Leberschaden vermeiden
Laufen hält die Leber fit
Laufen hat viele positive Auswirkungen auf den Körper. Die auf die Leber werden dabei selten genannt. Wie du einem Leberschaden vorbeugen kannst.
Herz, Blutgefäße, Lungen, Körpergewicht, Fettverteilung, Muskeln, Knochen und Immunsystem werden als die großen Profiteure genannt, wenn es um die gesundheitlichen Vorzüge regelmäßiger sportlicher Betätigung geht. Kein Wunder, denn Herz-Kreislauf-Schwäche, Übergewicht, unterentwickelte Muskulatur und orthopädische Beschwerden sind die prominentesten Volkskrankheiten, die durch Bewegungsmangel getriggert werden.
Eine weitere Volkskrankheit ist in der öffentlichen Wahrnehmung hingegen viel weniger präsent. Dabei sind die Betroffenenzahlen bereits immens – Tendenz steigend. Es geht um das Organ, das zuvorderst gern mit der Verarbeitung alkoholischer Getränke in Verbindung gebracht wird: die Leber.
Wer die Leber überfordert, riskiert einen Leberschaden
„Zwischen Leber und Milz ist noch Platz für ein Pils!“ Klingt lustig – ist es aber nicht Die Leber ist für die Entgiftung des Körpers zuständig – auch die von Alkohol. Wer es auf Dauer mit dem Alkoholkonsum übertreibt und die Entgiftungskapazität der Leber überfordert, provoziert schwerwiegende Folgen: einen Leberschaden. Nicht mehr entsorgte Giftstoffe aus dem Alkoholabbau wie Azetaldehyd können über Stadien der Leberverfettung, Entzündung, Zelltod bis hin zur Vernarbung und zum tödlichen Leberversagen führen.
Doch abseits dieser medial so präsenten Form des alkoholbedingten Leberschadens setzt auch die heute weit verbreitete Lebensweise der Leber heftig zu. Die Kombination aus Bewegungsarmut, einem Missverhältnis zwischen Energieaufnahme und -verbrauch sowie der überhöhte Konsum von überzuckerten Softdrinks, Fastfood und süß-fettigen Fertigprodukten hat eine Leberveränderung zur regelrechten Volkskrankheit gemacht, die unabhängig vom Alkoholkonsum besteht.
Die nicht-alkoholische Fettleber
Es geht um die sogenannte „Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL)“. Nach studienbasierten Schätzungen sind bereits 20 bis 30 Prozent der Weltbevölkerung betroffen, auch rund ein Viertel der in Deutschland lebenden Menschen. Das Problem: Die Leber hat keine Schmerzrezeptoren. Eine Fettleber tut nicht weh. Symptome treten meist erst später auf, wenn die verfette Leber bereits entzündet ist („Steato-Hepatitis“), Gewebe zerstört wird und das Krebsrisiko steigt.
Die wichtigsten Risikofaktoren für eine NAFL sind zwar all jene Lebensstilmarker, die laufsportlich Aktive in aller Regel nicht aufweisen: nämlich deutliches, durch ungesunde Ernährung und Bewegungsarmut entwickeltes Übergewicht mit Fettansammlungen im Bauchraum. Aber es gibt auch schlanke Menschen, die wegen einer genetischen Veranlagung zu einer NAFL tendieren.
Als zentrales Stoffwechselorgan erfüllt die Leber lebenswichtige Aufgaben:
- Produktion von Gallenflüssigkeit (Galle) – essentiell für die Verdauung von Fetten
- Verwertung sämtlicher aus dem Darm ins Blut aufgenommener Nährstoffe: Aufbau von körpereigenem Eiweiß, Speichern von Kohlenhydraten (Glykogen), Abgabe von Glukose und Fettsäuren ins Blut zur Versorgung sämtlicher Körperorgane mit Energie
- Entgiftung von Schadstoffen, Stoffwechselprodukten, Alkohol, Medikamenten
- Bildung von Vorstufen der Sexualhormone und körpereigenen Fette
- Bereitstellung von Blutgerinnungsfaktoren
- Abbau „verbrauchter“ Blutkörperchen
- Speichern von Eisen
- Beteiligung an der Regulation von Blutzuckerspiegel, Bluteiweißen und Blutfetten (Cholesterin, Triglyceride)
Allein ihre zentrale Bedeutung für die Verdauung, die Energieversorgung und Entsorgung von Stoffwechselprodukten (Metaboliten) macht deutlich, welche herausragende Bedeutung eine gesunde Leber für das Erbringen sportlicher Leistungen hat.
