Gesichter und Geschichten des Frankfurt-Marathons

| Texte: Artur Schmidt | Fotos: Mainova Frankfurt Marathon
Wir haben neun Läufer des Frankfurt-Marathons unter die Lupe genommen. Das sind ihre Geschichten.

Tausende Läufer gehen am 29.Oktober beim Frankfurt-Marathon an den Start. Jeder mit seiner eigenen Geschichte. Wir haben neun Läufer, die alle in verschiedenen Altersklassen um den Titel des Deutschen Marathonmeisters laufen werden, herausgepickt. Das sind ihre Geschichten.

Deutsche Marathon-Meisterschaften in Frankfurt

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Zum dritten Mal in Folge werden im Rahmen des Frankfurt-Marathons am 29. Oktober die Deutschen Marathonmeister gesucht und gefunden. Wer dabei sein will kann sich noch bis zum 1. Oktober anmelden!

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Heidrun Besler: Die Deutsche Meisterin, die keine war

Im vergangenen Jahr brachte es Heidrun Besler zu einer kleinen Lauf-Berühmtheit. Das hr-Fernsehen begleitete sie im Rahmen seiner Live-Übertragung quasi vom Start bis ins Ziel mit der Kamera. Heidrun war dem Druck mehr als gewachsen und erzielte in der Altersklasse 60 in 3:07:42 Stunden eine hervorragende neue deutsche Seniorenbestleistung. Auch im Jahr zuvor gewann sie das Frankfurter Rennen in ihrer Altersklasse – aber 2015 hatte die Allgäuerin es im Vorfeld versäumt, sich für die Deutschen Meisterschaften anzumelden – der Marathon-Titel ging an eine andere.

„Diesen Fehler mache ich nicht nochmals“, sagte sich die sympathische Athletin vom SC Altstädten, die unlängst die Gesamtwertung des Allgäu Panorama Marathon für sich entschied – als 61-Jährige wohlgemerkt. Heidrun Besler, deren Bestzeit bei unter drei Stunden steht, ist von Beruf Servicekraft in einem Hotel in Fischen.

Als Vorbereitung auf den Mainova Frankfurt Marathon wird sie noch einen Halbmarathon absolvieren. „Ich freue mich, an die Stätte meines größten Erfolges zurückkehren zu können“, sagt Heidrun voller Vorfreude auf das schnelle Pflaster am Main. „Das Rennen in Frankfurt war in den vergangen Jahren für mich immer der absolute Höhepunkt, obgleich ich es auch sehr liebe, bei den Bergläufen in meiner Heimatregion an den Start gehen zu können“, erzählt Heidrun.

Daniel Ghebreselasie: Der Multinationale

Er trägt einen großen Läufernamen, wenn nicht sogar den größten: Daniel Ghebreselasie. Doch mit der äthiopischen Lauflegende Haile Gebrselassie hat der 56-Jährige nichts zu tun. Daniel Ghebrselasie stammt aus Eritrea und hielt sich schon vor dem Fall „des eisernen Vorhanges“ in Osteuropa auf. Auf Umwegen kam er nach Deutschland und begann beim PSV Grün-Weiß Kassel bei Winfried Aufenanger mit dem regelmäßigen Lauftraining.

Der Vater zweier Kinder hat eine Stelle in einem Kasseler Hotel und ist trotz der wenigen verbleibenden Zeit äußerst trainingsfleißig. Ghebrselasie, der mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, ist in dem Kasseler Verein ein wichtiges Bindeglied zwischen Trainer und der multinationalen Laufgruppe. Er ist bekannt für seine stets gute Laune und seinen besonders respektvollen Umgang mit seinen Mitmenschen.

Seinen größten sportlichen Erfolg feierte er im vergangenen Jahr beim 35. Mainova Frankfurt Marathon: Er wurde in persönlicher Bestzeit von 2:46:43 Stunden Vizemeister in der Altersklasse 55 und belohnte sich für sein zielstrebiges Training. In diesem Jahr konnte er bei den Deutschen Halbmarathon-Meisterschaften in Hannover als Vizemeister den Erfolg von Frankfurt wiederholen. „Ich traue ihm am 29.Oktober in Frankfurt viel zu“ so Trainer Aufenanger. Vielleicht klettert Daniel in diesem Jahr auf dem Treppchen noch eine Stufe nach oben.

