Trailrunning
Zwischen Wadis und Weihrauch: Lauf-Abenteuer in Oman

| von Martina Wengenmeir (Text) & Christian Penning (Bilder)

Laufen im Oman? Klingt super exotisch. Wo liegt das überhaupt? Wie groß das Trail-Abenteuer in dem Nachbarland der Vereinigten Arabischen Emiraten wirklich ist, hat unsere Autorin herausgefunden.

„Willst du mit auf einen Trailrunning-Trip in den Oman?“ Als ich das letztes Jahr vom Trailschuhspezialisten Dynafit gefragt wurde, hing ich sofort am Haken, denn ich wusste so gut wie gar nichts über das Land auf der arabischen Halbinsel. Sind dort überhaupt Berge und ist es in der Wüste nicht viel zu heiß? Wie frei kann ich mich als Frau beim Trailrunning in entlegenen Gebieten bewegen? Und wie tickt wohl die Community?

Beim Abflug am Frankfurter Flughafen wusste ich noch immer nicht viel mehr, als was Google zu einigen Anhaltspunkten unserer Route und Unterkünften ausgespuckt hatte. Zu den Strecken und deren Höhenprofil, die wir laufen wollten, konnte ich leider gar nicht so viel finden. Dafür hatte mir ein Kollege einige Tage zuvor recht begeistert über Weihrauch und die tolle Landschaft erzählt.

Nach 6,5 Stunden Flug traf ich in der Gepäckhalle auf die anderen: eine gemischte Truppe aus Journalist*innen, Fotografen und dem Dynafit-Team, darunter auch Rosanna Buchauer, aktuell eine der besten Trail-Läuferinnen Deutschlands. Gemeinsam mit unseren Guides Khalid und Qasim, brachen wir in Allrad-Fahrzeugen ins Landesinnere auf. Etwa 2 Stunden westlich der Hauptstadt liegt das Bergdorf Wakan auf 2000 m wie ein Adlernest, die umliegenden Bergketten wie ein riesiger Schüsselrand um den Horizont.

Nach Kardamom-Kaffee und Datteln galt es, den Flug aus den Knochen zu schütteln: Mit Qasim als Guide machten wir uns auf in Richtung Hochebene des Saiq Plateaus und des Jabal Al Akhdar Gebirges. Steinstufen ging es zwischen den grünen Feldern des Orts hinauf, wo Datteln, Aprikosen und andere Früchte angebaut werden. Ein starker Kontrast zum umliegenden steinigen Grau. Möglich macht’s ein uralte Bewässerungssystem.„Falaj, oder Afladj, im Plural, gehören mittlerweile zum UNESCO Weltkulturerbe“, erklärt uns Guide Qasim. „In dieser Form gibt es sie bereits seit 1500 Jahren, wobei man davon ausgeht, dass Bewässerungssysteme bereits seit 2500 v. Chr. in Oman bestehen.“

Gut markierte Bergpfade verbinden die Dörfer im Oman

Zwischen den entlegenen Bergdörfern gibt es ein Netz von Bergpfaden, gut markiert mit gelb weiß roten Streifen. Die Wege W25, W24B und W24A führen etwa von Wakan nach Hadash und lassen sich zu einem Loop verbinden - tolle Ausblicke auf die Gubrah Bowl und die umliegenden Wadis, arabisch für Täler oder Schluchten, inklusive. Vom kurzen Lauf von rund 5 Kilometern und 200 Höhenmetern, oder eine etwas längere Runde von 16 km und 2200 Höhenmetern ergeben sich hier unterschiedliche Strecken. Dabei benötigen die technischen Bergtrails auch mal eine Hand am Fels und unbedingt Trittsicherheit, dafür belohnen tolle Aussichten vom Rand des Gebirgskessels.

Wieder auf der Terrasse der Wakan Heritage Homes zurück, mit alten Türen und weiß getünchten, rauen Zimmerwänden, genießen wir nochmal einen Wahnsinns-Ausblick auf die Wadis, die weite Ebene weiter unten genauso wie die umliegende Bergkette, deren Schatten langsam länger werden. Bei Briyani, dem Omani-National-Gericht aus Reis und Hühnchen simpeln wir noch etwas über Routenmarkierung, die besser ist als daheim und fallen dank Jetlag und mit Vorfreude auf den nächsten Tag bald in unsere Betten.

