London-Marathon: Eliud Kipchoge stiehlt Rekordläufern die Show, Radcliffe sagt Goodbye

London-Marathon: Eliud Kipchoge stiehlt Rekordläufern die Show, Radcliffe sagt Goodbye

| Jörg Wenig I Fotos: imago
Der London-Marathon 2015 war wieder ein gigantisches Spektakel. Das am besten besetzte Rennen der Geschichte gewann Eliud Kipchoge. Bilder gibt's bei uns.

Der London Marathon hat am Sonntag das gehalten, was er versprochen hat: In einem spannenden Duell mit Ex-Weltrekordler Wilson Kipsang hat sich Eliud Kipchoge (Foto; beide Kenia) am Sonntag in 2:04:42 Stunden die Krone aufgesetzt und damit auch für eine geglückte Revanche gesorgt. Den Sieg in der Frauenkonkurrenz holte sich in 2:23:22 Stunden die Äthiopierin Tigist Tufa. Weltrekordlerin Paula Radcliffe verabschiedete sich vielumjubelt von ihren Fans und Wegbegleitern. Fotos vom Rennen und der Verabschiedung der Lauflegende Paula Radcliffe findet ihr in der Bildergalerie.

Eliud Kipchoge und Tigist Tufa sind die Sieger des prestigeträchtigen London-Marathons. Der Kenianer gewann den bestbesetzten Lauf des Jahres über die 42,195 km in der Jahresweltbestzeit von 2:04:42 Stunden, die Äthiopierin war nach 2:23:22 Stunden im Ziel. Der 30-jährige Kipchoge lief in London bei kühlem Wetter zum größten Marathonsieg seiner Karriere und zum dritten Erfolg in Folge über diese Distanz. Im vergangenen Jahr hatte er bereits die Rennen in Rotterdam und Chicago für sich entschieden. Nach einem spannenden Duell mit Kipchoge belegte Vorjahressieger Wilson Kipsang Rang zwei in 2:04:47. Weltrekordler Dennis Kimetto folgte als Dritter in 2:05:50. Beide kommen ebenfalls aus Kenia. Bei der 35. Auflage des London-Marathons gingen genau 38.020 Läufer an den Start – so viele wie nie zuvor in der Geschichte des Rennens.

Mit einem relativ gleichmäßigen Tempo führten die kenianischen Pacemaker Edwin Kipyego und Wilfred Murgor die Spitzengruppe zu einer Halbmarathon-Zwischenzeit von 62:19 Minuten. Es war klar, dass es an diesem Tag keinen Weltrekord geben würde. Wie so oft ist das Tempo dann doch nicht schnell genug, wenn derart viele Stars aufeinander treffen wie immer wieder in London. Doch es wurde ein enorm spannendes Rennen. Eine sechsköpfige Spitzengruppe passierte die 30-km-Marke nach 1:28:56 Stunden. Vorne dabei waren fast alle des großen Londoner Star-Aufgebotes: Weltrekordler Dennis Kimetto, der in Berlin im vergangenen Jahr die Bestzeit auf 2:02:57 Stunden geschraubt hatte, der Londoner Titelverteidiger und Streckenrekordler Wilson Kipsang, der 2013 in Berlin mit 2:03:23 Weltrekord gerannt war, und Eliud Kipchoge, der eine Bestzeit von 2:04:05 Stunden aufweist. Außerdem liefen die Kenianer Sammy Kitwara (Bestzeit: 2:04:28) und Stanley Biwott (2:04:55) sowie der Äthiopier Tilahun Regassa (2:05:27) in dieser Gruppe.

Beide Mutais ohne Chance

Nicht mehr im Rennen war zu diesem Zeitpunkt der Boston-Marathon-Streckenrekordler Geoffrey Mutai (Kenia/2:03:02), der nach der Halbmarathonmarke aufgegeben hatte. Zurückgefallen waren außerdem der äthiopische Junioren-Weltrekordler Tsegaye Mekonnen (2:04:32), der nach rund 35 km aufgab, und Emmanuel Mutai. Der Kenianer, der vor einem guten halben Jahr beim Berliner Weltrekordrennen hinter Kimetto mit 2:03:13 Zweiter war, belegte am Sonntag schließlich Rang elf mit 2:10:54. Kurz vor der 35-km-Marke konnten dann Kitwara und Regassa nicht mehr Schritt halten. Während vorne immer wieder Eliud Kipchoge auf das Tempo drückte, fiel als nächster der Weltrekordler Kimetto zurück. Ganz kurz fand er noch einmal Anschluss an die Gruppe, doch dann war der Kenianer ebenso wie sein Landsmann Biwott geschlagen. Während Kimetto schließlich noch den Kampf um Platz drei gegen Biwott gewann, gab es am Themseufer die Wiederholung des Zweikampfes von Berlin 2013: Damals gewann Kipsang gegen Kipchoge und lief Weltrekord, dieses Mal war Kipchoge stärker.

