Das Zusammenspiel von Gewicht und Leistung

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Wer schnell laufen möchte, sollte auch sein Gewicht im Auge haben. Es gibt einiges zu beachten, damit trotz purzelnder Pfunde die Form weiter steigt.

Um einen Marathon in drei Stunden laufen zu können, müssen viele Voraussetzungen stimmen. Dabei ist dein Körpergewicht nur eine von vielen Komponenten, die eine solche Leistung ermöglichen. Neben den körperbaulichen Eigenschaften (Körpergröße, -gewicht, -proportionen) sind auch psychische Voraussetzungen (z.B. Einstellung, Motive, Wille), motorische Komponenten (Kondition und Koordination) und deren wechselseitiges Zusammenspiel für eine Spitzenzeit verantwortlich. Dennoch muss es Gründe geben für den Spruch, dass die Bleistifte vorne und die Radiergummis hinten laufen. Wer mit Laufen abnehmen will, findet hier übrigens spezielle Trainingspläne.

Der BMI ist eine Maßzahl, die das Körpergewicht des Menschen bewertet. Das Gewicht wird durch die Größe in Metern zum Quadrat dividiert. Ein BMI zwischen 19 und 25 gilt für Sportler als normal. Zwischen 25 und 30 besteht leichtes Übergewicht und ab einem BMI von mehr als 30 sprechen Experten von Fettsucht oder Adipositas. Bei einem BMI von 18 liegt Untergewicht vor. In diesem Gewichtsbereich bewegen sich viele Leistungssportler. Aber nicht immer ist ein niedrigeres Gewicht ein Garant für bessere Leistungen. Man muss das individuelle, optimale Verhältnis zwischen Körpergewicht und Leistungsfähigkeit kennen.

Triathlet Bernd Wilkens, Anbieter von Leistungsdiagnostik und Online-Coaching für Läufer und Triathleten, sagt: „Wer länger läuft und auch einiges an Sporterfahrung hat, der weiß, wo sein ideales Wettkampfgewicht liegt.“ Der BMI korreliert auch mit dem Körperfettanteil. „Normalerweise messen wir bei sportlichen 20 bis 29 Jahre alten Frauen 17 bis 22 Prozent, bei Männern elf bis 15 Prozent“, erklärt Dr. Ernst Jakob, Chefarzt der Abteilung Sportmedizin an der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid. Die unterste Grenze, die noch tolerabel ist, liege bei Frauen hingegen zwischen zehn und zwölf Prozent, bei Männern um die sechs bis acht Prozent.

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Physikalischer Effekt

„Im Laufsport geht eine Gewichtsreduktion bis zu einer gewissen Grenze ohnehin mit einer verbesserten Leistungsfähigkeit einher”, erläutert Bernd Wilkens. Es muss weniger an Gewicht getragen werden. Das Last-Kraft-Verhältnis verbessert sich. Wer ein Gewichtsabnahmeziel hat und die Laufzeit kennt, die er auf einer bestimmten Strecke erreichen möchte, der kann sich den prozentual möglichen Leistungszuwachs durch Gewichtsabnahme ausrechnen. Die Berechnungsformel bezieht sich aber rein auf den physikalischen Effekt. „Beim Laufen bin ich immer einen kleinen Moment lang in der Luft. Hinauf auf vielleicht 20 Zentimeter ‚Flughöhe‘ muss ich den Körper mit seinem gesamten Gewicht erst einmal hieven“, erklärt Wilkens. Das kostet Energie. „Leicht vorstellbar, dass, wenn ich pro Laufschritt ein oder mehrere Kilogramm weniger anheben muss, ich auch effizienter laufen kann.“

Anschaulicher wird das am Beispiel Laufschuh: Ob ich einen 300 Gramm oder einen 200 Gramm schweren Schuh mit jedem Schritt 30 Zentimeter anheben muss, das macht sich auf einer Strecke von 42 Kilometern oder bei 24.000 Laufschritten bemerkbar. „Die realistische Steigerung der Leistung ist aber größer als dieser physikalische Effekt. Sie lässt sich auch schwerer ermitteln. Schließlich spielen da dann noch sehr viele andere Faktoren mit rein“, erklärt Wilkens.

Dr. med. Susanne Wiesner, Leistungssportlerin und leitende Oberärztin des Adipositas – Zentrums im Helios-Klinikum Berlin, die sich intensiv mit der Stoffwechselforschung befasst, berichtet von einer interessanten Studie. Dabei wurden sehr schlanke kenianische Spitzenläuferinnen am unteren Kalorienlimit ernährt. Das heißt, sie sparten am Tag 200 bis 600 Kilokalorien durch Nahrungsrestriktion. Und sie wurden schneller. Für die Muskelarbeit beim Laufen wird der universelle Energielieferant ATP (Adenosintriphosphat) benötigt. Eine Ursache für diese Leistungssteigerung der Kenianerinnen kann sein, dass sie als Spitzenläuferinnen auch sehr gute Futterverwerter sind. Wenn man gute Futterverwerter knapp ernährt, sorgt der Körper in seiner Not dafür, dass die kalorisch knappe Ernährung so effizient wie möglich in Energie umgewandelt wird.