Ein weiteres Highlight unserer Reise ist ein Lauf des W6 tief im Hajar-Gebirge, der als Balcony Walk auf der Must-Do Liste vieler Touristen steht und auch als omanischer Grand Canyon betitelt wird. Dorthin geht es über steile Schotterstraßen und wir sind froh um die Geländegängigkeit unserer Allrad-Fahrzeuge. Der Pfad schlängelt sich für rund 4 km ohne wesentlichen Höhenzugewinn entlang des Wadi Nakhr, ist flowig, was ihn super zum Laufen macht. Teils halten ihn kleinere Felsverblockungen für den Kopf abwechslungsreich. Also nicht zu sehr von der Landschaft ablenken lassen! Mit Felsüberhängen, atemberaubenden Ausblicke auf die tiefe Schlucht und den Jabal Schams, Omans höchsten Berg, einem verlassenen Dorf und einem Wasserfall am Ende, ist der Track ein echtes Trail-Juwel.

Dattel-Stop für Rosanna Buchauer

Zurück geht es den gleichen Weg mit kurzem Stopp an einer kleinen Bude für süßen Tee, Kaffee und obligatorischen Datteln für Rosanna. Obwohl die Sonne sticht, geht ein leichter Wind, der das Laufen trotz der Temperaturen angenehm macht.

Beim Picknick nach dem Lauf zogen wir erneut die Blicke auf uns. Diesmal allerdings von den freilaufenden Bergziegen der Gegend, die uns als feine Verpflegungsstation auserkoren und sich direkt bedient haben - gemerkt haben wir das allerdings erst, als es für unsere Bananen schon zu spät war.

Abends in Nizwa geht es dann in den Souq. Der traditionelle Markt der alten Handelsstadt bietet von Datteln über Tahini, bis hin zu Krumdolchen, Weihrauchbrennern und Wunderlampen eine hervorragende Gelegenheit, sich mit Souvenirs einzudecken oder auch Spezialitäten probieren, wie Kaffee mit Kamelmilch, so wie ihn die Beduinen trinken. Khalids Tipp: „unbedingt verhandeln, das gehört dazu!“ Und für alle, die bis dato noch nicht mit Ziegen auf Tuchfühlung waren: immer freitags findet direkt neben dem Souq ein traditioneller Viehmarkt mit Auktion statt.

Zur Person: Rosanna Buchauer

Rosanna Buchauer ist eine der erfolgreichsten deutschen Athletinnen im Trailrunning. Mit zwei fünften Plätzen bei den beiden vergangen Trailrunning-Weltmeisterschaften in Thailand und Innsbruck in der Distanz um 80 km und einem fünften Platz beim CCC by UTMB über 100 km 2022 beeindruckt sie vor allem mit starker Leistung im zweiten Teil der Rennlangdistanz. Zuletzt hat sie den Lavaredo Ultratrail über 120 km gewonnen und sich damit für den UTMB im Herbst qualifiziert, bei dem sie den CCC zu laufen plant. Zu ihrer Ausrüstung sagt sie: „Meine aktuellen Lieblingsprodukte sind die Dynafit Alpine DNA Schuhe und die Dynafit DNA 8 Running Vest.“

Trailrunner als Studienobjekt

Die Omanis sind ein gastfreundliches Volk, das meist eher zurückhaltend ist, aber mitunter neugierig auf uns zugeht. Mit unseren bunten Trailrunning-Klamotten stechen wir bei den eher traditionell gekleideten Einheimischen wohl eher als Kuriositäten heraus. Mal wollen uns junge Studentinnen, klassisch in bodenlangem schwarzen Gewand, für ein Studienprojekt portraitieren. Von Trailrunning hatten sie noch nie etwas gehört.

Und natürlich finden sich auch in unserer Gruppe schnell Gemeinsamkeiten: Nach ihrer letzten Saison mit abruptem Verletzungsende geht Rosanna Buchauer als Reiseliebhaberin, die auch im Tourismus arbeitet, den Trip entspannt an, ist wie der Rest neugierig auf Land und Leute. „Was Plantar-Fasziitis angeht, heißt es wirklich vorsichtig sein. Physio und Arzt haben mir echt eingebläut, bloß nicht über den Schmerz zu gehen, weil ich sonst vielleicht gar nicht mehr Laufen und das Wettkampfgeschehen an den Nagel hängen kann“, erzählt sie. Trotzdem lässt sie sich eine entspannte Zehn-Kilometer-Trainingsrunde durch die bergige Landschaft rund um die Snake Gorge im Wadi Bani Awf nicht nehmen, während wir auf die anderen warten und sorgt dabei im Vorbeifahren für Aufsehen. Auf weiter Flur ist sie dort so ziemlich die einzige Läuferin.

