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Olympia in Paris
Joshua Cheptegei gewinnt einmaliges 10.000-Meter-Finale

| von Jörg Wenig

Joshua Cheptegei ist der neue Olympiasieger über 10.000 Meter. Der Weltrekordler und Weltmeister aus Uganda gewann ein spektakuläres Finale in Paris.

Einen dramatischeren Beginn hätte es in den Lauf-Wettbewerben bei den Spielen in Paris kaum geben können. Derart hochklassige Resultate gab es in einem olympischen 10.000-m-Rennen noch nie: Joshua Cheptegei triumphierte in der olympischen Rekordzeit von 26:43,14 Minuten vor dem Äthiopier Berihu Aregawi, der nach 26:43,44 im Ziel war. Die Bronzemedaille sicherte sich ganz knapp dahinter Grant Fisher (USA) mit 26:43,46. Als Vierter folgte der Kanadier Mohammed Ahmed in 26:43,79 vor dem Kenianer Benard Kibet (26:43,98).

Bester Europäer war der Spanier Thierry Ndikumwenayo, der als Neunter mit 26:49,49 Minuten einen Landesrekord lief. Er verfehlte den Europarekord des Briten Mo Farah nur um rund drei Sekunden. Glänzend hielt sich auch der Franzose Jimmy Gressier, der als 13. in 26:58,67 einen französischen Rekord aufstellte. Kein deutscher Läufer hatte die anspruchsvolle Qualifikation für dieses Olympia-Rennen erreicht.

Gleich 13 Läufer erzielten in Paris Weltklassezeiten von unter 27:00,00 Minuten - eine derartige Dichte gab es über 10.000 m nie zuvor. 2011 hatten in Eugene neun Läufer Ergebnisse unter 27:00,00 erreicht. Bei einem olympischen 10.000-m-Finale hatte es auch noch nie eine Siegzeit von unter 27:00,00 Minuten gegeben. Den olympischen Rekord hielt bisher der Äthiopier Kenenisa Bekele, der 2008 in Peking mit 27:01,17 gewonnen hatte.

Die Äthiopier gingen mit einer offensichtlichen Team-Taktik in das Pariser Finale. Das Trio mit Berihu Aregawi, Yomif Kejelcha und dem Titelverteidiger Selemon Barega übernahm sofort die Spitze und machte das Rennen von Beginn an schnell. Dabei wurde das Tempo immer mehr erhöht. Die Äthiopier, die in der Vergangenheit bei großen 10.000-m-Finals so oft abgewartet hatten, um dann in der Schlussphase zu attackieren, wechselten sich in der Führungsarbeit ab. „Das ist richtig hart für die Läufer in der Spitzengruppe, wenn das Tempo in einem olympischen Finale immer schneller und schneller wird“, sagte die für die BBC kommentierende frühere Weltklasseläuferin Paula Radcliffe.

Taktik der Äthiopier geht nicht auf

Nach 13:23,2 Minuten wurde die 5.000-m-Marke passiert. Doch es waren immer noch 17 Läufer in der Spitzengruppe. Die Taktik der Äthiopier ging dieses Mal nicht auf, sie wurden ihre schärfsten Konkurrenten aus Uganda und Kenia nicht los. Und auch der starke US-Amerikaner Grant Fisher, der in den letzten Jahren immer wieder mit Weltklasseleistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte, lief ganz vorne mit.

In der Folge wurde das Tempo zeitweilig etwas langsamer, als Yomif Kejelcha ohne die Unterstützung seiner Landsleute an der Spitze lief. Dann lief der Kanadier Mohammed Ahmed an der Spitze und es waren nach 8.000 Metern noch 13 Athleten in der Führungsgruppe. Daran änderte sich nicht viel. Lediglich der vom heimischem Publikum nach vorne getriebene Jimmy Gressier konnte nicht mehr ganz mithalten - am Ende allerdings lief er in diesem einmaligen Finale fast eine halbe Minute schneller als je zuvor. Ein Dutzend Athleten kämpften 600 Meter vor dem Ziel noch um die Medaillen. Es war dann Joshua Cheptegei, der nach vorne preschte und knapp 550 Meter vor dem Ziel die Führung übernahm. Er gab diese Position nicht mehr ab, während sich hinter ihm eingangs der Zielgeraden Grant Fisher auf den zweiten Platz schob. Doch von weiter hinten kam Berihu Aregawi nach vorne. Er hatte den besten Spurt auf der Zielgeraden und überholte noch den US-Amerikaner, aber Joshua Cheptegei war schon zu weit weg.

„Es ist unglaublich, ich bin begeistert. Dieser Titel hat mir noch gefehlt. Ich war dreimal hintereinander Weltmeister, jetzt bin ich auch Olympiasieger über 10.000 Meter. Ich habe eine Portion Mut gebraucht, um so zu laufen“, sagte Joshua Cheptegei, der bei Olympia vor drei Jahren in Tokio den zweiten Platz über 10.000 m belegt und über 5.000 m gewonnen hatte. Seine Ergebnisse in diesem Jahr waren bisher nicht außergewöhnlich. Von seinen nur vier Wettkämpfen hatte er keinen gewonnen. Doch jetzt war Joshua Cheptegei in Paris zum richtigen Zeitpunkt topfit.