Brandneuer Flow Synchronicity

Under Armour entwirft Schuh speziell für Frauen

Laufschuhe für Frauen sind meist einfach eine kleinere Version eines Männerschuhs. Dabei unterscheiden sich Männer- und Frauenfüße deutlich. Und auch sonst gibt es in Bezug auf Frauen viele Wissens- und Datenlücken in der Forschung. Der US-Sportartikelhersteller Under Armour hat nun eine Offensive gestartet und will diese Lücke im Sportbereich schließen. Mit dem Flow Synchronicity hat er jetzt seinen ersten Laufschuh auf den Markt gebracht, der speziell für Frauen entworfen wurde.

Auch wenn sich in Sachen Gleichberechtigung viel getan hat – unsere Welt und unser Alltag sind noch immer männlich dominiert. Und damit ist nicht nur gemeint, dass mehr Führungspositionen von Männern besetzt sind und Männer für die gleiche Arbeit durchschnittlich mehr verdienen. Der meisteingesetzte Norm-Crashtest-Dummy bei Auto-Tests entspricht zum Beispiel einem durchschnittlichen europäischen Mann, weshalb Frauen bei Auto-Unfällen öfter verletzt werden oder sterben.

Und wie die WDR-Wissenssendung Quarks berichtet, werden Medikamente in klinischen Studien noch immer an mehr Männern als Frauen getestet – es entsteht die sogenannte „Gender-Data-Gap“, das heißt für Frauen stehen weniger Daten zur Verfügung, was sich oft nachteilig auf deren Gesundheit auswirkt. Krankheiten werden bei ihnen nicht so schnell erkannt, Medikamente mit gleicher Dosis eingesetzt wie bei Männern, obwohl eine andere benötigt würde.

Und auch im Sport-Bereich lag der Fokus bislang meist auf Männern. Kenntnisse, die man mit ihnen in Bezug auf Training oder Equipment gewonnen hatte, wurden auch auf Frauen angewendet. Und das führt dazu, dass Frauen Kleidung und Schuhe tragen, die ihnen nicht optimal passen. Oder auch dass sie wie Männer trainiert werden und nicht ihr volles Potential ausschöpfen können. Der US-amerikanische Sportartikelhersteller Under Armour will hier nun Abhilfe schaffen.

„Wir haben gemerkt, dass es eine große Wissenslücke zu dem Thema gibt, wie Frauen trainiert werden sollten“, meint Michael Watts, Director of Global Athlete Performance bei Under Armour. „Wie haben angefangen Daten über Frauen zu sammeln. Wie schlafen sie, wie ernähren sie sich, wie sind ihre Lebensgewohnheiten und vieles mehr.“ Mit diesen Daten will Under Armour zu einer Art künstlicher Intelligenz kommen, mit der Athletinnen analysiert werden können, um Trainer und Trainerinnen in ihrer Arbeit zu unterstützen und Athletinnen besser zu machen. Dazu gehört auch, den weiblichen Zyklus bei der Trainingsgestaltung zu beachten. Außerdem sollen Sportlerinnen alle diese Informationen zugänglich gemacht werden.

Während es natürlich seine Zeit dauert, diese Wissenslücke zu schließen, hat Under Armour eine andere bereits beseitigt. Oder zumindest den Anfang gemacht. Mit dem Under Armour Flow Synchronicity hat der US-Hersteller seinen ersten speziell für Frauen entwickelten Laufschuh auf den Markt gebracht. Um einen Schuh zu entwerfen, benötigt man einen Leisten. Ein Formstück aus Holz, Kunststoff oder Metall, das der Form eines Fußes nachempfunden ist. Und dabei handelt es sich normalerweise um einen männlichen Fuß, der das Vorbild ist. Der Frauen-Schuh ist dann meist eine kleinere Variante des Männerschuhs.

