Auf einem Bein alle Hindernisse überwunden

Auf einem Bein alle Hindernisse überwunden

| Interview: Karla Stanek | Fotos: Veranstalter
Mit nur einem Bein einen harten Hindernislauf meistern? Dass das geht, hat Tom Belz beim Strong Viking bewiesen. Wie das geht, liest du hier.

4000 Läufer trauten sich dieses Jahr in Wächtersbach auf den Parcours der „Strong Viking Water Edition“ – einem Hindernislauf, bei dem es besonders nass und matschig zuging. Und einer davon meisterte die Strecke auf nur einem Bein: Tom Belz aus Offenbach. Er hat sein linkes Bein verloren, als er acht Jahre alte war. Der Knochenkrebs machte eine Amputation von der Hüfte an notwendig, sodass er keine Prothese trägt, sondern mithilfe von Krücken läuft. Sein Start erzeugte eine so große Medienresonanz, dass sein Spendenaufruf für die Kinderkrebshilfe Frankfurt 5000 Euro einbrachte. Wie er die mit vielen schwierigen Hindernissen gespickten zehn Kilometer geschafft hat, verrät Tom Belz hier.

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Tom Belz, wie ist die Idee entstanden, beim Strong Viking mitzulaufen?
Das war im Fitnessstudio. Mein Trainingspartner Merlin erzählte mir davon. Während wir damit beschäftigt waren, Gewichte zu heben, kamen wir auf die Idee, mit unserer Teilnahme einer Hilfsorganisation unter die Arme zu greifen. Für mich persönlich war es eine weitere Chance, mir zu beweisen, dass meine Behinderung keine Entschuldigung für irgendetwas ist.

Hast du dich auf den Lauf vorbereitet?
Ehrlich gesagt nicht wirklich – mein Körper ist seit 22 Jahren daran gewöhnt, auf Krücken zu laufen. Außer meinem üblichen Fitnessprogramm und regelmäßigem Joggen für die Ausdauer über drei Wochen habe ich nicht viel dafür trainiert.

Wie hast du dich vor dem Lauf gefühlt?
Ich war aufgeregt! Und auch gerührt von der Aufmerksamkeit, die ich bekam. Es ging schon auf dem Parkplatz los, mit Presse und Followern meines Youtube-Kanals. Kurz vor Start wurde ich noch auf die Bühne gerufen, um auf meine Spendenaktion hinzuweisen. Danach wurde ich wie alle anderen von einem Drill-Sergeant mit Liegestützen, Burpees und Hampelmännern fertig gemacht – noch vor dem Start, wohlgemerkt. Das Gute daran: sämtliche Nervosität ist verflogen.

Geht nicht? Ich zeig dir mal, wie es doch geht!

Und wie war dann das „Wikinger-Erlebnis“ beim Lauf? Gab es Hindernisse, bei denen du dich so benachteiligt gefühlt hast, dass du sie auslassen musstest?
Merlin und mein Kameramann Martin haben mich gut auf Zack gehalten, ebenso wie die anderen Teilnehmer – mit Lobliedern, Popo-Klatschern und auch dem einen oder anderen Kuss auf die Wange. Ich habe aber auch dem einen oder anderen ein wenig geholfen. Und es hat echt Spaß gemacht, sich richtig dreckig zu machen. Da ist man mal wieder Kind. Es war ein Riesenfest. Und ich musste nur ein Hindernis auslassen: Das, bei dem man wie die Wikinger Schild und Hammer tragen musste. Das hätte sich mit den Krücken nicht koordinieren lassen. Stattdessen habe ich an der Stelle 30 Straf-Burpees gemacht.

Welche Distanz hast du zurückgelegt?
Angemeldet war ich für die 13 Kilometer, doch aufgrund eines Unwetters wurde der Lauf zweieinhalb Stunden nach unserem Startschuss abgebrochen. Da waren wir gerade bei Kilometer 9,5 – aber ich bin mir sicher, die läppischen 3,5 Kilometer hätten wir auch noch geschafft. Im Ziel war ich unfassbar stolz und glücklich. Ich hatte mich an den Rat erfahrener Vikings gehalten: Nie stehen bleiben, da der Körper sonst auskühlt und erschlafft. Da ich an keinem Hindernis so wirklich warten musste, wurde mir erst im Ziel kalt.

Du hast doch sicherlich häufiger in deinem Leben Zweifel zu hören oder zu spüren bekommen: Wie willst der das denn machen? Wie gehst du damit um?
Jeder sieht, dass ich nur ein Bein habe. Und oft werde ich darauf angesprochen. Aber es gab in meinem Leben tatsächlich keinen einzigen Moment, an dem ich an mir heruntergeschaut hätte und mir gewünscht hätte, etwas zu haben, das nicht vorhanden ist. Außerdem lebe ich nicht für meine Behinderung und lasse mich somit ungern darauf reduzieren. Ich kann in meinem Leben so viele schöne Dinge machen und erleben – Surfen, Reisen, Schlagzeug spielen oder eben einen Strong Viking laufen – also warum sollte ich mich darauf beschränken lassen, was mir andere nicht zutrauen? Geht nicht? Ich zeig dir mal, wie es doch geht!

Viele Menschen, die zwei Beine haben, trauen sich nicht an den Start eines solchen Rennens. Sie glauben einfach nicht, das schaffen zu können. Und du meldest dich ganz dreist mit nur einem Bein bei einem der anspruchsvollsten Hindernisläufe an und ziehst es auch noch durch. Den Gedanken „Das kann ich nicht“ gibt es bei dir wohl nicht, oder?
So wie ich mir von anderen keine Grenzen setzen lasse, setze ich mir auch selber keine. Diese Hürde, zu glauben, dass man etwas nicht kann, entsteht nur im Kopf. Mit der Aussage „kann ich nicht“ ist jede Chance darauf, es doch zu schaffen, bereits beerdigt. Ich sage mir: Einfach machen – könnte ja geil werden!

Und hier kannst du dir im Video anschauen, wie Tom Belz den Strong Viking gemeistert hat

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