Hannelore Horst: Die Oma mit dem Siegergen

Sie ist die sechsfache Großmutter mit dem Sieger-Gen. Hannelore Horst von der TSV Georgsmarienhütte gewann sowohl 2015 als auch 2016 den Titel in der Altersklasse W65. Am 29. Oktober strebt die 68-Jährige in der Festhalle den „Hattrick“ an. Vor 26 Jahren kam sie mit ihrem Ehemann Johannes in Osnabrück zum Laufsport. Zuvor stand die Kindererziehung an erster Stelle, Sport betrieb sie lediglich zum Ausgleich (Tennis und Gymnastik).

Neben ihrem Beruf als Arzthelferin begann sie dann regelmäßig mit dem Lauftraining. „Meine größten Fans sind die Enkel. Für sie würde ich schon gerne wieder den Titel nach Osnabrück holen“, so die sympathische Niedersächsin, die im letzten Jahr (3:24:42 h) über vier Minuten schneller unterwegs war als bei ihrem Frankfurter Titelgewinn 2015. Vier- bis fünfmal in der Woche schnürt Hannelore ihre Laufschuhe zum Training. Mit einigen Siegen bei Unterdistanzläufen und einer Seniorenweltbestleistung im Sechsstundenlauf scheint sie bereit für den Hattrick in der Festhalle.

Walter K. Johnen: Der Titel-Sammler

Mit Walter K. Johnen ist ein weiterer Deutschen Meister aus dem Vorjahr, als er in 3:39:42 Stunden triumphierte, bereit für die Titelverteidigung in Frankfurt. Der 72-Jährige aus Kiebingen hat schon einige Meisterehren angehäuft. Aber nicht nur laufend hat der noch aktive Lehrer beachtliche Erfolge aufzuweisen. Im Schießsport hat er es ebenfalls zu 15 Deutschen Meistertiteln mit Langwaffen, Zimmerstutzen und Armbrust gebracht.

Der gebürtige Wiesbadener bezeichnet den Mainova Frankfurt als seinen „Lieblingsmarathon“. Selbstverständlich will Johnen am 29.Oktober in der Altersklasse M70 wieder aufs „Stockerl“. Sein Start bei den Deutschen Straßenlauf-Meisterschaften über 10 Kilometer in Bad Liebenzell lief schon einmal erfolgreich: Dort belegte er in der Alterslasse M70 in 44:43 Minuten den dritten Platz. Ob er in Frankfurt die nächste Medaille holt?

Hugo Mann: Der Späteinsteiger

Einer der Ersten, der seine Meldung für die Deutschen Marathonmeisterschaften im Rahmen des 36. Mainova Frankfurt Marathons abgeben hat, war Dr. Hugo Mann. Dreimal in Serie hat der 63-Jährige den Titelkampf in der Altersklasse M60 für sich entschieden, am 29. Oktober soll auf dem schnellen Frankfurter Pflaster der nächste Coup folgen.

Beim letztjährigen Mainova Frankfurt Marathon stellte Hugo Mann in 2:50:17 Stunden eine neue Bestzeit auf. Der 1,76 Meter große und 62 Kilogramm leichte „Späteinsteiger“ startet für den TSV Penzberg. Erst vor 15 Jahren begann der Geschäftsführer einer Finanzgesellschaft ernsthaft mit dem Laufen. Er ist bestens auf Frankfurt vorbereitet und weiß, dass die Jüngeren in der M60 alles dran setzen werden, den Seriensieger aus Penzberg zu schlagen. Ein spannendes Rennen ist garantiert.

Helga Miketta: Die Rekordläuferin

Erst mit dem Eintritt in das Rentenalter begann Helga Miketta ernsthaft zu trainieren – und prompt begann eine großartige Erfolgsserie. Sie entpuppte sich bei nationalen und internationalen Wettkämpfen als beharrliche Titel- und Medaillensammlerin. Fünf Deutsche Meistertitel im Marathon hat Helga Miketta bereits gesammelt, dazu kamen Siege bei Europa- und Weltmeisterschaften. Fast nebenbei hat die Dürenerin etliche Welt-, Europa- und Deutsche Seniorenbestleistungen erzielt.

Noch heute mit 76 Jahren kommt sie auf eine Trainingsleistung von 60 bis 70 Kilometern wöchentlich. Ihr Ehemann Walter plant akribisch ihre Wettkämpfe und achtet darauf, dass es nicht zu viele werden. „In diesem Jahr lief nicht alles so nach Plan“, sagt der Ehemann. „Helga wollte die Marathonweltbestleistung in der W75 verbessern. Bis zur Hälfte sah es gut aus, aber danach lief es nicht mehr so richtig rund.“

Mit Blick auf den Mainova Frankfurt Marathon ist sie gut in Form, wie sie unlängst mit Altersklassen-Sieg beim schweren Monschau Marathon in 4:22 Stunden bewiesen hat. Im Vorjahr erreichte sie in Frankfurt die Festhalle, obwohl von einer Erkältung gehandicapt, in starken 4:07:58 Stunden.

