Leichtathletik-WM in Eugene (USA)
Tamirat Tola wird Marathon-Weltmeister - Joshua Cheptegei siegt über 10.000 Meter
Tamirat Tola aus Äthiopien hat bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Eugene (USA) die Marathon-Goldmedaille gewonnen. Der deutsche Starter Tom Gröschel (TC FiKo Rostock) kam auf Rang 43.
Nach einer enormen Tempoverschärfung auf den letzten zehn Kilometern siegte der Äthiopier Tamirat Tola beim WM-Marathon mit deutlichem Vorsprung in einer WM-Rekordzeit von 2:05:36 Stunden. Der 30-Jährige hatte 2017 bereits die Silbermedaille im WM-Marathon gewonnen. Tamirat Tolas Landsmann Mosinet Geremew wurde bei guten Wetterbedingungen mit Temperaturen zwischen 15 und 18 Grad Celsius und bedecktem Himmel Zweiter in 2:06:44.
Wie vor einem Jahr bei den Olympischen Spielen in Japan gewann Bashir Abdi (Belgien) die Bronzemedaille. Er war nach 2:06:48 im Ziel. Für die größte Überraschung im Spitzenfeld sorgte der Kanadier Cameron Levins, der als Vierter lange Zeit in der Spitzengruppe gelaufen war und mit 2:07:09 Stunden sogar einen Landesrekord aufstellte. Aufgrund des milden Wetters im Hochsommer und der frühen Startzeit um 6.15 Uhr entwickelte sich ein ungewöhnlich schneller Meisterschafts-Marathon. Elf Läufer blieben unter 2:08 Stunden, 19 erreichten Zeiten von unter 2:10 Stunden.
Der einzige deutsche Marathonläufer in Eugene, Tom Gröschel (TC Fiko Rostock), lief bei seinem WM-Debüt auf Platz 43 in 2:14:57. Damit lag er - wenn man von den persönlichen Bestzeiten der Läufer im Feld ausging - recht gut und etwas besser als erwartet. Immerhin war Tom Gröschel der sechstbeste europäische Läufer in Eugene, wobei man natürlich berücksichtigen muss, dass etliche Topläufer erst bei den Europameisterschaften in München in einem Monat starten werden.
Tom Gröschel lief von Beginn an sein eigenes Tempo und fiel dadurch schnell aus der anfangs großen Spitzengruppe zurück. Allerdings rannte er bis über den 30-km-Punkt hinweg mit dem Dänen Thijs Nijhuis, der ein ähnliches Leistungsniveau hat. Nach einer 10-km-Zwischenzeit von 31:29, passierte Tom Gröschel die Halbmarathonmarke nach 66:13 Minuten auf Rang 54. Zwar konnte er dieses Tempo während der zweiten Hälfte nicht halten, aber der 30-Jährige machte dafür einige Plätze gut. Nach 30 km war er auf Rang 48 mit einer Zwischenzeit von 1:35:03 Stunden. Bis zum Ziel konnte er sich noch auf Platz 43 nach vorne arbeiten.
Gröschel: "Bin ein cleveres Rennen gelaufen"
„Die Strecke war sehr selektiv mit einigen Anstiegen und Kurven. Ich brauchte die erste Runde um reinzukommen. Anders als bei City-Marathons hat man keine Tempomacher und muss sich zusammentun. Das hat mit dem Dänen Thijs Nijhuis, mit dem ich schon oft gelaufen bin, auch gut geklappt. Wir hatten uns vorher abgesprochen und haben gesagt, dass dann jeder auf der letzten Runde sein eigenes Rennen läuft. Ich habe gehofft, dass mir, je länger das Rennen dauert, die Leute entgegenkommen und ich Plätze gutmachen kann. So kam es dann auch. Das zeigt für mich, dass ich ein gutes und cleveres Rennen gelaufen bin. Vor der WM wollte ich unter die Top 50 kommen, das hat geklappt. Auch wenn es hinten raus sehr schwer war. Ich hatte ab etwa Kilometer 32 Probleme mit dem Beuger“, erzählte Tom Gröschel.
Tola erzwingt Entscheidung schon nach Kilometer 34
An der Spitze blieb eine sehr große Gruppe lange zusammen. 33 Athleten waren es an der Halbmarathonmarke, die nach 64:08 Minuten erreicht wurde, und 26 bei Kilometer 30 (1:31:09). Nicht mehr dabei war der Titelverteidiger Lelisa Desisa (Äthiopien), der nach der Hälfte zurückgefallen war und das Rennen dann später aufgab. Als Tamirat Tola, der im vergangenen Herbst den Amsterdam-Marathon gewonnen hatte und dabei seine Bestzeit von 2:03:39 gelaufen war, an die Spitze ging und das Tempo immer mehr verschärfte, fiel die große Gruppe auseinander. Nicht mehr mithalten konnte unter anderen Galen Rupp. Der US-Amerikaner, der bei Olympia 2016 Bronze im Marathon gewonnen hatte, lief am Ende auf Rang 19 ins Ziel.
Mit einem superschnellen 34. Kilometer von 2:43 Minuten sorgte Tamirat Tola für eine Vorentscheidung. Während er in der Folge seinen Vorsprung weiter ausbaute, kämpften hinter ihm Geoffrey Kamworor (Kenia), Mosinet Geremew (Äthiopien), Bashir Abdi (Belgien) und überraschend der Kanadier Cameron Levins um die Silber- und Bronzemedaille. Rund dreieinhalb Kilometer vor dem Ziel mussten der frühere Halbmarathon-Weltrekordler Kamworor und Levins die anderen beiden ziehen lassen. Am Ende war es dann Geremew, der sich von Abdi lösen konnte und auf Platz zwei lief.