Rund einen Kilometer vor dem Ziel nahe des Buckingham Palastes fiel die Entscheidung. Kipchoge konnte sich lösen. Kipsang kam nicht mehr heran und wurde Zweiter, bleibt aber mit 2:04:29 Streckenrekordler in London. „Es war ein hartes Rennen. Mein Training hat sich ausgezahlt und alles lief nach Plan. Die Zuschauer waren wundervoll, das hat mir am Ende geholfen“, sagte Eliud Kipchoge, während Wilson Kipsang erklärte: „Ich freue mich über den zweiten Platz, es war ein gutes Rennen.“

Sieg an Außenseiterin Tufa

Während das Männerrennen die hohen Erwartungen erfüllte, gilt dies für die Frauen nicht ganz. Die Siegerzeit von 2:23:22 Stunden durch die Äthiopierin Tigist Tufa ist für Londoner Verhältnisse eher durchschnittlich. Die ganz großen Asse stachen am Sonntag nicht. Nach einer nicht besonders schnellen Halbmarathon-Zwischenzeit von 1:11:39 Stunden fiel die Titelverteidigerin und zweifache Marathon-Weltmeisterin Edna Kiplagat kurz vor der 30-km-Marke zurück. Sie wurde am Ende Elfte mit 2:27:16.

Etwa bei Kilometer 38 kam Bewegung in die zuvor noch neunköpfige Spitzengruppe. Tigist Tufa setzte sich an die Spitze, Mary Keitany folgte ihr. Während unter anderen die stark eingeschätzten Kenianerinnen Priscah Jeptoo und Florence Kiplagat, die im Februar mit 65:09 Minuten noch Halbmarathon-Weltrekord gelaufen war, zurückfielen, konnte auch Keitany nicht lange Schritt halten. Bei Kilometer 39 war Tigist Tufa, die noch vor 14 Monaten eine Marathon-Bestzeit von 2:29:24 hatte (gelaufen übrigens in New York 2013, wo sie einen Platz hinter Sabrina Mockenhaupt als Achte ins Ziel gekommen war), alleine an der Spitze. Während Tufa nicht mehr einzuholen war und in 2:23:22 gewann, war die aktuelle New York-Marathon-Siegerin Mary Keitany offenbar nicht in Topform. Die Kenianerin gewann aber den Kampf um Platz zwei mit einer Sekunde Vorsprung vor Tirfi Tsegaye.

Für das emotionale Highlight des London Marathons sorgte die mittlerweile 41 Jahre alte Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien), die am Sonntag ihre letzte Vorstellung auf großer Bühne gab. Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht verabschiedete sie sich 42,195 Kilometer lang vielumjubelt von ihren Fans und schlug dabei ein beachtliches Tempo an: Zielankunft nach 2:36:55 Stunden und Sieg in der Mastersklasse. Die Plakate am Streckenrand sowie die Kommunikation der Medien, Athleten und Laufbegeisterten in den sozialen Netzwerken stand am Sonntag ganz unter dem Motto #thankspaula. Mit ihren beiden Kindern an der Hand erhielt Paula Radcliffe von Prinz Harry vor dem Buckingham Palace einen Ehrenpreis überreicht.

70 Millionen für den guten Zweck

Einmalig ist der London-Marathon im weltweiten Sport bezüglich seiner Gemeinnützigkeit. Das Charity-Running ist bei den großen britischen Laufsportveranstaltungen ein faszinierendes Erfolgsmodell – und ganz besonders gilt dies für den London-Marathon. In den vergangenen Jahren  sammelten die Teilnehmer des Rennen jeweils Spenden von über 50 Millionen Pfund (knapp 70 Millionen Euro). Von einer derartigen Summe darf man auch bei der diesjährigen Veranstaltung ausgehen. Viele Läufer erhalten über Charity-Organisationen eine Startnummer für den London-Marathon und verpflichten sich im Gegenzug, Spenden zu sammeln – bei Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten oder zum Beispiel Arbeitskollegen. So kommen schließlich hohe Millionenbeträge zusammen.

Ergebnisse
Männer

1. Eliud Kipchoge  (KEN)  2:04:42
2. Wilson Kipsang  (KEN)  2:04:47
3. Dennis Kimetto  (KEN)  2:05:50
4. Stanley Biwott  (KEN)  2:06:41
5. Tilahun Regassa  (ETH)  2:07:16
6. Sammy Kitwara  (KEN)  2:07:43
7. Javier Guerra  (ESP)  2:09:33
8. Ghebre Kibrom  (ERI)  2:09:36
9. Aleksey Reunkov  (RUS)  2:10:10
10. Serhiy Lebid  (UKR)  2:10:21

Frauen
1. Tigist Tufa  (ETH)  2:23.22
2. Mary Keitany  (KEN)  2:23:40
3. Tirfi Tsegaye  (ETH)  2:23:41
4. Aselefech Mergia  (ETH)  2:23:53
5. Florence Kiplagat  (ETH)  2:24:15
6. Jemima Sumgong  (KEN)  2:24:23
7. Priscah Jeptoo  (KEN)  2:25:01
8. Ana Dulce Felix  (POR)  2:25:15
9. Volha Mazuronak  (BLR)  2:25:36
10. Rkia El Moukim  (MAR)  2:26:33