Trailrunning fasziniert immer mehr Läuferinnen und Läufer
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Ratgeber
Trailrunning: Darauf kommt es beim Einstieg an

| von Joël Kruse und Christian Ermert

Trailrunning fasziniert dich? Die Bilder und Geschichten der alpinen Rennen motivieren dich und du willst auch deine ersten Schritte auf den Trails machen? Hier liest du, worauf es ankommt.

Bei den ersten Schritten im Trailrunning abseits der befestigten Wege benötigen Läuferinnen und Läufer kaum etwas, das über ihr Equipment für die Straße hinausgeht. „Anfänger sollten nicht zu verkopft an die Sache herangehen. Einfach mal anfangen, die ausgetretenen Pfade verlassen und dann sieht jeder mit der Zeit selbst, was noch an Ernährung, Ausrüstung oder Training fehlt“, sagt Jürgen Kurapkat, der vor fast 20 Jahren den Gore Trans Alpine Run miterfunden hat und als Urgestein der deutschen Trailrunning-Szene gilt.

Wer dann Gefallen am Trailrunning findet und erste Ausflüge in die Berge plant, sollte vor allem das Bergablaufen trainieren. Die Ausdauer für lange Bergaufpassagen lässt sich auch im Flachen aufbauen. Aber die Downhills sind eine Form der Beanspruchung, an die Muskulatur und Sehnenapparat gewöhnt werden müssen. Kleine Downhills gibt es auch in Mittel- oder Norddeutschland, man muss sie nur suchen und dann wiederholt absolvieren. Diese Bergabläufe können im Training für Trailrennen nicht ersetzt werden.

Trailrunning: So gelingt dein Einstieg
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Bergabtraining als Schlüssel zum Erfolg beim Trailrunning

„Sie sind der Schlüssel zum Anfangserfolg“, sagt Jürgen Kurapkat, „beim Bergauflaufen werden alle müde. Und wenn es steil wird, muss man sowieso gehen. Das ist nicht weiter schlimm, das geht auch den Besten so.“ Bergab allerdings kann die nicht ausreichend daran gewöhnte Muskulatur schon nach kurzer Zeit schmerzen. Darunter leidet jedes Trailvergnügen. Andererseits muss niemand mit dem ersten Start bei einem Trailevent so lange warten, bis er komplett trainiert ist. „Viele Veranstalter bieten Trails zwischen zehn und 30 Kilometern Länge an, dabei kann man gut in die Szene reinschnuppern“, so Kurapkat.

Je alpiner es wird, desto wichtiger wird die Ausrüstung. Am Anfang reichen aber auch Straßenlaufschuhe. „Mit der Zeit wird jeder Trailrunner selbst spüren, ob vielleicht doch etwas mehr Grip oder etwas mehr Dämpfung nötig ist. Aber zum Start ins Gelände würde ich beim Schuhwerk nicht großartig umstellen“, meint Kurapkat. Wenn es dann etwas höher in die Berge gehen soll, sei Minimalequipment schon wichtig, wie beispielsweise eine leichte Laufweste oder Windjacke und ein Laufrucksack, in dem sich Wasser und Verpflegung mitnehmen lässt.

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Laufrucksack, Smartphone und Trailschuhe gehören zur Pflichtausrüstung beim Trailrunning

So ausgerüstet ist dann das Lauferlebnis auf den Trails oft ein weitaus intensiveres als bei einem Straßenlauf, wie Henning Klingbeil erzählt. Der 51-Jährige kommt aus Bielefeld – und Ostwestfalen ist ja nicht unbedingt für seine Berge bekannt. Auch wenn sich der Teutoburger seiner Heimatstadt vorbeischlängelt. „Die ersten Steigungen liegen bei uns vor der Haustür. Traillauf heißt ja auch nicht unbedingt, dass man Tausende Höhenmeter bewältigen muss. Einfach entspannt durch den hügeligen Wald zu laufen, geht auch. Dafür brauchst du nicht unbedingt die Alpen, ein bisschen Gefälle gibt es überall“, sagt er.