Und dort liegt das Problem. Denn ein männlicher und ein weiblicher Fuß unterscheiden sich. Der Fersenbereich ist bei Frauen normalerweise etwas schmaler, das Fußgewölbe ist etwas höher und dafür in Länge und Position variabler, der Zehenbereich ist etwas niedriger. Deshalb wurde ein Leisten speziell für Frauenfüße entworfen – auf Grundlage von unzähligen 3D-Scans. „Wir wollten die Details in Bezug auf Form, Konturen und Proportionen des weiblichen Fußes herausarbeiten“, erklärt Helen Woo, Senior Director of Biomechanics bei Under Armour.

Basierend auf diesem Frauen-Leisten wurden dann Prototypen entwickelt und getestet. Die Probanden bekamen entweder einen Schuh, der mit dem Frauen-Leisten entwickelt wurde oder einen, der mit einem herkömmlichen Leisten hergestellt wurde. „Wir hatten auf positive Kommentare gehofft, aber das Feedback war phänomenal“, erzählt Katie Lau, Global Product Director bei Under Armour und eine der führenden Designerinnen des Flow Synchronicity „Jede Frau, die den Schuh trug, der mit dem Frauen-Leisten entwickelt wurde, sagte sie fühle keinerlei Irritationen. Sie würden nicht einmal merken, dass sie einen Schuh trugen.“

Was die Entwicklerinnen – es war ein reines Frauenteam, das den Schuh entwarf – merkten, war: Es war wichtig, mit Frauen zu reden. Wissenschaftliche Formeln und Daten sind unerlässlich. „Aber es ist genauso wichtig, den Frauen zuzuhören, Fragen zu stellen“, sagt Katie Lau. „Nur so wissen wir, was sie wirklich brauchen und sich wünschen.“ Und die befragten Frauen wünschten sich einen Schuh, der leicht und flexibel ist.

Herausgekommen ist mit dem Flow Synchronicity ein neutraler Schuh, der in Mustergröße 38 nur 235 Gramm wiegt. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, dass die Ferse dank Strick-Schaft und -Ferse sicher sitzt und das Fußgewölbe im Mittelfußbereich unterstützt wird. Der weiche, strukturierte Strickstoff des Obermaterials ist leicht, atmungsaktiv, sitzt wie maßgeschneidert und passt sich jeder Bewegung an. Überflüssige Nähte wurden eliminiert, um Hautirritationen zu vermeiden.

Dank Flow-Technologie in der Mittelsohle und dem kompletten Verzicht auf eine Gummi-Außensohle ist der Schuh leichter als viele andere Laufschuhe. Flow macht den Schuh außerdem reaktionsfreudig und verfügt über eine langanhaltende Dämpfung. Katie Lau sieht den Flow Synchronicity als Schuh mit breitem Einsatzgebiet: Von 5 Kilometern bis Halbmarathon spielt er seine Stärken aus, auch längere Distanzen sind damit möglich. Für die richtig schnellen Einheiten ist er nicht die erste Wahl.

Katie Lau weiß: Den perfekten Schuh, der jedem und jeder passt, gibt es nicht. So wird auch der Flow Synchronicity nicht jeder Frau perfekt passen. Aber: Es ist ein Schuh, der sehr wahrscheinlich mehr Frauen passt als die Schuhe zuvor, die eigentlich für Männer gemacht und für Frauen nur verkleinert waren. „Wir sind noch ganz am Anfang, obwohl wir jetzt bereits seit einigen Jahren in diesem Bereich arbeiten“, betont Helen Woo. „Wir können und werden jetzt nicht damit aufhören. Bislang kratzen wir nur an der Oberfläche, wie wir Sportlerinnen ein besseres Erlebnis bieten können.“ Denn das ist das Ziel des Teams um Katie Lau und Helen Woo. Sie wollen Frauen eine Auswahl an Schuhen bieten, sodass jede den für sie perfekten Schuh finden kann. Der Anfang ist gemacht.