Laufen ist auf zwei Ebenen gegen einen Leberschaden wirksam
Wer regelmäßig läuft und im Optimalfall auch seine Muskeln kräftigt, senkt sein Risiko, eine Fettleber zu entwickeln, nachhaltig. Leicht nachvollziehbar ist hier in erster Linie der rund um die Uhr erhöhte Energieumsatz zu nennen.
Wer viel Energie für körperliche Leistung, die anschließende Regenerations- und Aufbauarbeit sowie den rund um die Uhr erhöhten Grundumsatz verheizt, animiert seine Leber gar nicht erst überschüssige Energie in Form von Fett einzulagern. Aber die Forschung hat kürzlich einen weiteren entscheidenden Mechanismus aufgedeckt, der dafür sorgt, dass sportlich aktive Menschen ihrer Leber viel Gutes angedeihen lassen und einem Leberschaden vorbeugen.
Ein vergleichsweise hoher Kohlenhydratanteil in der Ernährung ...
... ist Voraussetzung für die intensive und extensive Leistungserbringung. Für Inaktive wäre das ein Risikofaktor für eine NAFL. Insbesondere Überschüsse des Industriefruchtzuckers, der Fertigprodukten und Softdrinks in hoher Konzentration zugesetzt wird, macht der Leber zu schaffen.
Leber-Mitochondrien im Fokus
In welcher Weise regelmäßiges Laufen die biochemischen Reaktionen der Leber auf eine hohe Energiezufuhr verändert und welche Bedeutung den aktiven Skelettmuskeln dabei zukommt, hat ein internationales Forschungsprojekt untersucht, das von Wissenschaftlern des „Deutschen Zentrums für Diabetesforschung“ und des „Universitätsklinikums Tübingen“ geleitet wurde.
In der experimentellen Studie mit Mäusen analysierten die Forschenden detailliert die Stoffwechselanpassungen der Leber an hohe Energiezufuhr bei einer Gruppe körperlich wenig aktiver Tiere im Vergleich zu Mäusen, die dreimal wöchentlich ein Laufbandtraining absolvierten. Nach sechswöchiger Versuchsdauer analysierte das Forschungsteam die Lebern und Skelettmuskeln der Tiere im Hinblick auf Veränderungen der Aktivität verschiedener Gene, die hergestellten Proteine, die Menge und Qualität der Fette sowie die Funktion der Mitochondrien.
Es zeigte sich, dass in den Lebern der trainierten Mäuse die Aktivitäten wichtiger Enzyme des Trauben- und Fruchtzuckerabbaus verändert waren. Innerhalb der Mitochondrien traten Veränderungen im Muster der aktiven Proteine und in der Folge eine Reihe weiterer Adaptationen auf. Mitochondrien sind Strukturen, die auch „Zellraftwerke“ genannt werden. Über eine hoch komplexe Reaktionskaskade wandeln sie Nähstoffenergie in eine für Muskeln und Organe nutzbare Energieform (ATP) um.
Trainierende Mäuse haben zahlreiche Vorteile
Im Resultat führen diese mitochondrialen Anpassungen dazu, dass der durch die hochkalorische Diät bedingte Energieüberschuss verstärkt als Wärme abgeleitet und nicht in die Fettsynthese investiert wird. Somit wird weniger Fett in der Leber deponiert. Zudem verbessert sich die Blutzuckerkontrolle und last but not least entlastet der forcierte Energieumsatz in den Mitochondrien der arbeitenden Skelettmuskeln den Leberstoffwechsel.