Knappe Ernährung – bessere Leistung: Eine Vorgehensweise, mit der ambitionierte Hobbyläufer allerdings vorsichtig umgehen sollten. Ohne ernährungsmedizinische Betreuung besteht die Gefahr der Fehl- und Mangelernährung. Die Folge: schlapp und langsam statt fit und schnell. „Die Sauerstoffaufnahme limitiert die Leistung“, erklärt Prof. Dr. Billy Sperlich, Sportwissenschaftler aus Würzburg, der sich im Arbeitsbereich Integrative und Experimentelle Trainingswissenschaften intensiv mit Trainingsthemen auseinandersetzt. „Am einfachsten, Sie stellen sich ein brennendes Feuer vor. Je mehr Sauerstoff an das Feuer kommt, desto besser brennt es. Mal angenommen, die Muskelmasse bleibt gleich und Sie nehmen ab. Dann macht es für die Leistung einen Unterschied, ob Sie 4.000 Milliliter Sauerstoff pro Minute bezogen auf 60 Kilogramm oder 4.000 Milliliter Sauerstoff pro Minute bezogen auf 58 Kilogramm aufnehmen.“

Bei zu viel Diät wird Muskelmasse abgebaut

Sauerstoff wird besser an die Muskulatur gebracht, wenn man leichter ist. Die aerobe Energiegewinnung im Muskel kann dann effizienter ablaufen. Offen bleibt, wie sich dieser Effekt in Sekunden ausdrückt und ab welcher prozentualen Gewichtsabnahme er sich bemerkbar macht. Dr. Susanne Wiesner warnt auch vor dem Gedanken, der durchaus naheliegt: Die Reduktion der Fettmasse bei gleichzeitiger Erhaltung der Muskulatur brächte Sekunden. Der Gedanke ist folgerichtig, aber: „Selbst, wenn man zusätzlich Krafttraining betreibt: Spätestens ab 15 Prozent Gewichtsabnahme geht immer auch Muskelgewebe verloren.” Der Verlust an Muskelmasse ist ungünstig. Und Dr. Susanne Wiesner relativiert: „Die Stoffwechselökonomie bestimmt die Geschwindigkeit viel mehr als das Gewicht.“ Immer dünner – immer schneller?

Man könnte spekulieren, dass hier auch die Psyche eine Rolle spielt. Ein Kilogramm weniger auf der Waage verleiht dem Kampfgeist Flügel. „Ein Kilogramm Gewichtsabnahme pro Woche – mit viel Konsequenz können Sportler das schaffen“, so Bernd Wilkens. „Dafür müssen rund 7.000 Kilokalorien gespart oder durch Sport verbrannt werden.” Aber Wilkens warnt zugleich: „Bei voller Berufstätigkeit und vollem Trainingseinsatz ist das genug. Sie wollen ja auch fit für den Alltag bleiben.“ Bei der Leistungsentwicklung übersehen Sportler häufig die Zeitbezogenheit in der Trainingspraxis.

Vorsicht vor Unterernährung

Der Körper passt sich in fest vorgegebenen Zeiträumen an Ausdauertraining an. Methodische Kunststücke prallen an der Biologie ab. Der übersteigerte Wunsch nach Schnelligkeit und Schlankheit führt oft zu extremen Ernährungsweisen. Auf der einen Seite benötigen Läufer ausreichend Energie für ihren Arbeitsaufwand, auf der anderen Seite wollen sie so wenig wie möglich wiegen. Speziell bei Frauen mag der Aspekt, dass sie sich äußerliche Attraktivität und eine athletische Figur wünschen, eine große Rolle spielen. „Die sportbedingte Gewichtsabnahme bei Läufern mit dem Ziel der Leistungssteigerung birgt die Gefahr, an Magersucht zu erkranken”, warnt Dr. Jakob.

Sportler können ihren Körper zwar anders steuern als Normalverbraucher. Es kann sogar sein, dass Einige mit Untergewicht immer noch Spitzenleistungen bringen, während Andere damit bereits im Krankenhaus liegen. Denn Magersucht hat schlimme Folgen: Die Knochenmasse nimmt ab, es kommt zu Herzrhythmusstörungen, bei Frauen bleibt die Menstruation aus, der Schlaf ist unruhig und die Haut wird schlecht. Auch die Infekt-Anfälligkeit nimmt zu. Sich sportliche Ziele zu setzen und Gewicht zu verlieren, um sie zu erreichen, ist je nach Ausgangslage bis zu einer gewissen Grenze in Ordnung. Aber es sollte immer ein gesundes Verhältnis zum Essen beibehalten werden. Essstörungen und besonders die Magersucht können zum Tode führen. Der Sport kennt dafür traurige Beispiele.