewegen-Preis 2024
Preiswürdig: Wie das Guidenetzwerk Blinden zum sicheren Laufen verhilft

| von Joël Kruse (Text) & Franziska Dietz (Fotos/Video)

Wir stellen Aktionen vor, die zeigen, wie Laufen das Leben verbessert. Dann entscheidest du, wer den #gemeinsammehrbewegen-Preis erhält. Das Guidenetzwerk des LAC Eichsfeld ist preiswürdig. Warum? Lesen!

Der #gemeinsammehrbewegen-Preis geht in die nächste Runde. Wir suchen – wie bereits 2022 und 2023 – in Kooperation mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und DATEV Initiativen, die zeigen, wie Laufen das eigene Leben und das von anderen verbessert. Damit ist der Run auf die 1.000 Euro-Siegprämie gestartet. Ein Kandidat: das Guidenetzwerk des LAC Eichsfeld.

Schließe für einen Moment die Augen. Dunkelheit. Absolute Dunkelheit. Lass die Augen geschlossen und atme ruhig weiter. Bewege dich so durch den Raum, ohne irgendwo anzustoßen … undenkbar! Gehe nach draußen an die frische Luft und laufe los … unmöglich! Du brauchst jetzt einen sehenden Tandempartner und findest keinen … unfassbar! Das, was für sehende Menschen undenkbar, unmöglich und unfassbar erscheint, ist für Blinde Alltag.

So wird der #gemeinsammehrbewegen-Preis vergeben

Wir finden: Das Guidenetzwerk des LAC Eichsfeld ist ein guter Kandidat für den mit 1000 Euro dotierten #gemeinsammehrbewegen-Preis, den der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) und laufen.de unterstützt von DATEV in diesem Jahr vergeben. Der Preis wird am 29. November bei unserer großen Lauf-Gala in Hannover verliehen, wo wir gemeinsam mit German Road Races, der Vereinigung der großen Laufveranstaltungen im deutschsprachigen Raum, auch die Läuferinnen und Läufer des Jahres ehren. Wer den Preis erhält, hat die Community von laufen.de entschieden.

#gemeinsammehrbewegen: Die ganze Story des Guidenetzwerks

Für Juliana Löffler ein unhaltbarer Zustand, den sie unbedingt ändern wollte. Die 61-Jährige aus dem thüringischen Eichsfeld gründete kurzerhand das Guidenetzwerk. „Die Idee ist aus der Not geboren, denn nicht immer konnten unsere blinden und seheingeschränkten Vereinsmitglieder ausreichend ihr Training absolvieren oder an Wettkämpfen teilnehmen, da es an Guides fehlte“, berichtet die Krankenschwester. Aus dieser Not heraus ging im Mai 2021 ein deutschlandweites Netzwerk an den Start und ist heute als Internetplattform unter www.guidenetzwerkdeutschland.de Sinnbild für gelebte Inklusion.

Im Video: Das Guidenetzwerk des LAC Eichsfeld stellt sich vor

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Vorbild für Inklusion mit 1400 registrierten Nutzern

Juliana Löffler, deren Partner vollblind ist, hat das Guidenetzwerk aus dem Lauf und Ausdauerclub, kurz LAC, heraus ins Leben gerufen. Beim LAC Eichsfeld, 2001 gegründet, wird Inklusion seit jeher großgeschrieben. Nicht umsonst befinden sich die drei schwarzen Punkte, das Erkennungszeichen für Blinde und seheingeschränkte Menschen, im Vereinslogo. „Unser Motto lautet ,Gemeinsam Laufen mit Gleichgesinnten, Freude an der Bewegung und miteinander Spaß haben‘“, erzählt Juliana Löffler und verweist auf eine vereinseigene Blindenlaufschule – den „Blindschleichen“. Aktuell sind im LAC Eichsfeld elf Menschen mit und neun Personen ohne Seheinschränkung organisiert. „Wir wollen alle mit individuellen Trainingsplänen und gemeinsamen Läufen aktiv unterstützen und fördern.“

Einziges Problem: Nicht immer steht für eine eingeschränkte Person auch ein Tandempartner zur Verfügung. „Ein Blinder benötigt idealerweise drei bis fünf Guides, denn nicht immer ist jeder Führläufer verfügbar oder fällt sogar kurzfristig vor Wettkämpfen aus“, erläutert Juliana Löffler. Aktuell gibt es auf der Internetseite 1400 registrierte Nutzer bei einem Verhältnis von einem Blinden zu drei nicht Blinden. Das sei schon ganz gut, aber es ginge noch besser. „Unser Ziel ist es, dass jeder Blinde oder seheingeschränkte Mensch in Deutschland einen Lauf-Guide findet, egal ob für Training oder Wettkampf und egal ob zu Hause oder an einem anderen Ort.“

Schulungen in über 50 Städten

Mit Hilfe der Internetseite ist es jetzt möglich, einfach und schnell Anfragen an potentielle Führungsläufer zu senden und Kontakt mit ihnen herzustellen. Und was muss ein Guide können? „Natürlich in erster Linie sehen können, Bewegung lieben, gerne mit Menschen zusammen sein, das Tandem-Laufen als Win-Win-Situation betrachten und nicht als Belastung“, erläutert Juliana Löffler. „Wer schonmal als Tandem über die Ziellinie gelaufen ist, wird dieses Erlebnis nicht mehr vergessen.“ Geteilte Freude sei schließlich doppelte Freude.

Die Schulung zum Führungsläufer sei kein Muss, sie würde aber helfen, um Berührungsängste abzubauen. „Mit dem Kurs wird der Grundstein für ein sicheres, entspanntes und verletzungsfreies Laufen und Walken im Tandem gelegt“, so Juliana Löffler. Auch die blinden und seheingeschränkten Sporter und Sportlerinnen werden in die Schulungen mit eingebunden. „Seit Gründung des Guidenetzwerkes haben wir mittlerweile in über 50 Städten Schulungen durchgeführt und darüber hinaus stehen uns fünf Tandems in Deutschland zur Verfügung, die lokal Kurse anbieten“, berichtet Juliana Löffler.

Das Ehrenamt kostet natürlich Geld. Reise- sowie Materialkosten für Kennzeichnungswesten, Führbändel und ein Schulungsbuch werden aus eigenen Mitteln getragen. „Dafür könnten wir natürlich die 1.000 Euro Prämie ganz gut gebrauchen“, erklärt Juliana Löffler. Zudem müsse die Internetseite barrierefrei gemacht werden. „Wir brauchen das Geld, damit das Guidenetzwerk am Leben bleibt!“ Und auch durch weitere Sportarten wie Schwimmen, Wandern und Fahrradfahren erweitert werden kann. Denn ohne sehenden Tandempartner wären diese Aktivitäten für Blinde und seheingeschränkte Menschen unmöglich.