Vorsorge kann Leben retten
Wieso ein regelmäßiger Check-Up für Läuferinnen und Läufer wichtig ist
Die regelmäßige Untersuchung der Organe und des Herz-Kreislaufsystems sind wichtig. Was sonst noch abgeklärt werden sollten, um ein Leben lang gesund laufen zu können, erklärt Dr. Matthias Marquardt.
Hinter dem Schreibtisch im Behandlungszimmer der Praxis von Dr. Matthias Marquardt in Hannover-Langenhagen hängen Fotos von Autos vor einer Werkstatt. „Mein Vater hatte ein Autohaus, ich interessiere mich nicht sonderlich für Autos“, sagt Marquardt. Aber eines habe er von seinem Vater mitgenommen. „Die Fehlersuche ist bei Auto und Mensch gleich“, hat sein Vater immer gesagt. Und: „Du darfst nie Ruhe geben, bist du ihn gefunden hast.“
Dr. Matthias Marquardt interessiert sich schon lange für Fehlersuche im menschlichen System. Der 45-Jährige hat sich nicht erst mit dem Erscheinen seines Standardwerks „Die Laufbibel“ einen Namen in der Laufszene gemacht. Er gilt als einer der Top-Sportmediziner in Deutschland. Sein Wissen gibt er gerne weiter. Ob in seinen zahlreichen Büchern oder Vorträgen. Seine Seminare sind ebenso gut gebucht wie die Check-Up-Termine in seiner Praxis.
Unter seinen Patienten sind besonders viele Ausdauer-Sportler und -sportlerinnen. „Die meisten Menschen behandeln ihr Auto immer noch besser als ihren eigenen Körper“, sagt Marquardt in Anspielung auf die Fotos hinter ihm. „Während der Wagen regelmäßig in die Inspektion geht, gehen wir oftmals erst zum Arzt, wenn wir krank sind. Wer sich aber regelmäßig einem Check-Up unterzieht, tut etwas für seine Gesundheit“, bringt Marquardt es auf den Punkt.
Wir haben den Experten gefragt, worauf es bei einem sportmedizinischen Check-Up ankommt. Neben der Untersuchung aller Organsysteme empfiehlt Dr. Marquardt eine präzise Untersuchung des Herzkreislaufsystems. „EKG, Belastungs-EKG, Herzultraschall- und Blutdruck-Untersuchung sind unerlässlich, ebenso die Betrachtung wesentlicher Stoffwechsel-Werte wie Zucker, Blutfette und Cholesterinwerte. Die Überprüfung der sportlichen Leistungsfähigkeit, eine Analyse des Bewegungsapparates und eine Beratung hinsichtlich der optimalen Mikronährstoffversorgung gehören bei uns ebenfalls zu einem Check-Up“, so Marquardt, der Facharzt für innere Medizin und Sportmedizin ist. Er weiß aus eigener Erfahrung: „Ein Check-Up kann Leben retten.“
Ein medizinischer Check-Up kann bei einem Internisten oder einem Hausarzt beziehungsweise Sportmediziner mit entsprechender internistischer Qualifikation durchgeführt werden. Wir sagen dir, worauf es beim Check-Up ankommt.
Die Basis-Untersuchungen
EKG: Das Ruhe-EKG ist eine internistische Basisuntersuchung. Es wird im Liegen durchgeführt. Herzrhythmusstörungen, Herzwandverdickungen oder Herzklappenfehler können erkannt werden. Aber die Sensitivität ist gering, ein EKG in Belastung sollte immer als Ergänzung zum Ruhe-EKG durchgeführt werden.
Lungenfunktionstest: Wichtige Untersuchung zur Überprüfung der Lunge. Einschränkungen des Volumens können identifiziert werden.
Körperfettmessung: Der Wert kann mit modernen Körperfettwagen oder mittels einer sogenannten Caliper-Zange ermittelt werden.
Blutuntersuchung: Unerlässlich beim Check-Up, um Aussagen zur Vitalität und Leistungsfähigkeit machen zu können. Gemessen werden: Leberwerte, Nierenwerte, Schilddrüsenwerte, Muskelenzym-Werte, Cholesterinwerte, Blutfettwerte, Entzündungsproteine, Eisenstatus, Vitamin B12, Omega-3-Fettsäuren, Zuckerstoffwechselwerte. Wichtig: Zwölf Stunden vor der Blutentnahme nüchtern sein.
Urin-Untersuchung: Wichtig, um eine krankhafte Eiweißausscheidung zu detektieren. Grundsätzlich sind zwei Proben nötig. Mitzubringen ist der erste Morgenurin, denn nur aus diesem kann ermittelt werden, ob ein Jodmangel besteht. Aus einer zweiten Probe vor Ort werden Salzwerte bestimmt. Die meisten Menschen nehmen zu viel Kochsalz zu sich. Optimal: 6 Gramm pro Tag.
Messen von Bauchumfang, Körpergröße, Gewicht: Aus diesen Werten kann der Body-Mass-Index (BMI) ermittelt werden. Bei weiteren Untersuchungen kann die Entwicklung des BMI als wichtiger Gesundheitsindikator bestimmt werden.