Es gibt sogar eine kleine Trailrunningszene im Land

Noch schneller kommt man natürlich mit Gleichgesinnten in Austausch. Die Trailrunning-Szene in Oman ist recht klein, will aber mit der Unterstützung des Ministeriums für Kultur, Sport und Jugend wachsen. Mitunter über Trailrunning und Laufevents.

Mit Strecken über 110, 55, und 20 Kilometer bietet das Himam Trail Race verschiedene Distanzen mit dem Ultra als Highlight, daneben aber auch kürzeren Kinder- und Einstiegs-Distanzen um den Ort Birkat al Mouz. Die Strecken führen durch Dattel-Haine, verwinkelte Gassen zwischen Lehmbauten und durch das raue Hajar-Gebirge. Während die Versorgungsstationen mit Eseln beliefert werden, baut das Event vom Orga-Team um Hamed Al Harthi, vor allem auf zahlreichen Volunteers um so die Jugend mit Trailrunning vertraut zu machen. Wie Rosanna war Hamed 2023 auch beim UTMB in Chamonix, lief allerdings den UTMB und nicht  den CCC.

Der Himam Ultra lockt jährlich rund 750 Teilnehmende aus 62 Ländern und findet im Dezember statt. Damit bietet er die Möglichkeit, die Renn-Saison nochmal zu verlängern. Der Anteil der weiblichen Läuferinnen liegt beim Himam Trail bei 24 Prozent. Wenn auch geringer als der der Männer, ist das eine Frauenquote ähnlich dem im Westen auf Ultra-Distanzen.

Reiseinfos Oman

Old Muscat Tourism begleitete uns als Reisedienstleister mit erfahrenen Guides, die Land und Leute bestens kennen und unterwegs vielfältige Einblicke geben können. Die beste Reisezeit zum Laufen ist von Oktober bis April. Oman Air fliegt täglich ab Frankfurt, fünfmal wöchentlich ab München und viermal wöchentlich ab Zürich direkt in die Hauptstadt Maskat. Weitere Airlines ergänzen das Flugangebot ins Sultanat mit Umstieg von zusätzlichen deutschen Städten.

Auch Mohammed Al Obaidani setzt als Organisator auf Freiwillige. „Wir bieten bei unseren Laufevents kürzere Strecken für Einsteiger und Jugendliche an. Zugleich setzen wir in der Organisation auf eine große Anzahl an jugendlicher Freiwilliger. Damit wollen wir den Nachwuchs an den Sport heranführen“, erklärt Obaidani als wir ihn am letzten Abend unserer Reise in Maskat treffen. Der Event-Veranstalter und Sport Ambassador hat selbst an Ironman-Veranstaltungen weltweit, unter anderem in Frankfurt teilgenommen und organisiert neben dem Iron Man und Straßenlaufevents im Oman auch einen Wadi-Run durch Schluchten mit abwechslungsreicher Strecke.

Und auch wir kommen am nächsten Morgen nochmal in den Genuss der omanischen Laufstrecken in Maskat, die uns nochmal mit Ausblicken auf Mutrah, die Altstadt und das Meer verwöhnt. Nach einem mehr als reichhaltigen Frühstück im Al Bustan Palace geht es für uns auch wieder zurück nachhause. Oman mag noch nicht auf der Landkarte vieler Läufer*innen stehen, aber für alle, die neue Trail-Reviere, Rennen und eine andere Kultur entdecken wollen, lohnt sich ein Laufabenteuer im Morgenland.

Unterkünfte im Oman

Im Bergdorf Wakan: SAMA Wakan Heritage Homes: Zimmer mit Bad in restauriertem, traditionellem Bau. Terrasse mit tollem Grand Canyon artigen Weitblick über die umliegenden Wadis.

In Al Hamra: The View Oman: Gepflegtes Resort mit einzelnen wie schwebenden Bungalow-Apartments mit Rundum-Panorama und spektakulärer Aussicht auf Al Hamra und Umgebung - auch vom Pool.

In Nizwa: Golden Tulip Nizwa: 4-Sterne-Hotel in klassischem omanischen Stil am Fuß des Hajar Gebirges in der alten Handelsstadt Nizwa.

In Maskat: Al Bustan Palace, a Ritz-Carlton Hotel: Ressort-Style Hotel mit eigenem Strand, am Rande von Muskat gelegen. Beeindruckendes Frühstücksbuffet, Spa-Bereich und Erdgeschoss-Zimmer mit direktem Pool-Zugang.