All diese Anpassungen blieben bei den „faulen“ Mäusen aus, deren Fettablagerungen in der Leber deutlich anstiegen. Wenngleich die an den kleinen Nagern gewonnenen Befunde nicht per se 1:1 auf den Menschen übertragbar sind, liefern die Analogien im Zellstoffwechsel wertvolle Hinweise, dass regelmäßiges Training auch bei menschlichen Aktiven präventiv wie therapeutisch gegen die „Volkskrankheit“ Fettleber wirksam ist.
Gut ernährt geht noch mehr
Nicht nur sportliche Aktivität schützt vor einem Leberschaden. Auch die Ernährung kann einiges beitragen. Es gilt aber auch zu betonen, dass Wettkampfernährung keine „Leberdiät“ ist. Auf Langdistanzen sind Energiegele und -riegel beliebte Verpflegung. Der hohe Anteil kurzkettiger, schnell ins Blut schießender Kohlenhydrate verhindert den Hungerast. Der immense Energiebedarf während des langen Laufens verhindert, dass die Leber Energieüberschüsse für den Fettaufbau verwendet.
In der Basisernährung, wenn der Organismus nicht auf Hochtouren arbeitet, sollte die Leber besser nicht mit einer solchen Kanonade kurzkettiger Zucker bombardiert werden. Welche Art von Kohlenhydraten in der Alltagsernährung eine Wohltat für die Leber ist, hat ein chinesisch-europäisches Forschungsprojekt 2023 eruiert.
Welche Vorteile resistente Stärke hat
In experimentellen Ernährungsstudien wiesen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach, dass der häufige Verzehr von „resistenter Stärke“ hoch effektiv die Bildung und Deponierung von Leberfett reduziert. Resistente Stärke gehört zu den Ballaststoffen. Das sind für den Menschen unverdauliche Kohlenhydrate, die nicht nur für gesunde Darmaktivität und Stuhlkonsistenz sorgen, sondern auch bestimmten Darmbakterien als Nahrung dienen. Die Mikroorganismen produzieren daraus kurzkettige Fettsäuren (Propion-, Butylsäure), die nach Übertritt ins Blut eine Gefäß-protektive und das Herz stärkende Wirkung entfalten.
Die neue Studie zeigt nun, dass resistente Stärke die Zusammensetzung der Darmflora verändert. So sank etwa der Gehalt einer speziellen Bakterienart („Bacteroides stercoris“), deren freigesetzte Metabolite den Fettstoffwechsel in der Leber ungünstig beeinflussen.
Resistente Stärke wird zum Beispiel von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Bananen im frühen Reifestadium (grün) geliefert, entsteht aber besonders effektiv auch beim intensiven Abkühlen gekochter Kartoffeln, Reis und Nudeln. Mindestens zwölf Stunden im Kühlschrank durchgekühlt, bleibt die Stärke auch beim neuerlichen Aufwärmen resistent. Angenehmer Nebeneffekt: Wer ein, zwei Kilo abspecken möchte, kann mit der Abkühlmethode einige Kalorien einsparen, ohne auf Pasta und Co verzichten zu müssen.
Mit Bewegung gegen einen Leberschaden vorgehen
Lange unbemerkt entwickeln besonders bewegungsarme, übergewichtige Menschen eine Fettleber – völlig unabhängig vom Alkoholkonsum. Aber auch schlanke Menschen sind aufgrund einer genetischen Vorbelastung betroffen. Eine spezielle Therapie gegen einen solchen Leberschaden gibt es bislang nicht.
Doch Ausdauersport, am besten um kräftigendes Muskeltraining ergänzt, hat sich studienbasiert als sehr wirksame Methode erwiesen, Veränderungen der Kohlenhydrat- und Fettverwertung im Leberstoffwechsel auszulösen, welche die Fettsynthese und Ablagerung drosseln. Ballaststoffreiche Basisernährung (besonders resistente Stärke) potenziert die sportlichen Effekte. Zu den vielen Organen, die vom regelmäßigen Laufen nachweislich profitieren, gesellt sich die Leber hinzu.