Sein Aha-Erlebnis hatte er 2018. Bei seinem ersten Start beim 31,1 Kilometer langen Hermannslauf vom Hermannsdenkmal in Detmold nach Bielefeld, bei dem immerhin 567 Höhenmeter zu bewältigen sind. Dort hat Henning Klingbeil Gefallen am Gelände gefunden. Es folgte der Südthüringen-Trail über 47 Kilometer mit vielen Höhenmetern. Mittlerweile hat er unter anderen den Island Ultra Trail über 44 Kilometer auf der Atlantikinsel Madeira und in den Alpen den Tschirgant Sky Run über 45 km sowie den Weißsee Gletscherwelt Trail über 38 Kilometer bezwungen.

„Durch dieses Naturerlebnis nimmst du das Laufen ganz anders wahr“, schwärmt er, „du hast eine größere Reichweite, mehr Zeit zum Genießen, bist kaputter, leerer. Und es ist ein tolles Gefühl, die Berge bezwungen zu haben.“ Auf dem Berg nimmt er sich die Zeit zu fotografieren und versucht, die besonderen Momente in der Höhe zu konservieren. „Wenn mich der Alltag wiederhat und ich in meinem grauen Büro sitze, dann ziehe ich aus diesen Momenten und Erlebnissen viel Energie. Dafür brauche ich dann die Fotos, die ich mir regelmäßig anschaue.“

Trailrunning führt in Höhen, die sonst Skifahreren vorbehalten sind
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Momente, die noch lange in den Alltag nachwirken

Und das alles mit recht einfachem Training: „Mein Wochenumfang beträgt meist zwischen 25 und 30 Kilometern, wobei ich aus Zeitgründen am Wochenende die langen Läufe absolviere. Wenn ein langer Trail in den Alpen ansteht, können es aber auch schonmal 60 Kilometer pro Woche werden“, berichtet er. In Sachen Ausrüstung schwört er auf Laufstöcke: „Für mich ist das Laufen mit Stöcken unheimlich hilfreich. Das ist eine Riesenunterstützung und eine große Entlastung für die Beine, weil du dich auch mit den Armen hochdrückst.“

In Sachen Ernährung während des Wettkampfs empfiehlt er Zuckergels. „Da muss jeder selbst herausfinden, welche er verträgt, aber ohne geht es nicht.“ Ansonsten bestünde die Gefahr, sich komplett leerzulaufen. Um Krämpfen vorzubeugen, löst er sogenannte Schwedentabletten mit Natrium in Wasser auf und trinkt die Mischung.

Aber auch perfekte Vorbereitung schützt nicht hundertprozentig vor Missgeschicken, die beim Trailrunning passieren können: Beim Südthüringen-Trail über 47,1 Kilometer knickte Henning Klingbeil schon nach sechs Kilometern in einem Downhill um. „Es tat höllisch weh und ich wusste sofort, dass etwas kaputt ist.“ Gehen schmerzte, also lief er rund eineinhalb Kilometer zur nächsten Verpflegungsstation. „Ich wusste, dass da Sanitäter sind, die mich dann zum Start bringen würden. Im Ziel würde ich dann eine Bratwurst essen, ein Bier trinken und mich meinem Selbstmitleid ergeben.“ Aber diese Vorstellung schmerzte wohl noch mehr, und der Projektmanager in einer Digitalagentur schleppte sich laufend von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt und erreichte nach 8:09:07 Stunden das Ziel.

Er hätte sich aber immer auch abholen lassen können und an den Verpflegungsstellen wird immer gecheckt, ob die Läuferinnen und Läufer noch in der Lage sind weiterzulaufen. Denn die Sicherheit aller Aktiven hat bei Trail-Veranstaltungen immer oberste Priorität. Um für Notlagen so gerüstet zu sein, dass sie keine schlimmeren Konsequenzen haben, schreiben die Veranstalter eine Pflichtausrüstung vor. Bei den meisten Trailrennen sind Trailschuhe mit Profilsohle, ein Laufrucksack, eine wasserdichte Jacke, die Beschriftung der mitgeführten Lebensmittel-Verpackungen, ein Trink- und Wasserbehälter, eine Notfallausrüstung, eine Navigationsuhr mit GPS-Tracker sowie ein Mobiltelefon mit eingespeicherter Nummer zum Absetzen von Notrufen vorgeschrieben. Und das ist dann auch das, was du neben dem richtigen Training auf jeden Fall brauchst, um in dein erstes Trailabenteuer bei einem Rennen zu starten.

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