Duell mit Guye Adola erwartet
„Für mich ist ein Traum wahr geworden. Zehn Kilometer vor dem Ziel habe ich mich entschieden, das Tempo zu erhöhen“, sagte Tamirat Tola, der 2016 bei Olympia Bronze über 10.000 m gewonnen hatte. „Ich freue mich, dass wir die ersten beiden Plätze belegt haben. Und es ist mein Ziel im nächsten Jahr wieder bei der WM für Äthiopien zu starten“, erklärte Mosinet Geremew, der bereits bei der WM vor drei Jahren in Doha die Silbermedaille im Marathon gewonnen hatte.
„Das war ein tolles Rennen für mich und ich habe einen großen Schritt nach vorne gemacht. Ich habe alles gegeben, um bestmöglich vorbereitet an den Start zu gehen. Mir war nach Olympia klar, dass ich mich deutlich steigern musste“, sagte der 33-jährige Cameron Levins, der in Japan vor einem Jahr den olympischen Marathon auf Rang 72 beendet hatte und nun Vierter wurde.
Joshua Cheptegei verteidigt seinen 10.000-Meter-Titel
Joshua Cheptegei ist die Revanche über 10.000 m eindrucksvoll gelungen. Der Weltrekordler und Titelverteidiger aus Uganda verteidigte in Eugene (USA) den WM-Titel über die 25-Runden-Distanz in 27:27,43 Minuten, nachdem er sich vor einem Jahr bei den Olympischen Spielen in Tokio überraschend dem Äthiopier Selemon Barega hatte geschlagen geben müssen. Joshua Cheptegei ist der vierte Läufer der WM-Geschichte, dem über 10.000 m eine Titelverteidigung gelang. Die Äthiopier Haile Gebrselassie und Kenenisa Bekele sowie der Brite Mo Farah hatten dies bisher geschafft.
Es passierte lange Zeit wenig in diesem 10.000-m-Finale. Keiner der Favoriten war gewillt frühzeitig das Tempo zu erhöhen und damit die große Läufergruppe auseinanderzureißen. So liefen nach sieben Kilometern noch 15 Athleten in der ersten Gruppe. 600 Meter vor Schluss hatte sich die Gruppe gelichtet, aber trotzdem waren noch acht Läufer im Rennen um die Medaillen.
In einer furiosen letzten Runde übernahm Joshua Cheptegei zunächst die Führungsposition vom Äthiopier Berihu Aregawi. Sofort heftete sich Olympiasieger Selemon Barega an die Fersen des Läufers aus Uganda. Als Barega gut 200 Meter vor dem Ziel an Cheptegei vorbeigehen wollte, forcierte dieser noch einmal das Tempo und verteidigte die Spitzenposition. Auf der Zielgeraden war der Titelverteidiger dann nicht mehr zu bezwingen. „Ich habe einen neuen Level erreicht“, sagte Joshua Cheptegei. Während Barega am Ende noch bis auf Rang fünf zurückfiel (27:28,39), sicherte sich der Kenianer Stanley Mburu, der in der Anfangsphase des Rennens strauchelte und fast gestürzt wäre, überraschend die Silbermedaille (27:27,90). Dritter wurde wie vor einem Jahr bei Olympia in Tokio Jacob Kiplimo (Uganda/27:27,97). Nur ganz knapp verpasste der am Ende stark aufkommende US-Amerikaner Grant Fisher als Vierter eine Medaille. Er war nach 27:28,14 im Ziel.
Deutsche Läufer waren in diesem 10.000-m-Finale nicht vertreten. Keiner hatte die anspruchsvolle Norm des internationalen Leichtathletik-Verbandes (27:28,00 Minuten) erreicht.
Endstation Halbfinale für Klein und Trost über 1.500 m
Erwartungsgemäß war im Halbfinale Endstation für die beiden deutschen 1.500-m-Läuferinnen Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und Katharina Trost (LG Stadtwerke München). Beide hatten im Vorlauf ansprechende Leistungen gezeigt und sich direkt über die Platzierung für das Semifinale qualifiziert: Klein wurde in ihrem Rennen Fünfte in 4:05,13 Minuten, Trost lief auf Rang sechs und erzielte dabei mit 4:03,53 sogar eine persönliche Bestzeit.
Im Halbfinale hatten die beiden dann aber keine Chance auf einen Platz im Finale. Hanna Klein wurde in ihrem Rennen Achte in 4:04,65, Katharina Trost lief im anderen Halbfinale auf Rang sieben mit 4:05,85. „Wir haben hier eine super Qualität, das sind Weltmeisterschaften, auch die Europäerinnen sind richtig stark. Daher muss man sich nicht schämen, nicht ins Finale gekommen zu sein, aber es war mein Traum“, sagte Hanna Klein. Katharina Trost, die erstmals bei einer großen Meisterschaft nicht über 800 m sondern über 1.500 m startete, sagte: „Ich bin zufrieden wie ich gelaufen bin und mit der Zeit. Zwei knackige Rennen innerhalb von 24 Stunden, das hilft mir in jedem Fall für die EM.“
Für den einzigen deutschen Mann, der in Eugene über 1.500 m startete, reichte es knapp nicht für das Halbfinale: Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) belegte bei seinem WM-Debüt im Vorlauf Rang zehn in 3:37,57 Minuten. Hätte er in diesem Lauf den vor ihm platzierten Kanadier Cameron Proceviat (3:37,43) überholt, hätte die Zeit für das Erreichen des Halbfinales gereicht.