Da Helga in ihrer Altersklasse längst ein laufendes Unikat ist, bleibt die Konkurrenz überschaubar. Auch am 29. Oktober dürfte ihr, dem Aushängeschild des Birkesdorfer TV, der deutsche Meistertitel sicher sein. Es wäre der sechste für eine bemerkenswerte Athletin, die bei jedem ihrer Rennen den Beweis erbringt, dass man auch noch im Alter Topleistungen erzielen kann. Schließlich rennt Helga mit 76 Jahren noch immer einen Schnitt von weniger als sechs Minuten je Kilometer. Eine fantastische Leistung!

Astrid Staubach: Die ehemalige Kickerin

Astrid Staubach ist die einzige hessische Titelverteidigerin, die bei den Deutschen Marathonmeisterschaften im Rahmen des 36. Mainova Frankfurt Marathons an den Start gehen wird. Die Mutter einer 15 Jahre alten Tochter betreibt seit 2003 mit Leidenschaft Laufsport. Vorher spielte sie 15 Jahre lang Fußball und fiel dort auf Grund ihres großen Ausdauervermögens auf. Aus der Kickerin ist längst eine ausgezeichnete Läuferin geworden.

Die Bankkauffrau verbesserte sich kontinuierlich und konnte nach dem Gewinn von einigen hessischen Meisterschaften in den Altersklassen im Vorjahr in der Festhalle mit dem Sieg in der Altersklasse W45 und einer neuen persönlichen Bestzeit von 2:59:54 Stunden überraschen. „Ob es in diesem Jahr wieder zu einer Medaille reichen wird, kann ich nur hoffen. In dieser Saison bin ich wieder zu meinem Stammverein dem SV Herbstein zurückgekehrt und habe ein wenig kürzergetreten“, erzählt Astrid Staubach. „Wichtig ist mir, dass ich bei meinem Lieblingsmarathon gut in der Festhalle ankomme.“

Für die Athletin aus dem Vogelsbergkreis wird Frankfurt wie immer ein besonderes Marathonerlebnis sein. Am 29. Oktober wird Staubach schon das zehnte Mal an der Startlinie des Laufklassikers am Main stehen und damit in den feinen Kreis des Marathonclub aufgenommen. Ihren ersten Marathon hat sie schon nach einem Jahr Lauftraining im Jahr 2004 bewältigt. Auch in diesem Jahr ist Astrid Laubachs Laufleidenschaft nicht erlahmt. Gute Ergebnisse bei Läufen im heimischen Raum und ein Marathonstart im Frühjahr in Hamburg in 3:07 Stunden sollen die Grundlage für einen weiteren Meisterschafts-Coup in Frankfurt sein.

Werner Stöcker: Der laufende Klempner

Werner Stöcker füllt seit Jahren sein Rentnerdasein mit ungemein viel Bewegung aus. Als ehemaliger selbständiger Klempnermeister war sein Berufsalltag durch viel Aktivität bestimmt. Erst nachdem er seinen Betrieb an seinen Sohn übergeben hatte, widmete er sich intensiv dem Laufsport. Der Lohn für den 77-Jährigen von der LG Witgenstein: Dreimal Deutscher Marathonmeister, zweimal Deutscher Halbmarathonmeister.

In diesem Jahr nahm Stöcker an den Senioren Europameisterschaften teil und kehrte mit drei Silbermedaillen zurück. Besonders stolz ist er auf seine diesjährige Bestzeit von 1:39:19 Stunden über die Halbmarathondistanz. Über die volle Marathondistanz ist er bisher noch nicht häufig gegangen. Dennoch wird Stöcker am 29. Oktober als Titelverteidiger in der Altersklasse M75 beim Mainova Frankfurt Marathon am Start stehen.

Gerne erinnert sich der schnelle Rentner an das Rennen im Vorjahr, bei dem er vom hr-Fernsehen vom Start bis ins Ziel, das er in 3:38:44 Stunden erreichte, mit der Kamera begleitet wurde. „Ich freue mich riesig auf Frankfurt“, erzählt der Athlet aus Erndtebrück. „Ich werde schon am Freitag anreisen und bei meiner Enkelin Nina Stöcker wohnen, die ja selbst schon Deutsche Meisterin in der U 23 über die Halbmarathondistanz war.“