Das Anamnese-Gespräch
Das ist eine der wichtigsten ärztlichen Tätigkeiten. Manche Werte lassen sich erst im Zusammenhang richtig einordnen. „Ich will wissen, welche Erkrankungen oder Risikofaktoren es in der Familie eines Patienten oder einer Patientin gibt“, sagt Dr. Marquardt. „Ich benötige aber auch Informationen über den Arbeitsalltag, über Familie und Tagesablauf. Die Sozialanamnese ist wichtig, um eine eventuell notwendige Therapie an die Lebenswirklichkeiten von Patienten und Patientinnen anzupassen.“
Matthias Marquardt: „Als guter Check-Up-Mediziner muss ich so viele Informationen wie möglich erfragen, um mir ein optimales Bild machen zu können. Als Arzt muss man verstehen, warum jemand Sport macht oder nicht. Wie intensiv trainiert mein Gegenüber? Welche Probleme gibt es? Eine regelmäßige Müdigkeit oder eine negative Leistungsentwicklung? Gibt es bereits Medikationen? Das Auftreten, der Gesichtsausdruck, das Verhalten – das alles sind wichtige Informationen, um sich ein exaktes Bild machen zu können.“
Bestandteil einer guten Vorsorge ist auch die Aufklärung über den Impfstatus, weshalb der Impfpass zur Untersuchung mitgebracht werden sollte. „Viele Menschen vergessen es schlicht und einfach, den Impfstatus zu kontrollieren und sind zum Beispiel nicht mehr gegen Tetanus geschützt. Das sollte aber auch jeder Hausarzt im Griff haben.“ Ein solches Gespräch dauert in der Regel 45 Minuten.
Weitere Untersuchungen
Selbstverständlich gehören Standard-Untersuchungen wie die Kontrolle der Augen, das äußerliche Abtasten von Organen und das Abhören von Bauch, Herz und Lunge zum Check-Up dazu. Ein Hautkrebs-Screenings ist ebenfalls wichtig.
Per Ultraschall werden Schilddrüse, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Leber, Milz und Galle untersucht. Ebenfalls die wichtigsten Gefäße (Hauptschlagader und Halsgefäße. Beim Herz-Ultraschall können Funktionen der Herzklappen sowie Größe, Wanddicke und Elastizität des Herzes gecheckt werden.
Als guter Check-Up- Mediziner muss ich so viele Informationen wie möglich erfragen, um mir ein optimales Bild machen zu können.
Dr. Matthias Marquardt
Ergometrie und Leistungsdiagnostik
Eine Messung unter Belastung ist vor allem für Ausdauersportler und -sportlerinnen sehr wichtig. „Läuferinnen und Läufer gehören für mich aufs Laufband – das ist schließlich ihr Sport“, empfiehlt Dr. Marquardt. Ein EKG unter Belastung, eine Atemgasanalyse sowie die Laktatmessung am Ohrläppchen liefern die nötigen Ergebnisse, um die sportliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit beurteilen zu können.
„Im Ultraschall erkenne ich nicht sicher, ob es eine Engstelle in den Herzkranzgefäßen gibt. Aufschluss, ob ein Herzinfarktrisiko vorliegt, liefert erst das EKG unter Belastung“, sagt
Matthias Marquardt, „aber dazu brauche ich eine vollständige Ausbelastung.“ In allen Belastungsstufen werden neben dem EKG auch die Laktatwerte, Atemgase und Blutdruck gemessen. Damit sind im Anschluss auch die optimalen Trainingsbereiche bestimmbar.
Die Auswertung der Daten
Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung ist eine gezielte Antwort auf die Frage: Sind Herz und Kreislauf gesund? „Du kannst fit sein, aber nicht gesund“, sagt Dr. Matthias Marquardt, „und du kannst gesund sein, aber nicht fit.“
Natürlich wird nicht jeder Mensch jeden Wert verstehen. Aber umso wichtiger ist es, einen verständlichen Abschlussbericht zu erhalten. „Je nachdem, wie weit ein Patient oder eine Patientin beraten werden möchte, schauen wir nicht nur auf die reinen Gesundheitsdaten, erstellen einen Mikronährstoff-Plan oder passen die Medikation an“, sagt der Sportmediziner aus Hannover.
„Wir kümmern uns auch um die Trainingsberatung und können eine Laufstil-Analyse durchführen, mit der wir zudem orthopädischen Problemstellungen auf den Grund gehen. Das ist beim Check-Up eher die Kür als die Pflicht“, so Marquardt. Die Kür kann man machen. Die Pflicht, also einen Check-Up im jährlichen (bei bekannten Erkrankungen oder bei Leistungssportlern bzw. -sportlerinnen) oder im zweijährlichen Rhythmus sollten alle Ausdauersportler und -sportlerinnen durchführen, die lange ihren Sport bei bester Gesundheit ausüben wollen. Die Preise für eine ausführliche Check-Up-Untersuchung schwanken leicht. Mit rund 1000 Euro sollte man rechnen. Vielleicht ist die Untersuchung sogar etwas günstiger als die nächste Inspektion beim Auto. Und auf jeden Fall noch besser angelegt.